Auch wenn angesichts von Fußball-EM, extremer Hitze und Sommerferien derzeit kaum jemand daran denkt: Die Nationalratswahlen stehen vor der Tür, am 29. September geht es an die Urnen. Schon bald werden wir überall Wahlplakate sehen, TV-Duelle erleben und uns mit vergangenen und nicht ganz so alten politischen Skandalen und Skandälchen konfrontiert sehen. Die bevorstehenden Wahlen versprechen spannend zu werden, denn sie könnten nicht nur die politischen Machtverhältnisse im Land neu definieren, sondern auch einen entscheidenden Einfluss auf Österreichs Rolle in Europa haben.
Wir haben darüber mit zahlreichen Bundes- und Landespolitikerinnen gesprochen, sie nach ihren Meinungen und Standpunkten befragt und klare politische Positionierungen erlebt: Die ÖVP unter Karl Nehammer setzt auf Kontinuität und wirtschaftliche Stabilität. Das Mantra der Stabilität wirkt in unruhigen Zeiten beruhigend, aber es stellt sich die Frage: Ist das Festhalten am Status quo wirklich das, was das Land jetzt braucht? Nehammers Wirtschaftspolitik mag solide klingen, aber reicht das aus, um die Herausforderungen von morgen zu meistern? Andreas Babler von der SPÖ versucht mit dem alten sozialdemokratischen Ideal der sozialen Gerechtigkeit zu punkten und klingt dabei ein bisschen wie Robin Hood: „Nimm von den Reichen und gib es den Armen“. Einziger Haken an der Sache: Die Superreichen werden ihr Geld schneller außer Landes schaffen, wenn hohe Steuern drohen, als dem Rächer der Enterbten lieb sein kann. Aber gut, die Absicht zählt, oder?
Werner Kogler und die Grünen setzen alles auf eine Karte: Klimaschutz. Ihre Forderungen nach einer radikalen Energiewende sind dringend notwendig, doch Kogler muss beweisen, dass diese Maßnahmen auch wirtschaftlich tragbar sind und die breite Bevölkerung mitnehmen können. „Wir müssen die Welt retten“, ruft Kogler und manchmal scheint es, als wolle er die gesamte Bevölkerung zu veganen, plastikfreien Öko-Jüngern machen. Frischen Wind in die Debatte bringen Beate Meinl-Reisinger und die NEOS mit ihren Schwerpunkten Wirtschaftsfreiheit und Bildungsreform. Ihre Ideen klingen innovativ und zukunftsweisend, aber sind sie realistisch und umsetzbar?
Meinl-Reisinger wirkt manchmal wie die Klassenbeste, die uns alle an unsere Hausaufgaben erinnert. Bildung hier, Wirtschaft dort - für alles hat sie eine Lösung. Vielleicht sollten wir sie einfach zur Superheldin des Parlaments ernennen. Und schließlich Herbert Kickl von der FPÖ, der auf Sicherheit und Migration setzt. Seine harte Linie spricht die Ängste vieler Wähler an, aber die Frage bleibt: Führt diese Politik zu mehr Sicherheit oder nur zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft? Kickl wirkt, als würde er am liebsten einen Hochsicherheitstrakt um ganz Österreich ziehen, zum Schutz vor Fremden und der EU. In Umfragen liegt er damit auf dem vordersten Platz. Und wir, die Wählerinnen und Wähler, sitzen da und fragen uns: Wer bekommt von uns ein Kreuzerl? Der Stabilitätsversprecher, der Robin Hood der Neuzeit, der grüne Retter, die Superheldin oder der Sicherheitsfreak?“ Fragen über Fragen. Am Ende wissen wir nur eines ganz sicher: Jede Stimme kann entscheidend sein. Deshalb: Wählen gehen.
Meint Ihre
Barbara Mucha