Eine Katastrophe jagt gefühlt die nächste, der Klimawandel schlägt immer stärker durch, Ressourcenknappheit sorgt für neue Konflikte, kurz: Die Welt scheint nicht mehr zu retten zu sein. Oder doch?
ABW hat darüber mit der Experimentalphysikerin und Autorin Prof. DI Dr. Ille C. Gebeshuber gesprochen.
In welchen Bereichen liegen Ihre Forschungsschwerpunkte?
Ich bin Experimentalphysikerin mit den Schwerpunkten Bionik und Nanotechnologie an der Technischen Universität Wien. Als Bionikerin lerne ich von der belebten Natur, wie wir bessere Technologien herstellen können, die dem Menschen und der Umwelt nicht schaden. Die Nanotechnologie, also die Technologie des sehr Kleinen, ist auch in der Bionik von fundamentaler Bedeutung, da viele der beeindruckenden Funktionalitäten, die wir in der belebten Natur haben, auf nanoskaligen Phänomenen beruhen und in die Technik übertragen werden können. Aber was ist eigentlich klein? Die Größenordnung, in der wir arbeiten, ist der Nanometer. Ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter
Darunter kann man sich schwer etwas vorstellen, aber der Durchmesser eines menschlichen Haares beträgt ungefähr 100.000 Nanometer; im Bereich von wenigen Nanometern sehen wir schon einzelne Moleküle. Nun haben zum Beispiel die Flügel von einigen Zikadenarten eine speziell geformte Oberfläche, die wie das Nagelbett eines Fakirs aussieht. Allerdings sind die einzelnen Nägel nur einige hundert Nanometer hoch. Wir untersuchen gerade, wie Abdrücke dieser Oberflächen rein mechanisch, also ohne potentiell giftige Chemikalien, es schaffen, Bakterien und vielleicht sogar Viren unschädlich zu machen. In diesem unvorstellbar kleinen Bereich tut sich also sehr viel, und die Ausnutzung dieses Phänomens kann langfristig sogar zu neuen keimfreien Oberflächen für die Medizintechnik führen.
Haben wir, sollte die bisherige Lebensweise der Menschheit beibehalten werden, überhaupt eine Zukunft?
Es gibt immer eine Zukunft. Und auch die bisherige Lebensweise der Menschheit muss nicht unbedingt zu einer sofortigen Katastrophe führen. Allerdings liegt es in unserer Hand, ob die Zukunft, die wir uns erträumen, nur noch für einige wenige Realität wird, oder ob wir möglichst vielen den Lebensstandard bieten, den unsere Gesellschaft im Idealfall bieten könnte. Und um letzteres zu erreichen bedarf es eines Umdenkens. Es geht hier nicht darum, dass die Reichen arm werden, sondern darum, dass die Armen reich werden, und die Reichen reicher.