Bettina Ganghofer, MA, ist seit bald acht Jahren Chefin des Salzburg Airport. Im ABW-Interview spricht sie über Reisetrends, Konkurrenz und neue Herausforderungen.

 

Welche Maßnahmen setzen Sie, um den Flughafen Salzburg in einem hart umkämpften Markt konkurrenzfähig zu halten?

Wir konkurrieren mit hunderten anderen europäischen Flughäfen, die Airlines sind unsere Verhandlungspartner, wenn es um neue Strecken geht, aber die Airlines sprechen natürlich auch mit den Mitbewerbern. Das Produkt muss passen und am Ende des Tages auch der finanzielle Ertrag für beide Seiten. Marktanalysen und Datenerhebungen helfen hier, einen Business Case zu erarbeiten, der für die Airline, den Flughafen und dessen Nutzer und Eigentümer passt.

Wie sehen Sie die Rolle von Regionalflughäfen wie Salzburg in einer zunehmend globalisierten und gleichzeitig auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Luftfahrtbranche?

Regionalflughäfen sind die Verkehrsaorta jeder Region, die auf internationale Flugverbindungen angewiesen ist. Salzburg bedient nicht nur den großen Markt der Tourismusreisenden, wir müssen auch die notwendigen Flugverbindungen für Wirtschaft und Industrie anbieten können. Hier spielt der Flughafen als einer der wichtigsten USPs für die Ansiedlung ganz klar eine primäre Rolle.

Nachhaltigkeit ist für alle Beteiligten in der Luftverkehrsbranche nicht mehr wegzudenken, wir denken über viele Projekte nach, um das Ziel der Netto-CO2-Neutralität bis 2040 zu erreichen. Die Überlegungen und umgesetzten Projekte beginnen bei der wasserlosen Reinigung, gehen über die Umstellung des Fuhrparks auf Elektromobilität (Stand 45%), die Elektrifizierung der Start- und Landebahn (100%), die Überdachung der Flächen mit Photovoltaik, bis hin zum ökologischen Bauen.

 

„Regionalflughäfen sind die Verkehrsaorta jeder Region, die auf internationale Flugverbindungen angewiesen ist.“

 

Welche Reisetrends beobachten Sie derzeit und wie stellt sich der Salzburg Airport auf diese veränderten Bedürfnisse der Reisenden ein?

Schnelligkeit, Kurzfristigkeit und kürzere Aufenthaltsdauer sind wichtige Faktoren, die sich im Buchungsverhalten der Reisenden bemerkbar machen. Dazu gibt es einen regen Austausch zwischen den Touristikern, vom Flughafen über die Hotellerie, die SLT als Tourismusorganisation des Landes bis hin zu Verhandlungen mit Veranstaltern und Airline-Partnern. Wir bleiben am Puls der Zeit und tauschen uns auch mit unseren österreichischen Freunden auf den anderen Verkehrsflughäfen aus, wir sitzen hier alle im selben Boot.

Wie wollen Sie die Zusammenarbeit mit internationalen Airlines weiter ausbauen?

Marktanalysen und gut aufbereitete Daten ersetzen nicht das persönliche Gespräch und die Verhandlungen am grünen Tisch! Der Kontakt zu unseren Airline-Partnern, der Kontakt zu den Veranstaltern, der Austausch mit den Flughäfen am anderen Ende einer Flugverbindung ab Salzburg und deren Tourismusregionen bis hin zum Abschluss von Kooperationen - das Portfolio an Aktivitäten, das wir in unserer täglichen Arbeit bedienen, ist vielschichtig und umfassend.   

Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil? Was ist Ihnen in der Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitern besonders wichtig?

Offen, direkt und ehrlich, ich glaube, dass man mit Transparenz und Glaubwürdigkeit viele Barrieren überwinden kann, es hat keinen Sinn, Spielchen zu spielen, es gibt ein österreichisches Sprichwort, an dem ich mich gerne orientiere - „Wos wiegt, des hot’s“... gut zuhören, verstehen, entscheiden!

 

„Nachhaltigkeit ist für alle Beteiligten in der Luftverkehrsbranche nicht mehr wegzudenken.“

 

Sie haben beruflich viel Zeit im Ausland verbracht, zum Beispiel in China. Was haben Sie daraus gelernt und wie beeinflusst das Ihre Arbeit heute?

Menschen sind unterschiedlich, Länder ticken nicht alle gleich, aber eines verbindet sie alle: Wenn man weiß, wie man miteinander umgehen muss, sind dem Machbaren keine Grenzen gesetzt. Die Zeit im Ausland hat mich insofern geprägt, dass ich, egal wo ich auf der Welt bin, über den Tellerrand hinausschaue und auch die „Nebengeräusche und Eindrücke“ mitnehme, gerade die Kleinigkeiten sind hier wichtig und entscheiden sehr oft über ein Ja oder Nein. Ich halte es für sehr wichtig, eine Vertrauensbasis zu schaffen. Egal in welchem Land man lebt und arbeitet, Vertrauen ist die Basis für ein sicheres und verlässliches Miteinander, sei es mit Mitarbeitern oder Geschäftspartnern. 

Wie sehen Sie die Entwicklung des Salzburger Flughafens in den nächsten Jahren?

Mit einem Wort - positiv! Natürlich stehen wir vor großen Herausforderungen, wir haben mit unserem Kerngeschäft Fliegen schon sehr viel zu tun, aber es gibt auch andere „Baustellen“, die wir in den nächsten Jahren bewältigen müssen. Eine dieser Herausforderungen ist eine echte Baustelle, die ab 2027 in Angriff genommen wird - unsere neue Terminallandschaft! Der erste Abschnitt - der Abflugbereich - soll 2030 eröffnet werden. Weitere Herausforderungen kommen durch Gesetze, Verordnungen und Bürokratie auf uns zu – bestes Beispiel ist das Entry Exit System EES – und dann haben wir auch noch die Altlastensanierung on Top zu bewältigen. Es gibt also viel zu tun, aber der Weg des Salzburger Flughafens ist positiv vorgezeichnet und ich bin überzeugt, dass wir mit unserer gut ausgebildeten und hochmotivierten Mannschaft alle Hürden meistern werden.    

Zur Person

Bettina Ganghofer ist seit Oktober 2017 Geschäftsführerin des Salzburger Flughafens. Zuvor war sie ab 2009 in unterschiedlichen Funktionen bei der Mitteldeutschen Flughafen AG beschäftigt. Vor ihrem dortigen Eintritt war Ganghofer 24 Jahre im Lufthansa-Konzern. Knapp sechs Jahre war sie in der Geschäftsführung der Shanghai International Airport Cargo Terminal Co., Ltd (PACTL) tätig. Bettina Ganghofer hat sich zur Luftverkehrskauffrau ausgebildet und absolvierte ein Managementstudium an der University of Lancaster, das sie mit dem Master of Art abschloss. Sie wohnt in Salzburg, ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern.

Foto: Salzburg Airport

Bettina Schuckert. Als CEO von dentsu Austria sorgt sie dafür, Marken stark zu machen. Worauf dabei zu achten ist, verrät sie im ABW-Interview.

 

Für Bettina Schuckert ist die digitale Transformation Teil des Geschäfts. Dentsu Austria setzt seit geraumer Zeit auf integrierte digitale Lösungen, die einerseits aus Systemimplementierung und Customer Experience Management und andererseits aus kreativen Dienstleistungen bestehen.

Das Zusammenspiel von Plattformbau, perfekter Kundeninteraktion und digitalem Erlebnis bringt den perfekten Mehrwert für die Kunden der Agentur. Um die Effizienz zu steigern, werden die Dienstleistungen mit den Kernkompetenzen von dentsu Austria wie Data Science & Analysis sowie Hyper Automation angereichert. „Entscheidend ist jedenfalls, dass die digitale Transformation als kontinuierlicher Prozess verstanden wird, der Anpassungen und Iterationen erfordert, um mit den sich ständig ändernden Technologien und Marktbedingungen Schritt zu halten“, sagt Bettina Schuckert.

Gemeinsam mit den Kunden Pläne entwickeln

Mit der zunehmenden Verbreitung von Kanälen und Geräten wird es auch immer wichtiger zu verstehen, worauf die Menschen ihre Aufmerksamkeit richten. Daher ist es für Werbetreibende in diesem überfüllten Medienmarkt wichtig, neben Metriken wie Impressions und Viewability auch Aufmerksamkeitsmetriken zu verwenden.

Dentsu investiert seit 2018 in sein Attention Economy Programm, um aufmerksamkeitsbasierte Planungs-, Mess- und Einkaufsmetriken und -modelle zu entwickeln. Gemeinsam mit den Kunden werden Pläne entwickelt, um die Aufmerksamkeit der Werbung zu messen, die Vergleichbarkeit von Medien und Plattformen mit ähnlichen Aufmerksamkeitsmetriken zu bestimmen und Methoden zu finden, um „versteckte Perlen“ zu finden - wie weniger beliebte Formate und Platzierungen, die jedoch die Effizienz einer Kampagne erhöhen.

Werbung nur im passenden Umfeld

„Bei Marketing- und Mediaaktivitäten ist es gerade im digitalen Bereich wichtig, dass Werbung in einem sicheren und vertrauenswürdigen Umfeld platziert wird. Bei dentsu Austria setzen wir dafür unsere dentsu Quality Solution Tools ein, die die Werbung unserer Kunden im digitalen Umfeld ausschließlich auf ‚Brand Safe‘-Seiten ausspielen“, so die Kommunikations- und Marketingexpertin. Auch inhaltlich sei es für Marken entscheidend, keine Halbwahrheiten zu kommunizieren. „In einer Welt, in der Fehlinformationen im Überfluss vorhanden sind, müssen Absender sorgfältig prüfen, ob ihre Aussagen der Wahrheit entsprechen.“

Das wichtige Thema Datenschutz sieht Schuckert ausreichend berücksichtigt: „Zum einen bilden die bestehenden Datenschutzgesetze und -verordnungen einen klaren Rahmen, in dem sich Unternehmen bewegen müssen. Zum anderen rückt durch die Abschaffung von 3rd Party Cookies die aktive Einwilligung noch mehr in den Vordergrund.“

Foto: dentsu Austria

Seit November letzten Jahres ist die Marketing- und Kommunikationsexpertin CEO von dentsu Austria. Was sie über Machine Learning und den Einsatz von KI in Unternehmen denkt, verrät sie im ABW-Interview.

 

„Wenn wir von künstlicher Intelligenz sprechen, meinen wir eigentlich neuronale Netze und maschinelles Lernen. Und das hat unser Leben längst verändert. Wir sehen das in den sozialen Medien oder im Bereich der Kampagnenoptimierung, sowohl im Paid- als auch im Owned-Bereich. Derzeit entwickelt sich Machine Learning unglaublich schnell in immer mehr Anwendungsbereichen, die das Marketing grundlegend verändern und noch weiter verändern werden“, sagt Bettina Schuckert.

Die Spitze des Eisbergs sei aktuell Chat GPT, denn Chat GPT wird unter anderem sowohl Corporate Content als auch Search stark verändern. „Das Tool ist schon heute in der Lage, vollautomatisch und dynamisch Texte für Webseiten, E-Mail-Kampagnen, aber auch Banner und Social Media Posts zu erstellen. Damit wird die Personalisierung und Automatisierung auf ein neues Level gehoben, da ungleich mehr Varianten und Versionen automatisch und unglaublich schnell erstellt werden können. Das wird in naher Zukunft auch unser Suchverhalten verändern - weg von der Suche mit Begriffen in einem Eingabefeld, hin zu einer scheinbar natürlichen Unterhaltung. Man darf gespannt sein“, so die Agenturchefin.

Qualitätskontrolle durch Menschen 

Jede Chance birgt jedoch auch Risiken, denn maschinelles Lernen erfolgt immer auf der Grundlage der Daten, mit denen es gelernt wird. Sind diese Daten falsch, verzerrt oder ethisch fragwürdig, wird der Algorithmus falsche, verzerrte oder ethisch fragwürdige Lösungen produzieren. „Der Faktor Mensch zur Qualitätskontrolle und -sicherung wird auch in Zukunft entscheidend sein. Darauf werden wir bei dentsu und Merkle immer achten. Und wir sind auch fest davon überzeugt, dass diese neue Technologie die Expertise unserer Kolleginnen und Kollegen nicht ersetzen wird“.

Wir sind am Puls der Zeit 

Bei dentsu und Merkle sei man in Sachen KI am Puls der Zeit, so Schuckert. „Wir haben mehrere hundert Experten in unserem Netzwerk, die sich mit dem Thema in all seinen Facetten beschäftigen - nicht nur am Reißbrett, sondern auch in zahlreichen Kundenprojekten. Denn über die Anwendungen von Microsoft, Salesforce, Adobe etc. haben eigentlich alle Nutzer dieser Software direkten Zugriff auf Algorithmen und maschinelle Lernfähigkeiten. Wir arbeiten mit unseren Kunden an Projekten zur Optimierung ihrer Kommunikation mittels Machine Learning, testen verschiedene Optionen, entscheiden, was das nächste beste Angebot oder die nächste beste Aktion ist, was man dem Kunden zu welchem Zeitpunkt auf welchem Kanal zeigt, wie sich die Website dynamisch an den User anpasst, wir optimieren damit Mediaspendings und vieles mehr“.

Foto: Digitalsports Fotografie

Die Juristin und Mutter dreier Söhne engagiert sich seit bald 15 Jahren für die SPÖ Steiermark. Jetzt zieht es sie nach Brüssel um die Interessen der Österreicher im Europäischen Parlament zu vertreten.

 

Die Europäische Union ist für mich an erster Stelle vor allem eine Friedensunion. Diese Aufgabe erfüllt sie auch – noch nie gab es eine so lange Periode frei von Krieg. Frieden bedeutet für mich jedoch mehr als „nur“ die Abwesenheit von Krieg, sondern vor allem sozialen Frieden“, so die SPÖ-Kandidatin für die EU-Wahl Bettina Vollath. In diesem Bereich könne und müsse die EU mehr tun. Denn nur wenn die Europäische Union ihr bei der Gründung gegebenes Versprechen von Wohlstand für alle Menschen erfüllt und ihnen Zukunftsperspektiven gibt, wird der Frieden in der EU auch langfristig abgesichert sein. Ganz besonders beschäftigt Vollath das Thema der Steuergerechtigkeit.

„Je nach Berechnung 800 bis 1.000 Milliarden Euro an Steuergeld werden in der EU jährlich an den Steuertöpfen vorbeigeschleust. Für Österreich bedeutet das jährlich einen Verlust von knapp 13 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Wir brauchen dieses Geld dringend, etwa für den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze oder die Finanzierung unseres Gesundheitssystems und der Pflege.“ Dass sich eine Handvoll internationaler Internet-Konzerne wie Amazon und Co hier einfach vor der Verantwortung drücke und keinen Beitrag zum Gemeinwohl leisten wolle, könne eine solidarische Gesellschaft nicht mehr hinnehmen. Das Thema müsse auf EU-Ebene endlich angegangen werden.

Bettina Ganghofer ist seit 2018 alleinige Geschäftsführerin des Salzburger Flughafens. Davor war sie acht Jahre in unterschiedlichen Funktionen bei der Mitteldeutschen Flughafen AG beschäftigt. 

 

Zu Beginn ihrer Tätigkeit im Oktober des Vorjahres stand das Kennenlernen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – „und ich wurde mit großer Herzlichkeit vom Team Flughafen Salzburg empfangen. Und da jeder Flughafen etwas anders ist, bin ich natürlich auch dabei, die Salzburger Spezialitäten dieses wunderschönen W.A. Mozart Flughafens zu entdecken, von der neuen VIP-Lounge bis hin zu großartig organisierten Wintersamstagen, von den Vorfelddiensten bis hin zum Tower. Ich habe mir mittlerweile einen sehr guten Überblick verschaffen können und viele schöne und interessante Momente erleben dürfen“, so Ganghofer.

Aber nicht alles ist immer nur schön, die Insolvenzen der Air Berlin und im weiteren Lauf des letzten Jahres die der Fly Niki belasteten natürlich die Entwicklung des Flughafen. „Da hoffe ich auch im Sinne der Mitarbeiter dieser langjährigen Kunden, dass die Zukunft gute Lösungen für alle bringt“, betont Bettina Ganghofer. Fasziniert ist die Managerin vor allem von der Themenvielfalt, die der Flughafen zu bieten hat: Veranstaltungsterminal, anstehende Pistensanierung, Nachhaltigkeit und vor allen Dingen der Dialog mit den Kunden, den Gästen, der Mitarbeiterschaft und den Nachbarn.

Der Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds über die entscheidenden Weichenstellungen für eine klimaneutrale Zukunft.

 

Sie haben den „Wiener Klimafahrplan“ und die „Wärme- und Kälte-Strategie 2040“ maßgeblich geprägt. Welche Lehren und Erfahrungen aus Ihrer Zeit in der Wiener Energieplanung haben Sie in Ihre Rolle beim Klima- und Energiefonds mitgenommen – besonders für die nationale Umsetzung der Klimaziele?

Ich durfte den Wiener Klimafahrplan gemeinsam mit einem großartigen Team erarbeiten – ausgewiesene Expert:innen haben für eine hohe fachliche Qualität des Planes gesorgt, der soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Der Wiener Klimafahrplan war aber auch deshalb erfolgreich, weil wir von Beginn an alle politischen Parteien eingebunden haben. Vier von fünf Parteien haben ihm zugestimmt.

Dieser breite Konsens war die Basis dafür, dass die Strategie langfristig Bestand hat, denn gerade im Klima- und Energiebereich reden wir von langfristigen Investitionen. Ein Hin und Her bringt dabei niemanden etwas, schon gar nicht dem heimischen Wirtschaftsstandort. Genau diesen Gedanken einer verbindenden Zusammenarbeit auf Basis guter fachlicher Ideen habe ich auch in den Klima- und Energiefonds mitgebracht. Ich bin überzeugt, das wird mittelfristig Früchte tragen und einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der Klimaziele liefern.

Wir haben uns jedenfalls gut aufgestellt und noch viele Ideen! Aus den Erfahrungen mit der „Wärme- und Kälte-Strategie 2040” der Stadt Wien ist unmittelbar ein neues Programm im Klima- und Energiefonds entstanden – die „Leuchttürme der Wärmewende“ – in dem wir versuchen, Wissen aus sehr innovativen Forschungs- und Pilotprojekten in die bauliche Praxis zu bringen. Konkret wollen wir Quartiere unterstützen, von Öl oder Erdgas auf eine erneuerbare Wärme- und Kälteversorgung umzustellen. Im Bestand ist das eine große Herausforderung, die viele Innovationen und Investition braucht. Das Gute daran: Österreich ist in diesem Feld ein Innovationleader und, wenn wir weiter auf dieses Thema setzen, entstehen Exportchancen und Wohlstand in der Zukunft.

 

„Österreich hat ambitionierte Pläne zur Reduktion fossiler Heizungen und ist damit bereits auf einem guten Weg.“

 

Die EU fordert einen vollständigen Ausstieg aus fossilen Heizsystemen bis 2040. Wie bewerten Sie Österreichs Fortschritte – etwa bei der Umstellung auf Wärmepumpen oder Fernwärme? Und wo sehen Sie die größten Hürden, insbesondere im ländlichen Raum?

Österreich hat ambitionierte Pläne zur Reduktion fossiler Heizungen und ist damit bereits auf einem guten Weg. Die Umstellung ist aber sowohl in ländlichen als auch in urbanen Gebieten mit Herausforderungen verbunden. In urbanen Gebieten schreitet der Ausbau von Fernwärme immer weiter voran, das ist aber nicht überall in der Stadt möglich.

In diesen Fällen müssen andere grüne Lösungen eingesetzt werden, wie die Umstellung der Fernwärme auf Abwärme und andere erneuerbare Energien. Das braucht, vereinfacht gesagt, Fläche, und die ist im städtischen Raum knapp. Am Land gibt es zwar die Fläche, aber die großflächigen Fernwärmenetze noch nicht, um eine breite Versorgung zu gewährleisten. Hier sind maßgeschneiderte Lösungen gefragt, die die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen. Programme wie die Klima- und Energie-Modellregionen (KEM) spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie regionale Projekte fördern und so den Übergang zu erneuerbaren Energien unterstützen.

Innovationen auf Basis von diversen Wärmepumpenlösungen können sowohl in der Stadt als auch am Land Abhilfe schaffen.  Wichtig zu beachten ist, dass es bei all dem nicht allein auf die Wärmeversorgung ankommt. Gerade ältere Gebäude sind oftmals nicht ausreichend gedämmt. Man heizt zwar nachhaltig, aber de facto beim undichten Fenster und Dach hinaus. Das ist eine Hürde, die sowohl Stadt als auch Land betrifft. Mit der Heizungsumstellung sollte man daher auch Investitionen in die Effizienz des Gebäudes mitdenken. Das kostet zwar, die Bereitstellung von Förderungen, wie der oben genannten Ausschreibung „Leuchttürme der Wärmewende“, kann aber hier ansetzen und die richtigen Impulse auslösen. 

 

„Es stimmt, dass ohne gezielte finanzielle Unterstützung viele Projekte in der Entwicklungsphase stecken bleiben würden.“

 

Wien setzt auf die „15-Minuten-Stadt“ zur Reduktion von Pendlerverkehr. Welche innovativen Mobilitätskonzepte fördert der Fonds, um solche Ansätze auch in kleineren Städten oder im ländlichen Raum zu verankern? 

Die Mobilitätswende ist einer der Schlüsselfaktoren zur Erreichung der Klimaziele. Wir alle wollen zwar nicht auf die Annehmlichkeiten moderner Verkehrsmittel verzichten, der Verkehrssektor trägt aber durch den massiven Einsatz von fossilen Treibstoffen nun mal stark zum Klimawandel bei. Wir investieren daher in marktnahe Mobilitätsforschung, fördern die Integration neuer Technologien in Mobilitätslösungen und bauen Hürden für eine multi-modale Mobilität nach dem Prinzip „vermeiden – verlagern – verbessern“ ab. Für die Umsetzung in der Stadt sowie am Land steuern wir eine breite Palette an Unterstützungsleistungen bei.

Unser Aktionsprogramm „klimaaktiv mobil“ widmet sich etwa der aktiven Mobilität, also dem Fuß- und Fahrradverkehr, in Gemeinden und dem Mobilitätsmanagement in Betrieben. Die Anschaffung von E-Fahrzeugen und Ladeinfrastrukturen für Privatpersonen, Gemeinden und Unternehmen wird ebenfalls mit einer passenden Ausschreibung gefördert. Neben der Praxis widmen wir uns aber genauso der Forschung und steigern die Innovationskraft Österreichs im Bereich der Mobilität durch die Programme “Zero Emission Mobility plus” und “Digitale Transformation in der Mobilität & Rail4Climate”. 

Kritiker:innen monieren, Österreichs Klimapolitik sei zu langsam: Nur 7,6 % der Fernwärme stammt aus Erneuerbaren. Wie reagieren Sie auf den Vorwurf, dass ambitionierte Pläne oft in der Umsetzung stocken? 

Damit wir die Klimaziele erreichen können, braucht es Innovationen. Diese entstehen in der Forschung, doch der Weg in den Markt ist oft lang und mit erheblichen Kosten verbunden. Es stimmt, dass ohne gezielte finanzielle Unterstützung viele Projekte in der Entwicklungsphase stecken bleiben würden. Genau diese Schwelle bauen wir mit unseren Förderungen ab: Wir helfen, neue Technologien zur Marktreife und klimafreundliche Lösungen rasch in die breite Umsetzung zu bringen, die wiederum Investitionen auslösen.

Eine „grünere“ Fernwärme ist bereits Ziel unserer Ausschreibungen: Unser aktuelles Förderprogramm für Großspeicheranlagen zielt auf die Errichtung von Großwärmespeichern ab. Diese sollen die Dekarbonisierung der Fernwärmenetze ermöglichen, indem sie die ganzjährige Nutzung erneuerbarer Energie durch saisonale Speicherung ermöglicht. Die Wärme des Sommers auch noch im Winter zu nutzen, ist der Plan. Die bereits vielfache genannte Initiative „Leuchttürme der Wärmewende“ trägt ebenfalls zur Transformation hin zu einer erneuerbaren, zentralen und dezentralen Wärmeversorgung bei.

 

„Der Wiener Klimafahrplan war auch deshalb erfolgreich, weil wir von Beginn an alle politischen Parteien eingebunden haben.“

 

Die Energiepreiskrise 2022 hat viele Haushalte belastet. Wie stellen Sie sicher, dass Klimapolitik nicht als „Elitenprojekt“ wahrgenommen wird, sondern auch einkommensschwache Gruppen erreicht? 

Eine nachhaltige, saubere und sichere Energiezukunft kann nur gestaltet werden, wenn alle Menschen mitgenommen werden. Es braucht also gezielte Maßnahmen, die soziale Gerechtigkeit mit Klimaschutz verbinden. Eine zentrale Rolle in diesem Thema spielt die Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut (kea), die im Klima- und Energiefonds angesiedelt ist. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie Klimaschutz sozial verträglich gestaltet werden kann. Ganz klar ist, wer wenig Geld hat, darf nicht von klimafreundlichen Lösungen ausgeschlossen bleiben. Ein konkretes Beispiel, wie das gelingen kann, ist unser Förderprogramm „Energiesparen im Haushalt: Beratung und Gerätetausch“. Haushalte mit geringen finanziellen Mitteln können dabei kostenlos bis zu zwei alte, stromfressende Haushaltsgeräte gegen energieeffiziente Neugeräte tauschen. Das bedeutet: niedrigere Stromkosten, weniger Energieverbrauch und ein spürbarer Beitrag zum Klimaschutz – ohne zusätzliche finanzielle Belastung. 

Doch Klimaschutz für alle geht noch weiter. Wir unterstützen auch solidarische Energiegemeinschaften. Diese arbeiten daran, dass überschüssiger Strom aus Energiegemeinschaften gezielt Haushalten mit geringem Einkommen zugutekommt – aber auch Sozialorganisationen, die wichtige Leistungen für diese Haushalte bereitstellen. So profitieren nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Einrichtungen, die Wohnraum, Beratung oder andere essenzielle Unterstützungen anbieten.

Zur Person

Bernd Vogl ist seit Jänner 2023 Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds. Nach seinem BWL-Studium mit Schwerpunkt Umweltökonomie startete er 1993 als Energieexperte im Umweltministerium, wo er ab 2004 das Klimaschutzprogramm „klima:aktiv“ leitete und ab 2006 stellvertretender Abteilungsleiter für Umweltökonomie und Energie war. Zudem verantwortete er den „Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit“ und war Mitglied im Baukultur- sowie Energielenkungsbeirat. Von 2011 bis 2022 leitete er die Energieplanung der Stadt Wien, koordinierte den „Wiener Klimafahrplan“ und entwickelte die Strategie „Wiener Wärme und Kälte 2040“. Seine Schwerpunkte: Förderung erneuerbarer Energien, Pilotprojekte zum fossilen Heizungs-Ausstieg, Integration von Energie- in die Stadtplanung, Sonnenstromoffensive und das Beteiligungsprogramm „Wiener Klimateam“. Seine Arbeit wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Klimaschutzpreis, Verwaltungspreis 2021 und Solarpreis. Von 2016 bis 2022 war er zudem Aufsichtsrat der Wien Energie.

Foto: Klaus Ranger

Ihr politisches Engagement startete in der Schule, als sie sich für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union einsetzte.

 

Ihr gefiel der Grundgedanke: Autonome Staaten, die miteinander arbeiten, um gemeinsam die großen Probleme dieser Welt zu lösen, Frieden und Wohlstand für alle zu schaffen.

„Als Politikerin möchte ich jenen Menschen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden. Den akutesten Handlungsbedarf sehe ich am Arbeitsmarkt. Von meiner 20-jährigen Tätigkeit im arbeitsmarktpolitischen Kontext weiß ich: Arbeitsuchende Frauen über 50 haben es in unserer Arbeitswelt besonders schwer. Die Corona-Pandemie hat ihre Lage noch zusätzlich verschärft. Ich denke, es ist Zeit für eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik, die Anreize für eine gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit setzt und allen Menschen eine selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht. Investieren wir in die Infrastruktur unseres Landes und in den Klimaschutz, schaffen wir Arbeitsplätze und ermöglichen Wachstum – und setzen wir endlich ein Mindesteinkommen um, von dem alle Menschen gut leben können“, sagt Bernadette Kerschler, für die in der Politik Vertrauen besonders wichtig ist, um die Menschen zu erreichen. 

Die Suche nach Leitfiguren

„Wenn man als Politiker authentisch ist und sich ehrlich mit den Anliegen und Problemen der Menschen auseinandersetzt – am besten im direkten Kontakt – dann schafft man eine gute Grundlage dafür. Übergeordnet wird auch wichtig sein, den Menschen wieder ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität zu vermitteln. Das fehlt ihnen, darum suchen leider auch ganz viele nach einer Leitfigur“, so die Abgeordnete, für die ein guter Politiker ehrliches Interesse an den Menschen und ihren Bedürfnissen, Empathie und Aufgeschlossenheit ebenso wie die Fähigkeit, mit Mut politische Lösungen für deren Sorgen und Probleme zu generieren, benötigt. Dazu brauche es auch ein gewisses Durchhaltevermögen. Und es sei auf jeden Fall von Vorteil, wenn man Motivation aus der Arbeit für und mit den Menschen schöpfen könne.

Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen

Auf der politischen Wunschliste ganz oben: „Existenzsichernde Erwerbseinkommen und die Beendigung von Kinderarmut, sowohl in Österreich als auch weltweit. Auch, wenn es in Österreich viele Unternehmen gibt, die sich auf einem sehr hohen sozialen Niveau für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stark machen: Es gibt ebenso Unternehmen, die ihre Verantwortung ihren Angestellten gegenüber nicht wahrnehmen. Dabei haben sie dafür zu sorgen, dass diese ausreichend verdienen, um damit ihre Existenz und jene ihrer Familien erhalten zu können. Das ist keine Option, sondern eine Pflicht.“

Foto: SPÖ Graz

Ein ABW-Interview über Pläne zur Frauenförderung, Leistungsbereitschaft und Innovationen.

 

Ihre Pläne und Perspektiven angesichts der aktuellen Wirtschaftslage und der Verschuldung Österreichs?

Im Österreichplan tritt die Volkspartei für die Rückkehr zu einer sozialen Marktwirtschaft neuer Prägung ein, um unseren Standort nachhaltig zu stärken und damit auch die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Das bedeutet, dass die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer, ob groß oder klein, wieder selbstbestimmter wirtschaften können müssen, mit mehr Eigenverantwortung, mit deutlich weniger Regulierung und in einem wirtschafts- und investitionsfreundlichen Klima.

Gerade bei uns in Tirol ist es wichtig, dass die Wirtschaft auf vielen Beinen steht, das macht uns krisenfest und fit für die Zukunft. Gleichzeitig nehmen wir unsere soziale Verantwortung wahr. Wichtig ist dabei: Der Leistungsgedanke muss wieder viel stärker in den Vordergrund rücken. „Mit Leistung fängt alles an, ohne Leistung hört alles auf“, hat es unsere Wirtschaftskammerpräsidentin auf den Punkt gebracht. Wobei es mir als Landesleiterin der VP-Frauen in erster Linie um geeignete Maßnahmen geht, die Leistungen von Frauen in Beruf und Gesellschaft entsprechend zu honorieren, ideell und vor allem finanziell.

Welche Änderungen im Steuersystem sind notwendig, um Leistungsbereitschaft und Innovation zu fördern? 

Zum einen muss Arbeit mehr wert sein. Wer mehr arbeitet, wer Vollzeit arbeitet, für den muss sich das am Ende des Monats deutlich auszahlen. Anreize wie die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 15 Prozent, steuerfreie Überstunden, mehr Zuverdienst im Alter oder die Senkung der Arbeitskosten insgesamt sind wichtig. Das zweite ist die Arbeitszeit.

Damit meine ich aber sicher nicht die 32-Stunden-Woche, die unseren Wohlstand erheblich schmälern würde, sondern mehr Vollzeitbeschäftigung, vor allem für Frauen. Wir brauchen also bessere Rahmenbedingungen und klare finanzielle Anreize, damit Frauen mehr arbeiten können und wollen. Ein Beispiel: Wenn die Pflegekräfte in Tirol durchschnittlich 28 bis 29 Stunden arbeiten und ihre Arbeitszeit auf Vollzeit oder Mehrarbeit ausrichten würden, hätten wir rein zahlenmäßig genügend Fachkräfte. Mehr Frauen in Vollzeit bedeutet weniger Altersarmut, ein hohes Potential an gut ausgebildeten Frauen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und mehr Steuerzahler. Davon würden wir alle profitieren.

Die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt ist ein wichtiges Thema. Welche Ansicht vertreten Sie dazu?

Ich stehe für gleiche Rechte, gleiche Pflichten, gleiche Chancen. Auf dem Weg dorthin liegt noch viel Arbeit vor uns. Stichwort Kinderbetreuung: Hier haben wir in Tirol mit dem Rechtsanspruch auf Kinderbildung und -betreuung einen wichtigen Schritt gesetzt, damit Eltern Familie und Beruf besser vereinbaren können.

Stichwort Care-Arbeit: Die meist unbezahlte Care-Arbeit - also Haushalt, Kindererziehung, Pflege - lastet nach wie vor überwiegend auf den Schultern der Frauen. Eine bessere Aufteilung bis hin zu „Halbe-Halbe“ wäre wünschenswert. Stichwort weibliche Vorbilder: Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen, in der Politik, in Aufsichtsräten. Frauen haben oft andere Sichtweisen, gehen anders an Probleme heran. Diesen Blickwinkel brauchen wir in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Dazu müssen wir zum einen alte Rollenbilder aufbrechen - immer noch, aber vor allem die Möglichkeiten und Bedingungen für Frauen in vielen Bereichen verbessern. Beispiel Gendermedizin: Frauen haben zwar insgesamt eine höhere Lebenserwartung, aber deutlich weniger gesunde Jahre als Männer. Wie gesagt, es gibt noch viel zu tun.

Foto: ÖVP Tirol

 


  

Für Beate Meinl-Reisinger ist es Aufgabe der Politik, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Wirtschaft gedeihen und wachsen kann.

 

Mit welchen Maßnahmen kann das Wirtschaftswachstum wieder angekurbelt und die Staatsverschuldung reduziert werden? 

Zunächst ist festzuhalten, dass Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat. Auch diese Bundesregierung hat hier völlig falsch gehandelt. Im Jahr 2023 wurden wieder Steuergelder in Rekordhöhe ausgegeben. 

Wir NEOS erheben Jahr für Jahr die sogenannte Zukunftsquote des Budgets, also jenen Anteil der Bundesausgaben, der Investitionen in die Zukunft darstellt. Dabei zeigt sich, dass nur jeder fünfte ausgegebene Euro in echte Zukunftsinvestitionen wie Bildung und Kinderbetreuung, aber auch Infrastruktur oder Energiewende fließt. Im Gegenzug steigen die Zinszahlungen für die Staatsschulden massiv an und die Zuschüsse zur Finanzierung der Pensionslücke im Umlageverfahren explodieren.

Notwendig sind dringend notwendige, aber harte Reformen, die mehr Investitionen in Zukunftsbereiche wie Bildung und Forschung ermöglichen, etwa im Föderalismus. Um den Menschen wieder mehr Netto vom Brutto zu garantieren, habe ich die „Mission 40“ ausgerufen: Die Steuer- und Abgabenquote muss auf 40 Prozent sinken, damit sich die Menschen wieder etwas aufbauen können. Dazu gehört auch die dringend notwendige Senkung der Lohnnebenkosten.

Welche Änderungen im Steuersystem sind nötig, um einerseits faire Bedingungen für alle zu schaffen und andererseits Leistungsbereitschaft und Innovation zu fördern? 

Die Steuer- und Abgabenlast muss insgesamt sinken. Aufstieg bedeutet auch, dass man von seinem Arbeitseinkommen etwas sparen und damit Vermögen aufbauen kann. Die hohe Abgabenbelastung verhindert dies. Würde man die Steuer- und Abgabenbelastung von Mitte der 70er Jahre auf heute übertragen, blieben einer Ärztin mit einem Einkommen an der Höchstbeitragsgrundlage 15.000 Euro netto mehr im Jahr. Das sind mehr als 1.000 Euro im Monat - genau das, was diese Ärztin unter Umständen braucht, um einen Kredit aufzunehmen, um für sich und ihre Kinder etwas aufzubauen. 

Die Menschen in Österreich zahlen nicht zu knapp Steuern und Abgaben: 2022 hatte Österreich die dritthöchste Abgabenquote in der EU. Nur in Frankreich und Belgien musste mehr an den Staat abgeführt werden. Die Staatseinnahmen sprudeln also, die Staatsausgaben explodieren. Dabei ist klar: Mehr Netto vom Brutto ist der Schlüssel für mehr Chancen, aus eigener Kraft etwas aufzubauen. 

Noch mehr aus den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern herauszupressen, ist der falsche Ansatz. Die Politik muss endlich wieder ein Umfeld schaffen, in dem die Wirtschaft gedeihen und wachsen kann. Bevor wir also über weitere Belastungen nachdenken, sollten wir unser Augenmerk auf die Effizienz und die Struktur unserer Staatsausgaben richten. Wir brauchen eine Staatsreform. Es ist an der Zeit, alte Subventionen zu entrümpeln, ineffiziente Strukturen zu überdenken und mutig in die Zukunft zu blicken.

Welche Maßnahmen müssen gesetzt werden, um die Gleichstellung der Geschlechter weiter zu fördern und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten? 

Woran wir in Österreich arbeiten müssen, ist das verstaubte Rollenbild, das immer noch vorherrscht. Frauen arbeiten in Österreich nach wie vor wesentlich häufiger Teilzeit als Männer. Ohne bessere Rahmenbedingungen, wie z.B. flächendeckende und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, gerade auch für die Kleinsten, wird der Druck auf Frauen ebenso groß bleiben wie der Gender Pay Gap. 

Die Lösungen müssen vielschichtig sein: Einerseits geht es darum, alle Menschen durch bessere Bildung und lebenslanges Lernen besser für den Beruf zu qualifizieren, andererseits sollten vor allem Frauen durch ausreichend qualitätsvolle Kinderbetreuungsplätze den Freiraum bekommen, auch mehr arbeiten zu können.

Stichwort „Politikverdrossenheit“: Wie motivieren Sie Menschen, sich politisch zu engagieren und zur Nationalratswahl zu gehen? 

Auch wenn es banal klingt: Durch Gespräche. Die Menschen, die ich auf der Straße treffe, verstehen alle, dass wir an einem kritischen Punkt sind. Man muss die Leute aufrütteln und sagen: Seht ihr nicht, was gerade passiert und was auf dem Spiel steht? Autoritarismus kommt nicht von heute auf morgen. Es sind stete Tropfen, die das Fundament der liberalen Demokratie, auf dem wir stehen, aushöhlen. Dem müssen sich alle aufrechten Demokratinnen und Demokraten entgegenstellen.

Ich habe volles Verständnis dafür, bei Wahlen die Regierenden mit dem größten Boxhandschuh zu bestrafen, also Extreme und Protestparteien zu wählen. Aber daneben gibt es auch uns NEOS. Ein Boxhandschuh gegen das verstaubte, strukturell korrupte politische System. Wir haben aber auch eine Vision. Österreich braucht eine Kraft, die mit Energie und Tatkraft gemeinsam Lösungen für die Zukunft liefert. Dafür stehen wir NEOS.

Foto:Parlamentsdirektion/PHOTO SIMONIS

Seit dreißig Jahren gibt es die ghost.company. Als CEO hat sie die kaufmännischen und organisatorischen Agenden der beliebten Agentur stets im Blick und weiß, welche Zukunftsthemen für ein erfolgreiches Business wichtig sind.

 

Was tut die ghost.company, um die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen?

Die ghost.company war eine der ersten Fullservice-Agenturen, die eine digitale Unit aufbaute. Die Transformation gibt es ja ständig. KI hat aber ein neues Kapital aufgeschlagen, das ist ein Quantensprung. Wir beschäftigen uns intensiv mit diesem Thema. Wir sprechen mit Spezialisten, wir lesen, wir testen – und entwickeln entsprechende Kampagnen.

Wichtig ist es uns, die richtige Balance zu haben. Wo macht künstliche Intelligenz Sinn? Wo nicht? Das ist ein spannendes Thema. In der ghost.company sind mittlerweile die beiden Bereiche Digital und klassische Werbung komplett verschmolzen. Somit entwickeln und betreuen wir Kampagnen, die unseren Kunden hervorragende Ergebnisse liefern.

Wie kann man in Zeiten von Informationsüberflutung und Fake News Vertrauen bei Kunden aufbauen und erhalten?

Der Bereich der Beratung wird immer wichtiger. Denn das Thema Fake News wird immer größer. Hier gilt es mit großer Sensibilität vorzugehen. In welchen Medien sind wir aktiv?

Haben unsere Kunden die entsprechenden Ressourcen, um Social Media-Aktivitäten zu setzen? Wir entwickeln natürlich auch Strategien, um Fake News abzuwehren. Hier gibt es immer wieder Workshops mit unseren Kunden. Am besten, bevor noch Fake News auftauchen.

Wie leicht/schwer ist es, in einer zunehmend fragmentierten Medienlandschaft (mit unzähligen Plattformen und Kanälen) effektive PR-Strategien für Kunden zu entwickeln?

Ich möchte hier nicht nur von PR-Strategien sprechen – das Medienangebot war noch nie so groß wie heute. Das bedeutet für uns ganz einfach viel Analyse und Planungsarbeit. Es geht ja immer darum, das vorhandene Budget optimal einzusetzen. Vielversprechende neue Medien bzw. Tools werden – nach Rücksprache mit dem Kunden – gerne einmal ausprobiert.

Aber prinzipiell ist das eine Sache der Strategie. Mit welcher klaren Strategie erreichen wir die definierten Ziele? Muss ich manche Plattformen nutzen, nur weil die Mitbewerber dort sind? Hier geht es auch sehr viel um Erfahrung – und, wieder, um optimale Beratung. Fazit: der Mensch bleibt die Schaltzentrale!

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Wie Österreich wieder an die Spitze gebracht werden kann und warum Kommunikation auf Augenhöhe so wichtig ist, verrät die NEOS Klubchefin im ABW-Interview.

 

Welche konkreten Schritte werden Sie, in Anbetracht der anhaltenden Enttäuschung vieler Bürgerinnen und Bürger über die politische Arbeit in Österreich, unternehmen, um das Vertrauen der Bevölkerung wiederherzustellen und die Kommunikation zwischen Politik und Bürgern zu verbessern?

Die Korruptionsaffären um FPÖ und ÖVP, aber auch der jahrzehntelange Filz der SPÖ haben das Vertrauen in die Politik, die Medien und alle Parteien massiv erschüttert. Auch vier Jahre nach der Ibiza Affäre sind die Schwachstellen in unserer Demokratie noch genauso vorhanden. Auch die erratische Coronapolitik der Regierung hat dem Vertrauen geschadet. Misstrauen gedeiht vor allem dort, wo es an Informationen und Augenhöhe mangelt. Aus diesem Grund setzen wir NEOS uns seit unserer Gründung für eine Abschaffung des Amtsgeheimnisses und für ein Informationsfreiheitsgesetz ein. Ganz generell muss die Politik offener und ehrlicher kommunizieren und die Menschen nicht als Untertanen behandeln.

Auch ein schärferes Korruptionsstrafrecht sowie objektive Posten- und Auftragsvergabe sind unumgänglich. Ich bin überzeugt davon, dass Vertrauen nur durch offene, transparente Politik auf Augenhöhe zurückgewonnen werden kann.

Die politische Stabilität in Österreich hat in den letzten Jahren gelitten. Welche Maßnahmen sehen Sie als notwendig an, um langfristige Stabilität und Zusammenarbeit zwischen den politischen Parteien sicherzustellen?

Die Aufgabe des Parlaments ist es, gemeinsam zu den besten Lösungen für die Menschen in Österreich zu kommen. Das geht nur über konstruktive Debatten, die auch hart geführt werden können. Denn Demokratie lebt von Rede und Widerrede. Darüber hinaus wird es in einer neuen Regierung ein gemeinsames Bekenntnis dafür brauchen, Österreich wieder an die Spitze zu bringen. Es gibt sehr viel Gutes in unserem Land, auf das wir mit Zuversicht bauen können. Das ist aber kein Freibrief dafür, sich zurückzulehnen. Von einer Reform des Bildungs- und des Pensionssystems, einer neuen Sicherheitsstrategie, hin zu einer Föderalismusreform oder dem Turbo für erneuerbare Energien: Es gibt genug zu tun. 

Der soziale Zusammenhalt und das Gefühl von Gemeinschaft sind für viele Menschen in Österreich geschwächt. Wie planen Sie, den sozialen Zusammenhalt zu fördern und die gesellschaftliche Spaltung, die durch politische Polarisierung entstanden ist, zu überwinden?

Leadership ist die zentrale Aufgabe von Politikerinnen und Politikern. Davon bin ich überzeugt. Anders als einige Parteien glauben, sind Vertrauen und Zusammenhalt nicht durch teure Geldgeschenke käuflich. Stattdessen geht es darum, mit den Menschen in unserem Land auf Augenhöhe zu kommunizieren, ihnen Halt und Perspektive zu geben. Die Bevölkerung hat ein Recht auf eine ehrliche, seriöse Politik, die Leistung belohnt, Aufstieg durch Chancengerechtigkeit ermöglicht und für die Sicherheit der Menschen sorgt.

Die Klimakrise stellt eine große Herausforderung für Österreich dar. Wie beabsichtigen Sie, umweltfreundliche und nachhaltige Lösungen zu fördern, um den ökologischen Fußabdruck in Österreich zu verringern und den Klimaschutz-Zielen gerecht zu werden?

Der Klimawandel ist eine der größten und drängendsten Bedrohungen unserer Lebensgrundlagen und unseres Wohlstands. Alle konstruktiven Kräfte müssen hier an einem Strang ziehen. Leider wird die Bereitschaft zu notwendiger Veränderung von der Bundesregierung nicht mitgetragen. Es fehlt beispielsweise ein Klimaschutzgesetz.

Wesentlich ist, dass wir den Weg zu Klimaneutralität nur gemeinsam mit der Wirtschaft gehen können. Drängend sind die Energiewende und ein Stopp des zügellosen Zubetonierens. Eine ambitionierte Bodenschutzstrategie fehlt aber. So verbaut Österreich nach wie vor 13 Fußballfelder pro Tag. Wir machen Druck, denn wir sehen das als Chance, unser Land und unseren Kontinent lebenswerter, aber auch wettbewerbsfähiger und freier zu machen.

 

Angesichts der wachsenden sozioökonomischen Ungleichheit in Österreich – welche politischen Strategien verfolgen Sie, um die Verteilung von Wohlstand und Chancen fairer zu gestalten und insbesondere benachteiligte Gruppen zu unterstützen?

Wir NEOS sind davon überzeugt, dass sich jeder Mensch aus eigener Kraft etwas aufbauen können soll. Das gelingt mit einem echten Aufstiegsversprechen für alle, die Österreich mit ihrer Leistung und Innovationsfreude zu dem Land machen, das es ist und noch werden kann. Grundlage dafür ist ein Bildungssystem, das allen Kindern gerechte Chancen ermöglicht und eine Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Denn für die arbeitenden Menschen muss sich ihr Beitrag auch lohnen. 

Gerade in Zeiten der Inflation müssen die Schwächsten unterstützt werden, aber nicht Milliarden an Steuergeld mit der Gießkanne ausgeschüttet werden, was die Inflation noch anheizt. Jeder der kann, muss einen Beitrag leisten, aber in einem reichen Land wie Österreich dürfen wir nicht die zurücklassen, die nicht können. Wir unterstützen alle, die sich nicht aus eigener Kraft aufrichten können und nicht jene, die ihren Beitrag nicht leisten wollen. Nur wenn Kinder- und Altersarmut bekämpft sind, können die Menschen auch aus eigener Kraft ihre Ziele erreichen.

Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

 

Als politischer Mensch ist ihr Stillstand unerträglich. Die Parteivorsitzende und Klubobfrau im Nationalrat ist davon überzeugt, die Krisen mit Entschlossenheit und guten Entscheidungen überstehen zu können.

 

Politik darf nicht immer nur reaktiv sein und lediglich Krisen nachhecheln. Wir müssen die großen Reformen, etwa im Bildungsbereich, bei den Pensionen oder auch beim Klimaschutz, angehen – stets mit Blick auf die nächsten Generationen und nicht auf die nächsten Wahlen. Und wir müssen es schaffen, das Vertrauen der Menschen in die Politik, das in den letzten Jahren unter ÖVP-Regierungen schwer gelitten hat, wieder zurückzubekommen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen darauf vertrauen können, dass Politikerinnen und Politiker mutige, nachhaltige und transparente Entscheidungen treffen, die Österreich voranbringen“, so Beate Meinl-Reisinger.

Dinge offen und ehrlich aussprechen

Sie verstehe, dass angesichts des Missmanagements der Bundesregierung, sei es nun während der Corona-Pandemie oder jetzt angesichts der Teuerung, die Menschen frustriert seien, weil sie das Gefühl haben würden, von der Politik nicht ausreichend ernstgenommen zu werden.

„Oft hilft es dann, die Dinge offen und ehrlich anzusprechen, Kritik sachlich zu äußern, aber auch sich selbst politisch zu engagieren, um so den eigenen Input einbringen zu können, damit wir Österreich gemeinsam besser machen können. So können wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik wieder stärken“, meint die NEOS-Parteichefin.

Auf europäische Werte vertrauen

Die aktuelle Situation sei bedrückend und äußerst ernst, so die Politikerin. Umso wichtiger sei es aber, gerade in herausfordernden Zeiten mit Mut und Zuversicht in die Zukunft zu blicken.

„Das dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Wir kommen nur gemeinsam durch diese Krise, als Österreich, als Europa, mit klugen, treffsicheren und nachhaltigen Maßnahmen. Und mit strukturellen Reformen, die die Weichen stellen, damit jeder Mensch ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Das bedeutet: Steuern runter, Einkommen rauf, damit sich jede und jeder aus eigener Kraft wieder etwas aufbauen kann. Die Spaltung innerhalb der Gesellschaft noch anzuheizen, wie es etwa rechte Parteien wie die FPÖ machen, wird uns nur zusätzlich schwächen. Wir müssen auf unsere europäischen Werte vertrauen, die uns auch bisher geeint und stark gemacht haben: Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, Solidarität.“  

Österreich müsse insgesamt sauberer und transparenter werden. „Wir NEOS wünschen uns ein Land, das die beste Bildung an erste Stelle stellt, den Menschen die Freiheit lässt, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten und beim Klima- und Umweltschutz als zentrale Herausforderung unserer Zeit endlich Meter macht. Wir sehen es als unseren Auftrag, jedem Menschen alle Chancen zu ermöglichen. Heute und in Zukunft“, sagt die studiert Juristin. 

Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

   

Die Präsidentin des Hayek Instituts im Austrian Business Woman-Interview über Bürokratie, Steuern und Staatsschulden.

 

Österreich gilt im internationalen Vergleich oft als Hochsteuerland. Welche konkreten Schritte empfehlen Sie, um die Abgabenquote zu senken?

Österreichs hohe Abgabenquote bremst tatsächlich unsere wirtschaftliche Dynamik. Um sie zu senken, ohne die soziale Absicherung grundlegend zu gefährden, brauchen wir tiefgreifende Strukturreformen, keine oberflächlichen Korrekturen. Das bedeutet zum einen, alle staatlichen Ausgaben auf ihre Notwendigkeit und Effizienz zu überprüfen – vor allem Subventionen müssen kritisch hinterfragt und konsequent abgebaut werden.

Zum anderen müssen wir unser Sozialsystem reformieren: Mehr Eigenverantwortung, stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme und zum längeren Arbeiten sind nötig. Langfristig könnte eine stärkere Betonung kapitalgedeckter Elemente neben dem Umlagesystem Entlastung bringen, ebenso wie mehr Effizienz in der Verwaltung der Sozialleistungen. Entscheidend ist aber auch eine grundlegende Steuerreform: Wir brauchen ein einfacheres, transparenteres System mit niedrigeren Sätzen, vor allem bei der Lohn- und Unternehmenssteuer. Das macht Arbeit und Investitionen wieder attraktiver und senkt nebenbei die hohen administrativen Kosten unseres aktuellen Steuersystems.

 

„Die stetig wachsenden Staatsschulden sind eine ernste Hypothek für künftige Generationen.“

 

Kritiker sagen, dass überbordende Bürokratie Österreichs Wettbewerbsfähigkeit hemmt. Wie würden Sie Bürokratie abbauen?

Die überbordende Bürokratie hängt eng mit der übermäßigen Regulierung zusammen, insbesondere mit der Flut an Ausnahme- und Sonderregeln – die Regulierungen gehören radikal vereinfacht und Ausnahme- sowie Sonderregeln abgeschafft. Wir brauchen eine systematische Deregulierung. Instrumente wie „Sunset Clauses“ bei denen Regeln automatisch auslaufen, wenn sie nicht aktiv verlängert werden, oder das „One-in, two-out“-Prinzip – für jede neue Regelung müssen zwei alte gestrichen werden – zwingen zu einem viel sorgsameren Umgang mit Regulierung.

Wichtig ist auch, den Fokus zu ändern: Vorschriften sollten klare Ziele vorgeben, aber den Weg dorthin offenlassen, um Innovation nicht im Keim zu ersticken. Natürlich spielt die konsequente Digitalisierung der Verwaltung eine Schlüsselrolle, um Verfahren zu beschleunigen. Und wir sollten darauf vertrauen, dass Haftungsregeln und der gute Ruf eines Unternehmens – also Marktmechanismen – für Qualität und Sicherheit sorgen können, statt alles präventiv bis ins kleinste Detail zu regeln. Wichtige staatliche Kontrollen sollten sich auf Kernbereiche wie den Schutz von Leib, Leben und Eigentum konzentrieren.

Österreichs Staatsschulden wachsen seit Jahren. Wie könnte eine nachhaltige Budgetpolitik aussehen? 

Die stetig wachsenden Staatsschulden sind eine ernste Hypothek für künftige Generationen und engen unseren politischen Handlungsspielraum heute schon massiv ein. Eine nachhaltige Budgetpolitik erfordert zuallererst strikte Ausgabendisziplin. Der Staat muss klar definieren, was seine Kernaufgaben sind, und sich konsequent von allem anderen trennen. Verbindliche Schuldenbremsen, idealerweise in der Verfassung verankert, sind unerlässlich, um Neuverschuldung und Gesamtverschuldung wirksam zu begrenzen.

Entscheidend ist für mich: Die Haushaltskonsolidierung muss über die Ausgabenseite erfolgen. Steuererhöhungen würden die Wirtschaft nur zusätzlich abwürgen. Im Gegenteil: Wir sollten massive Subventionskürzungen dazu nutzen, die Abgaben zu senken und so die Wirtschaft anzukurbeln. Transparenz über die langfristigen fiskalischen Folgen politischer Entscheidungen ist ebenfalls Gebot der Stunde. Mein klarer Rat an die Regierung lautet: Ein glaubwürdiges Bekenntnis zu einem mittelfristig ausgeglichenen Haushalt, untermauert durch konkrete, mutige Sparmaßnahmen auf der Ausgabenseite und wachstumsfördernde Strukturreformen.

 

„Österreichs hohe Abgabenquote bremst unsere wirtschaftliche Dynamik.“

 

Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und der Klimaziele der EU wird häufig mehr staatliches Eingreifen gefordert. Sehen Sie eine Gefahr, dass solche Eingriffe Marktmechanismen untergraben?

Diese Gefahr sehe ich sehr deutlich. Die Forderung nach staatlichen Eingriffen wie Preisdeckeln oder massiven Subventionen für einzelne Technologien ist zwar verständlich, aber brandgefährlich, weil sie die fundamentalen Marktmechanismen aushebeln kann. Man muss sich ehrlicherweise fragen: Sind nicht viele der Probleme, derentwegen heute nach dem Staat gerufen wird, überhaupt erst durch frühere staatliche Eingriffe entstanden? Wir laufen Gefahr, in eine endlose Interventionsspirale zu geraten.

Marktpreise sind essenzielle Signale für Knappheit; sie lenken Investitionen und Konsum viel effizienter, als es jede staatliche Planung könnte. Wenn der Staat diese Signale durch Eingriffe verzerrt, drohen Fehlinvestitionen, Angebotsengpässe und Ressourcenverschwendung. Der Staat ist erfahrungsgemäß auch schlecht darin, die 'richtigen' Technologien auszuwählen – das führt zu einer ineffizienten Allokation von Kapital und bremst Innovationen in andere, vielleicht vielversprechendere Richtungen.

Statt direkt dirigistisch einzugreifen, sollte der Staat verlässliche Rahmenbedingungen schaffen: klare Eigentumsrechte – zum Beispiel durch einen funktionierenden Emissionshandel mit einer festen Obergrenze für CO2 – und den Abbau von Marktzutrittsbarrieren. Wichtig ist dabei strikte Technologieneutralität, statt politische Favoriten zu fördern.

In Österreich genießt die Sozialpartnerschaft traditionell hohes Ansehen. Welche Rolle sollte sie in einer modernen Marktwirtschaft spielen?

Die Sozialpartnerschaft hat in Österreich eine prägende Geschichte, aber in einer modernen, dynamischen Marktwirtschaft müssen wir ihre Rolle kritisch überdenken. Zentralisierte Lohnverhandlungen und Regulierungen durch die Sozialpartner können die notwendige Flexibilität einschränken, die gerade kleine und mittlere Unternehmen sowie Branchen im Strukturwandel brauchen, um schnell auf globale Veränderungen zu reagieren.

Tarifautonomie ist ein hohes Gut, sie sollte aber idealerweise freiwillig und dezentral, also auf Betriebs- oder vielleicht sogar Individualebene, ausgeübt werden. Flächentarifverträge mit Allgemeinverbindlichkeit und vor allem die Pflichtmitgliedschaften in den Kammern können wettbewerbshemmend wirken und die Anpassungsfähigkeit des Standorts bremsen. Eine modernisierte Sozialpartnerschaft könnte sich künftig stärker auf beratende Funktionen, den wichtigen Austausch von Informationen und die Förderung von Aus- und Weiterbildung konzentrieren – anstatt wie bisher oft als quasi-gesetzgeberische Instanz mit Vetomacht aufzutreten. 

Die fortschreitende Automatisierung und KI stellen klassische Berufsbilder in Frage. Wo sehen Sie Chancen, wo Gefahren?

Automatisierung und Künstliche Intelligenz sind ohne Zweifel mächtige Treiber des Wandels und der Produktivitätssteigerung. Sie bieten enorme Chancen: Effizienzgewinne, die Entstehung ganz neuer Berufe und Wirtschaftszweige, eine potenziell höhere Lebensqualität durch neue Produkte und Dienstleistungen und nicht zuletzt die Entlastung von monotoner oder gefährlicher Arbeit.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen: Der Arbeitsmarkt wird sich strukturell verändern, viele Arbeitnehmer müssen sich anpassen und neue Qualifikationen erwerben. Es stellen sich auch ethische Fragen, und es besteht das Risiko, dass übereifrige Regulierung Innovationen erstickt. Die Aufgabe des Staates kann es aber nicht sein, diesen technologischen Wandel aufzuhalten oder bestimmte, überholte Berufsbilder künstlich zu schützen. Vielmehr muss er die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft und der Menschen fördern. Das bedeutet konkret: Arbeitsmärkte flexibler gestalten, damit Neueinstellungen und betriebliche Anpassungen leichter fallen.

Unser Bildungssystem muss dringend reformiert werden, um Grundkompetenzen wie Problemlösung, kritisches Denken, Lernfähigkeit und Anpassungsbereitschaft in den Mittelpunkt zu stellen, statt auf spezifische, oft kurzlebige Jobprofile zu fixieren. Und wir brauchen innovationsfreundliche Rahmenbedingungen – Rechtssicherheit, Schutz geistigen Eigentums und nur minimale, technologieneutrale Regeln, etwa bei Datenschutz und Sicherheit, die nicht schon im Vorfeld Innovationen verbieten. Der Markt wird durch Lohnanpassungen und die Schaffung neuer Tätigkeitsfelder selbst auf die Veränderungen reagieren; direkte staatliche Eingriffe zur „Gestaltung“ des Arbeitsmarktes halte ich für falsch und kontraproduktiv.

Foto: Sabine Klimt

 

 

 

 

 

Im April 2024 übernahm Mag. Barbara Komarek die Geschäftsführung der Niederösterreich Bahnen GmbH.

 

Seitdem verfolgt sie ambitionierte Ziele, um die regionale Mobilität und das touristische Angebot auszubauen und zu modernisieren. Ihr Fokus liegt klar auf den Fahrgästen. „Wir wollen 2025 den Fahrgastrekord von 1,3 Millionen übertreffen“, sagt Komarek. Dafür setzt sie auf Servicequalität und Kundenzufriedenheit. 

Die Niederösterreich Bahnen betreiben sechs Bahnlinien und zwei Seilbahnen in den schönsten Regionen des Bundeslandes und sind wichtige Verkehrsträger im Alltags- und Freizeitverkehr. Komarek betont die Bedeutung der Mitarbeiter: „Freundlichkeit, Kompetenz und umfassender Service stehen im Mittelpunkt. “ Pünktlichkeit, Sauberkeit und Komfort sind für sie unverzichtbare Grundvoraussetzungen. „Nur mit einer tadellosen Infrastruktur können wir diese Top-Dienstleistung erbringen“, betont sie. 

Nachhaltige Mobilität und sanfter Tourismus

Niederösterreich profitiert im Tourismus von seiner abwechslungsreichen Landschaft, die vom Naturpark Ötscher-Tormäuer über den Schneeberg bis in die Wachau und zur Gemeindealpe Mitterbach reicht. Komarek sieht die Stärke der Bahnen im sanften Tourismus. „Unsere Gäste erreichen die schönsten Regionen des Landes klimafreundlich. Auf der Mariazellerbahn gilt das Klimaticket und auf allen anderen Bahnen und Seilbahnen kann die Niederösterreich-CARD genutzt werden“, erklärt sie. 

Auch Wanderer, Radfahrer, Skifahrer und Bergsteiger können bequem per Bahn anreisen. „Alle unsere Bahnen und Seilbahnen sind ab Wien mit den Zügen der ÖBB oder der Westbahn erreichbar“, erläutert Komarek. Zudem fungieren die Bahnen als Mobilitätspartner zahlreicher regionaler Veranstalter, von Sportevents wie dem Wachau-Marathon bis zu Kulturveranstaltungen wie dem Schrammelklang-Festival in Litschau. 

 

„Unsere Gäste erreichen die schönsten Regionen des Landes klimafreundlich.“

 

Bessere Erreichbarkeit für ländliche Regionen

Ein zentrales Anliegen Komareks ist die Stärkung der Mobilität abseits der großen Ballungsräume. Die Mariazellerbahn und die Citybahn Waidhofen, die gemeinsam rund 900.000 Fahrgäste zählen, sind die fahrgaststärksten Bahnen im Portfolio der Niederösterreich Bahnen. „Wir haben beide Bahnlinien mit einem attraktiven Halbstundentakt ausgebaut. Die steigenden Fahrgastzahlen geben uns recht“, sagt Komarek. Barrierefreie Bahnhöfe und die enge Abstimmung mit Busfahrplänen und Gemeindetaxis sollen das Angebot für die Menschen in den ländlichen Gebieten weiter verbessern. 

Digitalisierung als Basis für Effizienz

Digitale Technologien spielen für die Niederösterreich Bahnen eine zentrale Rolle. „Unsere Betriebsführung wäre ohne digitale Systeme nicht denkbar, weil sie einen stabilen und verlässlichen Fahrplan sicherstellen“, erklärt Komarek. Auch im Vertrieb und Marketing werden diese Tools künftig noch stärker zum Einsatz kommen. Im Februar 2025 soll ein neuer Webshop starten. „Unser Ziel dabei: mit drei Klicks zum Ticket. “ 

 

„Wie setzen weiterhin auf Wasserkraft – denn die Mariazellerbahn ist bereits seit über 100 Jahren elektrisch unterwegs.“

 

Grenzen überwinden – Kooperationen stärken 

Neben der Zusammenarbeit mit Nachbarbundesländern steht auch eine internationale Partnerschaft mit der Rhätischen Bahn in der Schweiz auf dem Programm. „Die Rhätische Bahn mit Zügen wie dem Glacier Express spielt in der Champions League der Eisenbahn“, sagt Komarek. Durch gemeinsame Marketingaktivitäten und den Austausch über technische Methoden in der Infrastrukturinstandhaltung profitieren beide Seiten. 

Ein Meilenstein ist der modernisierte Bahnhof Mariazell, der 2024 als Mobilitätsdrehscheibe neu eröffnet wurde. Hier sind Bahn, Bus, E-Auto, Fahrrad und Taxi vernetzt, unterstützt durch einen KI-basierten Informations- und Wartebereich. „Niederösterreich, die Steiermark und der Bund haben dieses Projekt gemeinsam finanziert – ein gelungenes Beispiel dafür, wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit aussehen kann“, hebt Komarek hervor. 

Moderne Technologien für den Fahrgast der Zukunft

Bei Tickets, Echtzeitinformationen und alternativen Antrieben setzt Komarek auf eine intelligente Mischung aus persönlichem Service und digitaler Innovation. Reisende können bereits jetzt etwa die Hälfte aller Tickets online kaufen. Reservierungen für Fahrräder oder kurzfristige Umbuchungsoptionen („Flex-Tickets“) sind ebenfalls möglich. „Gleichzeitig stehen in allen Zügen Schaffnerinnen und Schaffner für den Ticketverkauf und Auskünfte zur Verfügung“, betont Komarek. 

Auch beim Thema emissionsfreie Züge geht es voran. Gemeinsam mit Fachhochschulen arbeitet man an Konzepten für neue Fahrzeuggenerationen. Bei der 100 Jahre alten Mariazellerbahn erweitert man gemeinsam mit der EVN die Kapazitäten im Kraftwerk Erlaufboden, um weiterhin auf Wasserkraft zu setzen. „Die Mariazellerbahn ist bereits seit über 100 Jahren elektrisch unterwegs“, erklärt Komarek.

Foto: NB_Monihart

Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, über Versorgungsicherheit die Bedeutung von Wasserstoff und Resilienz.

 

Die „Energiezukunft“ ist für Sie ein wesentliches Thema. Welche konkreten Maßnahmen können die Versorgungssicherheit in Österreich langfristig gewährleisten?
Österreich zählt weltweit zu den Ländern mit der höchsten Versorgungssicherheit – damit das auch in Zukunft so bleibt, müssen wir in den kommenden Jahren unser Energiesystem grundlegend erneuern. Unser Strom stammt zwar schon jetzt zu weit über 80 Prozent aus erneuerbaren Quellen, trotzdem importieren wir derzeit etwa zwei Drittel unserer Energie aus dem Ausland. Durch den raschen Ausbau der Erneuerbaren, der Speicher und vor allem der Stromnetze, können wir diese Abhängigkeit deutlich reduzieren und auch in Zukunft eine sichere Versorgung mit Strom gewährleisten. 

Umweltverträglichkeitsprüfungen für erneuerbare Energieprojekte können sich über mehrere Jahre hinziehen und somit den Ausbau verzögern. Welche Reformen halten Sie für notwendig, um diese Prozesse zu beschleunigen, ohne dabei Umweltstandards zu vernachlässigen?

Sie sprechen hier einen sehr wichtigen Punkt an. Die Verfahren zur Genehmigung erneuerbarer Projekte sind derzeit langwierig und kompliziert.  Die Novellierung des Gesetzes zur Umweltverträglichkeitsprüfung hat zwar erste Verbesserungen im Hinblick auf eine klarere Strukturierung des Verfahrens, die Einführung verbindlicher Verfahrensfristen und Personalaufstockungen bei Behörden und Gerichten gebracht.

Um die Erneuerung des Energiesystems weiter zu beschleunigen, brauchen wir im nächsten Schritt aber dringend das bereits mehrfach angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz. Dieses Gesetz soll nachhaltigen Energieprojekten klaren Vorrang im Genehmigungsverfahren einräumen. Bei vielen unserer Projekte gehen Klima- und Umweltschutz bereits Hand in Hand – uns geht es darum Abläufe zu beschleunigen, Prozesse effizienter zu gestalten und klare Prioritäten zu setzen.

Österreich hat sich ambitionierte Klimaziele gesetzt, darunter die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Wie trägt die E-Wirtschaft zur Erreichung dieser Ziele bei?

Auch bei der Stromproduktion nimmt Österreich international eine führende Rolle ein: Bereits jetzt stammt der überwiegende Teil unseres Stroms aus erneuerbaren Quellen und nur rund sechs Prozent der Emissionen kommen noch aus diesem Bereich. Trotzdem spielt die E-Wirtschaft auch bei der weiteren Dekarbonisierung des Landes eine zentrale Rolle.

Strom ist die saubere Energieform der Zukunft, die in den kommenden Jahren in der Mobilität, im Wärmebereich und in der Industrie massiv an Bedeutung gewinnen wird. Dafür schaffen unsere Unternehmen schon heute die Voraussetzungen. Dass unser Strom künftig zum größten Teil aus erneuerbaren Quellen stammen soll, ist für uns klar – nun gilt es die Kosten während der Transformation so gering und die Versorgungssicherheit so hoch wie möglich zu halten.

Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach Resilienz im Kontext von Nachhaltigkeit und Klimaschutz?

Resilienz ist das Fundament einer nachhaltigen Energiezukunft. Die letzten Krisen haben gezeigt, wie wichtig ein leistungsfähiges und gleichzeitig robustes Energiesystem ist. Ein wesentlicher Schlüssel ist dabei der rasche Ausbau der heimischen Stromerzeugung. Um Resilienz zu schaffen, müssen wir aber nicht nur massiv in erneuerbare Energien investieren – wir müssen sie auch besser in das System integrieren und Schwankungen durch Speicher und intelligente Netze ausgleichen.

Gleichzeitig müssen wir die europäische Zusammenarbeit im Strommarkt stärken, damit wir und unsere Nachbarländer einander im Ernstfall gegenseitig unterstützen können. Resilienz heißt für uns aber auch besser auf mögliche Krisen vorbereitet zu sein. Die Voraussetzungen dafür wurden mit der Reform der Strommärkte, die vor kurzem abgeschlossen wurde, auf europäischer Ebene bereits geschaffen.

Wie schätzen Sie die zukünftige Rolle von Wasserstoff und anderen Speichertechnologien in Österreichs Energiemix ein?

Wasserstoff wird in unserem zukünftigen Energiesystem eine wichtige Rolle spielen. Es ist deshalb entscheidend, dass wir dieses Thema bereits jetzt breit mitdenken – von der Strom- und Wärmeerzeugung bis hin zur Industrie. In der E-Wirtschaft werden wir Wasserstoff vor allem als saisonalen Speicher und zur Dekarbonisierung unserer Wärmekraftwerke nutzen.

Der bereits laufende Aufbau von Elektrolyse-Kapazitäten, etwa im Burgenland oder in Oberösterreich, zeigt, dass wir uns hier auf einem guten Weg befinden. Parallel dazu bleibt die Wasserkraft in Form von Pumpspeichern ein zentraler Bestandteil der Stromversorgung – vor allem im Winter. Aber auch innovative Technologien wie Batterien oder andere Langzeitspeicher werden zukünftig wichtiger. Um diese Lösungen rechtzeitig und im notwendigen Umfang in den Markt zu bringen, müssen wir jetzt die Weichen dafür stellen. 

Welche politischen Maßnahmen und Anreize sind aus Ihrer Sicht notwendig, damit der Ausbau erneuerbarer Energien und die Modernisierung der Netzinfrastruktur beschleunigt werden kann?
Wir brauchen einen klaren politischen Rahmen für den Ausbau und die Erneuerung des Energiesystems. Unsere Unternehmen wollen in den kommenden Jahren Milliarden in diese Infrastruktur investieren – dafür brauchen sie Rechtssicherheit, schnellere Genehmigungsverfahren und mehr verfügbare Flächen.

Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang ein rascher Beschluss des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes und des Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetzes. Außerdem brauchen wir eine konsequente Abstimmung des Netzausbaus mit dem Ausbau der Erneuerbaren. Denn nur ein gut ausbalanciertes Energiesystem liefert uns am Ende eine hohe Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen. Aber aus meiner Sicht am allerwichtigsten: Wir brauchen öffentliche Akzeptanz und die entsprechende politische Unterstützung. Nur so können wir die bevorstehende Transformation erfolgreich meistern

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Zur Person

Barbara Schmidt wurde in London geboren und ist Mutter einer Tochter. Sie absolvierte ihr Diplom- und Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien und qualifizierte sich zudem als Coach und Mediatorin. Ihre Karriere an der Schnittstelle von Energiewirtschaft und -politik begann als Klubreferentin im österreichischen Parlament, bevor sie bei Energie-Control Austria maßgeblich am Aufbau und der Leitung der Schlichtungsstelle sowie an der Erstellung von Marktregeln beteiligt war. Als Public Affairs Beraterin unterstützte sie anschließend Kunden aus dem Industrie- und Energiesektor. Seit 2007 ist sie Generalsekretärin von Oesterreichs Energie und Geschäftsführerin der Oesterreichs Energie Akademie GmbH. Oesterreichs Energie vertritt seit 1953 die gemeinsam erarbeiteten Brancheninteressen der E-Wirtschaft gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. 

Foto: Oesterreichs Energie

 

Junge Frauen sind in der Politik unterrepräsentiert. Was kann man dagegen tun? Barbara Neßler hat einen konkreten Vorschlag.

 

„Es gibt noch viel zu tun und gerade in Zeiten, in denen die Totengräber des Zusammenhalts Hass und Hetze verbreiten, müssen wir uns schützend vor unsere Demokratie und die Menschen stellen und ihnen eine Vision geben, die wieder Lust auf Zukunft macht“, so Barbara Neßler. Dazu brauche es ein Bündel von Maßnahmen, wie etwa den Ausbau der politischen Bildung.

„Wir müssen die Menschen in die Lage versetzen, Desinformationskampagnen, Fake News und Verschwörungstheorien zu entlarven. Wir müssen Transparenz schaffen und unsere Entscheidungen klarer und niederschwelliger kommunizieren. Wir müssen zeigen, dass sich Engagement lohnt. Ich hatte erst diese Woche einen Austausch mit jungen Menschen, die sich für eine kostenlose HPV-Impfung eingesetzt haben, diese wird jetzt für alle bis 30 umgesetzt, das Engagement hat sich also gelohnt, solche Erfolgsgeschichten müssen wir teilen. Darüber hinaus müssen wir gezielt junge Frauen fördern, diese sind in der Politik leider immer noch unterrepräsentiert, hier brauchen wir verstärkt Vorbilder, die zeigen: Es geht, trau dich und sorge selbst für Veränderung. Durch eine Kombination dieser Ansätze kann es uns gelingen, das Interesse und die Beteiligung der Menschen an politischen Prozessen und Wahlen zu steigern und damit die Demokratie in Österreich zu stärken“.

Steuern auf umweltschädliches Verhalten

Es sei klar, dass man mit altem Denken, also mit steigendem Ressourcenverbrauch, mit fossiler Energie und ungezügelter Liberalisierung nicht weiterkomme. Die Folgen wären Abhängigkeit von Despoten wie Putin, Wohlstandsverlust und die Klimakatastrophe.

„Wir müssen daher den Blick nach vorne richten, mit sinnvollen Zukunftsinvestitionen und den richtigen Signalen an die Wirtschaft für eine grüne Transformation, für die es auch die notwendige Unterstützung von politischer Seite braucht. Viele Unternehmen sind auf diesem Weg schon viel weiter als manche politischen Parteien, die noch im alten Denken verhaftet sind. Dazu brauchen wir Investitionen, die dem Klima, der Gesellschaft und der Wirtschaft etwas bringen, nur so können wir langfristig Wohlstand sichern und unsere Lebensgrundlagen erhalten“, so die gebürtige Vorarlbergerin, die sich auch für ein faires Steuersystem einsetzt, das einerseits die Leistungsbereitschaft berücksichtigt und andererseits für mehr Gerechtigkeit sorgt.

Das heißt: Steuern auf Arbeit müssen runter, Steuern auf Vermögen und umweltschädigendes Verhalten müssen rauf. „Hart arbeitenden Menschen soll mehr von ihrem Lohn bleiben, während Millionenerben, denen ein Vermögen ohne Arbeit in den Schoß fällt, einen fairen Beitrag leisten sollen. Die ökosoziale Steuerreform war ein großer Schritt in die richtige Richtung und hat vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen entlastet“.

Innovationen in den Unternehmen werden bereits durch Investitionsanreize gefördert. Dieser Weg muss fortgesetzt werden, um die heimischen Unternehmen zu stärken und zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen. Und natürlich müssen Frauen endlich gleich viel verdienen wie Männer. „Dazu brauchen wir Einkommenstransparenz auch in Kleinbetrieben, verpflichtende Maßnahmen zur Beendigung der Lohndiskriminierung, eine weitere Stärkung der Gleichbehandlungsstellen und gezielte Arbeitsmarktprogramme für Frauen“.

Foto: Peter Koren

Die Wiener Landespolitikerin Barbara Novak fordert Steuern für Superreiche und will Frauen und ältere Arbeitnehmer in Wien gezielt unterstützt.

 

Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage und der hohen Verschuldung Österreichs setzt die Wiener Abgeordnete auf eine Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Eine solide Budgetpolitik müsse die finanzielle Situation im Auge behalten, dürfe aber nicht bei den Menschen sparen. Gerade in Zeiten der Inflationskrise sei ein starker Sozialstaat wichtig, der soziale Gerechtigkeit und umfassende Gesundheitsversorgung, Bildung, Arbeitslosengeld und angemessene Pensionen garantiert.

„Wien investiert mehr als 50 Prozent seines Budgets in Gesundheit, Soziales, Bildung und Kinderbetreuung. Anti-Teuerungsmaßnahmen haben den Wienern geholfen, die hohe Inflation zu bewältigen. Gleichzeitig wird Wien als Wirtschaftsstandort gestärkt. Seit 2021 wurden in Wien 40.000 Arbeitsplätze geschaffen und die Zahl der Beschäftigten nähert sich einem historischen Höchststand“, so Novak.

Die Finanzierung dieser Maßnahmen erfordere die Unterstützung des Bundes, insbesondere angesichts des demografischen Wandels, des Klimaschutzes und der hohen Inflation. Eine Halbzeit-Evaluierung im Jahr 2026 soll sicherstellen, dass Länder und Gemeinden ausreichend budgetären Spielraum für die zukünftigen Herausforderungen haben.

Superreiche müssen einen Beitrag leisten

„Österreich liegt bei den Steuern und Abgaben auf Arbeitseinkommen im EU-Vergleich unter den Top 5, das heißt Personen mit mittleren und niedrigen Einkommen tragen eine sehr hohe Steuerlast. Vermögen und Unternehmensgewinne werden hingegen relativ gering besteuert. Hier braucht es mehr Gerechtigkeit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen steuerlich entlastet werden, während Superreiche und große Unternehmen einen gerechteren Beitrag zur Finanzierung des Staatshaushaltes leisten müssen. Ein gerechteres Steuersystem muss sicherstellen, dass sich Arbeit lohnt und den hart arbeitenden Menschen genug Geld zum Leben bleibt“, so Barbara Novak abschließend.

Jobs für Frauen und ältere Arbeitnehmer

In Wien wird kontinuierlich an der Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft gearbeitet. „Ein guter Arbeitsplatz und ein sicheres Einkommen sind die Voraussetzung dafür, dass Frauen ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Frauenfördermaßnahmen müssen umgesetzt werden und dürfen keine leeren Versprechungen bleiben. Die Frauenförderprogramme des waff (Anm.: Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds) bieten niederschwellige Angebote, die Frauen aus allen Bevölkerungs- und Bildungsschichten erreichen. Sie fördern den Einstieg von Frauen in technische Berufe und ermutigen Mädchen und junge Frauen, sich in Bereichen wie Technik, Digitalisierung, Handwerk und Naturwissenschaften zu engagieren. Die Joboffensive 50plus unterstützt ältere Arbeitnehmerinnen“, so die Politikerin.

Darüber hinaus brauche es verbindliche Regeln, um gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu garantieren und die gläserne Decke zu durchbrechen. Wien bietet flächendeckend beitragsfreie Kindergärten und kostenlose Ganztagsschulen, die Frauen echte Wahlfreiheit ermöglichen.

Foto: Markus Sibrawa

Dr. Barbara Kolm. Die Wirtschaftswissenschafterin und ehemalige Vizepräsidentin des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank ist Leiterin des Friedrich A. v. Hayek Instituts.

 

Lesen Sie hier, was sie zu wichtigen Themen wie Inflation, Intervention und Inflation zu sagen hat.

 

Wie lange werden wir noch mit einer hohen Inflation rechnen müssen?

Kurzfristig wird es davon abhängen, ob Österreich in eine Rezession schlittert oder nicht. Im Falle einer Rezession ist davon auszugehen, dass die Inflation stark sinkt oder gar eine Deflation eintritt. Diese Möglichkeit ist nicht zu vernachlässigen. Mittelfristig ist jedoch, möglicherweise sogar für die nächsten Jahre, mit höherer Inflation zu rechnen.

Die Gründe sind Folgende: erstens ist von einer neuen Phase der geldpolitischen Lockerung auszugehen - die EZB spricht bereits von baldigen Leitzinssenkungen. Wie stark diese geldpolitische Lockerung ausfällt, wird sowohl von der Wirtschaftsentwicklung als auch von eventuellen Problemen bei der Finanzierung der staatlichen Schulden abhängen. Zweitens sorgt die zunehmende Regulierung für einen Produktivitätsverlust, der zu höheren Preisen führen wird.

Drittens werden die Preise auch durch eine zunehmende De-Globalisierung ansteigen. Viertens sorgt die Alterung der Gesellschaft für ein geringeres Güterangebot, weil weniger Menschen arbeiten, bei einer gleichzeitig höheren Güternachfrage. All das macht es wahrscheinlich, dass wir uns auf absehbare Zeit auf hohe Inflationsraten einstellen müssen.

Ist es möglich, die wirtschaftspolitischen Interventionen in Österreich und Europa ohne größere Schäden für die Wirtschaftsstandorte und die Bevölkerung zu beenden?

Jede größere Anpassung ist mit Unsicherheiten verbunden. Zu erwarten ist, dass bei einem Ende der wirtschaftspolitischen Interventionen kurzfristig zahlreiche Unternehmen vor Probleme gestellt werden, die auch mit Insolvenzen verbunden sind. Das betrifft insbesondere diejenigen Unternehmen, die von wirtschaftspolitischen Interventionen profitieren, also primär im staatsnahen Sektor.

Es ist jedoch zu beachten, dass sich ohne Interventionen zahlreiche neue Möglichkeiten für alle Marktteilnehmer ergeben, und dass deshalb Ressourcen so alloziert werden, die der Konsumentennachfrage besser entsprechen. Insofern findet durch ein Ende wirtschaftspolitischer Interventionen eine Art schöpferische Zerstörung statt, an deren Ende die Produktion den Bedürfnissen der Konsumenten besser entspricht als zuvor.

Wie lange signifikante Probleme durch die Anpassungen auftreten, hängt von den ungehinderten Anpassungen und dem Ausmaß an Interventionen ab. Bei einem vollumfänglichen Ende wirtschaftspolitischer Interventionen ist davon auszugehen, dass Anpassungen sehr schnell - innerhalb einiger Monate - vonstatten gehen und deshalb größere Schäden verhindert werden können. Mittelfristig sind Produktivitätssteigerungen und Anpassungen an die Bedürfnisse der Konsumenten zu erwarten.

Ihre Meinung zu den Maßnahmen und der Rolle der EZB?

Die EZB, als deren Vorbild lange Zeit die deutsche Bundesbank genannt wurde, wird in vielen Bereichen ihrem Mandat und Zielen nicht mehr gerecht. Schlimmer noch: Es wird in vielen Situationen wahrscheinlich gegen das vorrangige Ziel der Preisstabilität verstoßen (Artikel 127 Absatz 1 AEUV). Dort ist u.a. geregelt, dass andere Ziele nur dann verfolgt werden dürfen, wenn sie das Ziel der Preisstabilität nicht beeinträchtigen.

Wenn die EZB dennoch Ziele verfolgt, die zumindest potenziell die Preisstabilität gefährden, ist das bedenklich. Darunter fällt die Null-Zinspolitik, die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise, die Euro-Rettung („whatever it takes”), die Stimulierung der Wirtschaft und nun die Klimarettung – im Gewand der Green Finance. All diese Ziele wurden und werden offensichtlich als der Preisstabilität übergeordnete Ziele behandelt, weshalb sie Artikel 127 Absatz 1 AEUV widersprechen könnten. Abgesehen von der juridischen Komponente wirken viele Maßnahmen der EZB kurz- bis mittelfristig wegen der Zerstörung von Anreizen volkswirtschaftlich kontraproduktiv.

Ein unverantwortlicher Umgang mit Risiken in vielen Bereichen der Finanzwirtschaft und die “too big to fail”-Problematik sind zwei der evidenten Auswirkungen verfehlter Maßnahmen. Darüber hinaus führen Überregulierung und überbordende Compliance-Regeln zu Produktivitäts- und Wachstumsverlusten im Sektor.  Insofern wäre eine kritische Diskussion sowohl über die Rolle als auch die Aufgaben der EZB nach mehr als zwei Jahrzehnten angebracht.

Ist eine Wirtschaftskrise noch zu verhindern? Wie gefährdet ist der Euro?

Nein. Eine Wirtschaftskrise auf nationaler Ebene ist eine Zeit, in der wirtschaftliche Fehlentscheidungen der Vergangenheit korrigiert werden. Das ist auch notwendig, damit wirtschaftliche Produktion den Bedürfnissen der Konsumenten entspricht. In den vergangenen 15 Jahre wurden durch Verzerrung der Preissignale als Folge expansiver Geldpolitik zahlreiche Fehlentscheidungen getroffen, die früher oder später korrigiert werden müssen.

Erstens weil die Produktivität immer weiter abnimmt und zweitens die Produktion an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbei geht. Aber diese Korrektur - und damit die Wirtschaftskrise - kann durch expansive Geldpolitik und Staatshilfen viele Jahre lang hinausgeschoben werden. Allerdings ist dieses Hinausschieben (kick the can down the road) für Konsumenten und Steuerzahler extrem teuer und mit steigendem Inflationsdruck verbunden. Das größte Problem ist, dass sich die zu korrigierenden Fehlentscheidungen akkumulieren und deshalb die hinausgeschobene Krise umso stärker ist, je länger Korrekturen verhindert werden.

Angesichts einer 15 Jahre langen stark expansiven Geldpolitik, die schon davor etwaige Korrekturen nur in sehr begrenzten Rahmen zugelassen hat, gibt es zwei mögliche Szenarien: Entweder folgt die Wirtschaft dauerhaft nicht mehr den Konsumenteninteressen und wird durch zunehmende Produktivitätseinbußen und inflationären Druck dysfunktional. Das würde zu einem völligen Wirtschaftskollaps führen, der möglicherweise mit einem Zusammenbruch des Währungssystems einhergeht. Oder, wenn Korrekturen in vollem Ausmaß zugelassen werden, ist mit einer starken Wirtschaftskrise zu rechnen, weil Fehlentscheidungen, die sich über viele Jahre akkumuliert haben, korrigiert werden müssen.

Obwohl beide Szenarien äußerst unerfreulich sind, ist das Zulassen einer umfassenden Korrektur der bessere Weg, weil er mit geringeren Schäden für die Bevölkerung einhergeht. Der Euro wäre in beiden Szenarien gefährdet. Bedauerlicherweise ist davon auszugehen, dass der erste Weg eingeschlagen wird, weil so das Scheitern länger hinausgezögert werden kann und die Verantwortung für das Scheitern der Politik auf andere Akteure abgeschoben werden kann.

Foto: Sabine Klimt