Die Elektro- und Elektronikindustrie spielt eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung und bietet mit Innovationen großes Potenzial für die grüne und die digitale Transformation.
Welche Herausforderungen zu bewältigen sind und wie Österreich wettbewerbsfähig bleiben kann, verrät die Geschäftsführerin des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) im aktuellen Austrian Business Woman-Interview.
Die Elektro- und Elektronikindustrie ist ein zentraler Treiber der Digitalisierung. Welche digitalen Innovationen und Technologien sieht der FEEI als besonders vielversprechend für die Zukunft der Branche?
Als Enabler der Digitalisierung treibt die Elektro- und Elektronikindustrie vielversprechende Innovationen und Technologien für die grüne und die digitale Wende voran. Österreichs Unternehmen sind bereits gut aufgestellt in den Bereichen Energieeffizienz-Chips, Technologien für künstliche Intelligenz (KI) sowie eine hochsichere Steuerung und Vernetzung der Energiesysteme.
Ein Stärkefeld der produzierenden Unternehmen ist das Wissen über Anwendungen in den Bereichen Energiesysteme, Mobilität und Medizintechnik. Quantentechnologien wie Quantensensorik, -Computing und Quanten-Kommunikation / Kryptographie bieten durch neue Messmethoden, parallele Rechenschritte und eine abhörsichere Kommunikation großes Potenzial für kritische Infrastrukturen.
Wie unterstützt der FEEI seine Mitgliedsunternehmen bei der Umsetzung von energieeffizienten Technologien, insbesondere im Bereich erneuerbare Energien?
Wir setzen uns aktiv für die Gestaltung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ein, um die Position der FEEI-Mitgliedsunternehmen im Bereich erneuerbare Energien zu stärken. Dazu fordern wir eine hohe Diversität von europäischen Herstellern energierelevanter Komponenten, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die heimische Wertschöpfung am Wirtschaftsstandort Europa sicherzustellen.
Auf EU-Ebene setzt sich der Verband für den Net Zero Industry Act (NZIA) ein – rund 40 Prozent des EU-Bedarfs bis 2030 sollen durch heimische Produktion von Netto-Null-Technologien gedeckt werden. Auf nationaler Ebene begrüßt der FEEI den „Made-in-Europe-Bonus“, um die heimische Wertschöpfung durch Zuschläge auf Investitionszuschüsse von in Europa hergestellten Photovoltaik-Komponenten, Batteriespeicher etc. zu fördern. Das stärkt die Resilienz Europas und reduziert Cybersicherheitsrisiken.
Wie trägt der FEEI dazu bei, dass Österreich in der Forschung und Entwicklung weiterhin international wettbewerbsfähig bleibt?
Der FEEI spielt eine entscheidende Rolle dabei, Österreich in der Forschung und Entwicklung international wettbewerbsfähig zu halten, indem er die Umsetzung von Forschungsergebnissen in den Markt fordert. Trotz bedeutender Erfolge in der Forschung, wie zwei Nobelpreisträger und hervorragender Positionierung in Bereichen wie Quanten, hat Europa in der Markteinführung von Innovationen Nachholbedarf.
Während die EU Wissen fördert, investieren andere Staaten weltweit in die Umsetzung und damit Wertschöpfung dieser Innovationen. Um langfristig erfolgreich zu sein, fordern wir daher attraktive Rahmenbedingungen, sodass heimische Unternehmen ihre Aufwände global zurückverdienen können, der Wirtschaftsstandort gestärkt wird und so Arbeitsplätze gesichert werden.
Mit dem Aufbau des außeruniversitären Spitzenforschungszentrums Silicon Austria Labs hat der FEEI gemeinsam mit dem Bund und den drei Ländern Steiermark, Kärnten und Oberösterreich Ende 2018 einen wichtigen Schritt zur langfristigen Stärkung und Weiterentwicklung der österreichischen Mikroelektronikindustrie gesetzt.
SAL bringt wesentliche Akteure aus Industrie und Wissenschaft und damit wertvolle Expertise und Know-how zusammen und betreibt kooperative, anwendungsorientierte Forschung entlang der ESBS Wertschöpfungskette. Mittlerweile arbeiten bereits mehr als 300 Mitarbeiter:innen an den drei Standorten in Graz, Villach und Linz an zukunftsweisenden Lösungen für Umweltschutz, Gesundheit, Energie, Mobilität und Sicherheit.
Welche Maßnahmen setzt der FEEI, um die duale Ausbildung in der Branche zu stärken und junge Talente zu fördern?
Trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Lage bleibt der Mangel an Fachkräften in der Elektro- und Elektronikindustrie bestehen. Der Aufbau qualifizierter Arbeitskräfte ist in allen Bildungsebenen wesentlich – von der klassischen „dualen Ausbildung“ Lehre über die für die EEI wichtige HTL bis hin zum universitären Bereich.
Als FEEI sind wir daher in der Jugendförderung, der Förderung von Mädchen und Frauen sowie von Quereinsteiger:innen aktiv. Gemeinsam mit Branchenpartnern haben wir im Herbst 2023 die Kampagne #JoinTheFuture ins Leben gerufen, um bei Jugendlichen die Neugierde für technische Berufe zu wecken. Wir unterstützen zudem Schüler-Wettbewerbe mit MINT-Fokus wie den IMST-Award und den Young Austrian Engineers Contest, eine Auszeichnung für herausragende Ingenieursarbeiten im Nachwuchsbereich. Durch einen Sonder-Kollektivvertrag konnte das Programm Digital Pioneers umgesetzt werden, das jungen Frauen zwischen 17 und 27 Jahren Einblicke in technische Berufe ermöglicht.
Die Zahl der EEI-Lehrlinge ist durch diese und weitere Maßnahmen bereits kurzfristig von 1.263 (Sept. 2023) auf 1.343 (Sept. 2024) gestiegen, ein Zuwachs von über 6 Prozent in einem Jahr. Das macht uns sehr stolz und zeigt, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist und wir uns weiterhin für Bildungsinitiativen einsetzen werden.
Wie beurteilen Sie die Standortpolitik und welche Verbesserungen wären notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Elektro- und Elektronikindustrie in Österreich zu sichern?
Der Wirtschaftsstandort Österreich steht vor großen Herausforderungen. Die Elektro- und Elektronikindustrie leidet unter einem Nachfragerückgang, enormen Energiepreisen und rückläufigen Exporten. Stetig steigende Lohn- und Energiekosten sowie Überbürokratisierung schwächen den Standort zusätzlich – Österreich hat EU-weit 2023 die dritthöchsten Lohnstückkosten in Europa.
Verschlechtern sich die aktuellen Rahmenbedingungen durch hohe Energiekosten, globale Wettbewerbsverzerrungen und zunehmende Bürokratie weiter, wären die volkswirtschaftlichen Auswirkungen für Österreich enorm: Laut einer Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) würde das für 2030 einen Wertschöpfungsverlust von 8,44 Mrd. Euro und rund 66.400 Arbeitsplätze weniger bedeuten, als durch passende Rahmenbedingungen möglich wären. Es braucht daher dringend Investitionsanreize, wie den Investitionsfreibetrag, eine Änderung in der öffentlichen Beschaffung mit Fokus auf Stärkung der europäischen Wirtschaft, gezielte Forschungsförderung in Europa, eine Senkung der Lohnnebenkosten und den Abbau von Bürokratie für einen zukunftsfitten Industriestandort Österreich.
Ihre Pläne und Ziele für 2025?
Für uns ist ganz klar: Österreichs Industrie muss wieder wettbewerbsfähig werden. Gerade für die exportorientierte Elektro- und Elektronikindustrie ist das essenziell. Wir werden uns als Verband daher auch 2025 massiv dafür einsetzen, die Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen zu verbessern und den Wirtschaftsstandort zu stärken. Die aktuellen politischen Umwälzungen in unseren beiden wichtigsten Exportnationen Deutschland und den USA machen das nötiger als je zuvor.
Es braucht hierzulande eine rasche Senkung der Lohnnebenkosten und einen deutlichen Abbau der überbordenden Bürokratie. Rufe nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich oder einer Erhöhung des Urlaubsanspruchs muten in Zeiten wie diesen absurd an und würden den Standort noch mehr schwächen.
Um dem nach wie vor bestehenden Fachkräftemangel in der EEI entgegenzuwirken, setzen wir auch 2025 auf Kooperationen und gezielte Initiativen wie eine Weiterführung der erfolgreichen #JoinTheFuture-Kampagne, Aktivitäten zur Attraktivierung des zweiten Bildungswegs, der Abend-HTL und Angebote für Quereinsteiger:innen. Es braucht grundsätzlich mehr Ausbildungsplätze und Weiterbildungsangebote im MINT-Bereich, um die Herausforderungen der Zukunft stemmen zu können, Digitalisierung und Dekarbonisierung voranzutreiben und notwendige, hochqualifizierte und gut dotierte Zukunftsjobs zu sichern.
Weiters legen wir 2025 den Fokus auf den Ausbau von Cybersecurity, beschäftigten uns mit Künstlicher Intelligenz und treiben energieeffiziente Lösungen in den Bereichen Gebäude und Mobilität voran.
Foto: FEEI
The translated version for our international site visitors.
The electrical and electronics industry plays a key role in digitization and offers great potential for the green and digital transformation with its innovations.In the current Austrian Business Woman interview, the managing director of the Association of the Austrian Electrical and Electronics Industries (FEEI) reveals the challenges that need to be overcome and how Austria can remain competitive.
The electrical and electronics industry is a key driver of digitalization. Which digital innovations and technologies does the FEEI consider to be particularly promising for the future of the industry?
As an enabler of digitization, the electrical and electronics industry is driving forward promising innovations and technologies for the green and digital transition. Austrian companies are already well positioned in the areas of energy-efficient chips, technologies for artificial intelligence (AI) and highly secure control and networking of energy systems.
One of the manufacturing companies' strengths is their knowledge of applications in the fields of energy systems, mobility and medical technology. Quantum technologies such as quantum sensors, quantum computing and quantum communication / cryptography offer great potential for critical infrastructures through new measurement methods, parallel computing steps and tap-proof communication.
How does the FEEI support its member companies in implementing energy-efficient technologies, particularly in the field of renewable energies?
We actively advocate for the design of political, economic and legal framework conditions to strengthen the position of FEEI member companies in the field of renewable energies. To this end, we call for a high level of diversity among European manufacturers of energy-related components in order to ensure security of supply and to safeguard domestic value creation in Europe as a business location.
At the EU level, the association is committed to the Net Zero Industry Act (NZIA) – around 40 percent of EU demand by 2030 is to be covered by domestic production of net-zero technologies. At the national level, FEEI welcomes the “Made-in-Europe Bonus” to promote domestic value creation through surcharges on investment grants for photovoltaic components, battery storage, etc. that are manufactured in Europe. This strengthens Europe's resilience and reduces cybersecurity risks.
How does FEEI help Austria to remain internationally competitive in research and development?
The FEEI plays a crucial role in keeping Austria internationally competitive in research and development by promoting the implementation of research results in the market. Despite significant research successes, such as two Nobel Prize winners and an excellent position in areas such as quantum, Europe has some catching up to do in bringing innovations to market.
While the EU promotes knowledge, other countries around the world are investing in the implementation and thus the value creation of these innovations. In order to be successful in the long term, we therefore demand attractive framework conditions so that domestic companies can recoup their expenses globally, the business location is strengthened and thus jobs are secured.
With the establishment of the non-university research center Silicon Austria Labs, the FEEI, together with the federal government and the three states of Styria, Carinthia and Upper Austria, took an important step towards the long-term strengthening and further development of the Austrian microelectronics industry at the end of 2018.
SAL brings together key players from industry and science, and thus valuable expertise and know-how, and conducts cooperative, application-oriented research along the ESBS value chain. More than 300 employees are already working at the three locations in Graz, Villach and Linz on future-oriented solutions for environmental protection, health, energy, mobility and security.
What measures is the FEEI taking to strengthen dual education in the industry and to promote young talent?
Despite the challenging economic situation, the shortage of skilled workers in the electrical and electronics industry persists. Building a qualified workforce is essential at all levels of education – from the classic “dual education” apprenticeship to the HTL, which is important for the EEI, and to the university level.
As FEEI, we are therefore active in promoting young people, girls and women, as well as career changers. Together with industry partners, we launched the #JoinTheFuture campaign in the fall of 2023 to spark young people's curiosity about technical careers. We also support student competitions with a STEM focus, such as the IMST Award and the Young Austrian Engineers Contest, an award for outstanding engineering work by young people. A special collective agreement enabled the implementation of the Digital Pioneers program, which gives young women between the ages of 17 and 27 insights into technical professions.
As a result of these and other measures, the number of EEI apprentices has already increased in the short term from 1,263 (Sept. 2023) to 1,343 (Sept. 2024), an increase of over 6 percent in one year. This makes us very proud and shows that we are on the right track and that we will continue to support educational initiatives.
How do you assess the economic policy and what improvements would be necessary to ensure the competitiveness of the electrical and electronics industry in Austria?
Austria as a business location is facing major challenges. The electrical and electronics industry is suffering from a decline in demand, high energy prices and a drop in exports. Constantly rising wage and energy costs and excessive bureaucracy are further weakening the location – by 2023, Austria will have the third-highest unit labor costs in Europe.
If the current conditions continue to deteriorate due to high energy costs, global competitive distortions and increasing bureaucracy, the economic impact on Austria would be enormous: according to a study by the Austrian Institute of Industrial Research (IWI), this would mean a loss of value added of 8.44 billion euros and around 66,400 fewer jobs in 2030 than would be possible with appropriate framework conditions. Therefore, investment incentives are urgently needed, such as the investment allowance, a change in public procurement with a focus on strengthening the European economy, targeted research funding in Europe, a reduction in non-wage labor costs and the reduction of bureaucracy for a future-oriented industrial location in Austria.
Your plans and goals for 2025?
For us, one thing is clear: Austria's industry must become competitive again. This is essential, especially for the export-oriented electrical and electronics industry. As an association, we will therefore continue to work hard in 2025 to improve the framework conditions for our companies and to strengthen the business location. The current political upheavals in our two most important export nations, Germany and the USA, make this more necessary than ever.
What is needed in this country is a rapid reduction in non-wage labor costs and a significant reduction in excessive bureaucracy. Calls for a reduction in working hours with no loss of pay or an increase in vacation entitlement seem absurd in times like these and would weaken the location even more.
To counteract the continuing shortage of skilled workers in the EEI, we will continue to focus on collaborations and targeted initiatives in 2025, such as a continuation of the successful #JoinTheFuture campaign, activities to make the second educational pathway, the evening HTL, more attractive, and offers for career changers. In principle, more training places and further education opportunities are needed in the STEM field in order to meet the challenges of the future, to advance digitalization and decarbonization, and to secure the necessary, highly qualified and well-paid jobs of the future.
In 2025, we are also focusing on expanding cybersecurity, working on artificial intelligence and promoting energy-efficient solutions in the areas of buildings and mobility.
Photo: FEEI