Die Juristin ist Global Head of People and Culture der Erste Group und Erste Bank Österreich in Wien. Ein ABW-Interview über die vielen Facetten von HR.
Sie tragen bei der Erste Group Verantwortung für das Thema People & Culture auf Konzernebene. Was fasziniert Sie persönlich an HR und was motiviert Sie heute in Ihrer Führungsrolle?
Mich fasziniert an HR, dass sich die Anforderungen daran stark verändern und der „Tanzbereich“ immer breiter wird. Ständig beeinflussen neue Themen wie KI, Transformationsprojekte im Unternehmen, ein Auf und Ab an den Arbeitsmärkten die Art und Weise wie wir arbeiten und wie wir HR denken und tun. Dies lässt die Anforderungen an HR ständig wachsen.
Kein Tag gleicht dem anderen: HR-Themen in Österreich, in unseren Ländern in CEE, von sehr strategisch bis hochoperativ ist alles dabei. Mit und für rund 45.000 Kolleginnen und Kollegen jeden Tag mein Bestes zu geben, ist Herausforderung und Freude zugleich. Mein Kalender hat alles zu bieten: von schönen Veranstaltungen bis hin zu schwierigen Gesprächen, von HR-Strategie bis zur operativen Umsetzung. Ich liebe es!
„Wir fördern aktiv das Potential von Frauen.“
Was bedeutet für Sie „People & Culture“ im Unterschied zu klassischem Personalmanagement?
In „People und Culture“ geht es über klassische HR-Themen hinaus. Gerade jetzt in einer Zeit, in der wir Menschlichkeit und Kultur parallel zu KI, neuen Skills und neuen Anforderungen neu denken müssen. Wer in der Lage ist, in diesen Zeiten einen Beitrag zu leisten und Transformation gelingen zu lassen, ist viel gefragt. Früher hat sich HR laufend gewünscht, mit am Tisch sitzen zu dürfen, heute ist das in vielen Unternehmen selbstverständlich.
Welche strategischen Themen stehen bei Ihnen aktuell im Fokus?
Diese sind natürlich stark von der Unternehmensstrategie und -realität beeinflusst: Wir ermöglichen die Strategie der Erste durch Transformationsunterstützung, ein hervorragendes Recruiting am Arbeitsmarkt, Talent- und Skillentwicklung. Insbesondere die geplante Übernahme in Polen bedarf natürlich einer guten Vorbereitung, an der wir intensiv arbeiten.
Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Rolle von HR in den letzten Jahren verändert?
Sehr stark. Aber nur dort, wo HR den neuen Anforderungen gerecht werden kann. Wenn wir einen Beitrag und Mehrwert bei Transformation und wichtigen Business-Themen leisten können, werden wir diese Rolle auch ausfüllen können.
In einer international tätigen Bankengruppe mit über 45.000 Mitarbeitenden sind kulturelle Vielfalt und Transformation zentrale Themen. Wie gelingt es Ihnen, eine gemeinsame Wertebasis über Ländergrenzen hinweg zu schaffen?
In der Erste Group verstehen wir kulturelle Vielfalt als Stärke: Wir sind eine Bank für alle Menschen, über Ländergrenzen hinweg. Wir haben etwa gruppenweite Trainingsformate, die ein gemeinsames Verständnis für respektvolle Zusammenarbeit schaffen, unsere Werte im Alltag verankern und Handlungsempfehlungen geben. Zudem arbeiten wir eng zusammen, in einer starken Community der HR-Direktorinnen und -Direktoren in allen Ländern.
„Dass HR keine klare Seitenbegrenzung hat, schafft Möglichkeiten. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass man mit vielen Bereichen zusammenarbeitet.“
Die Erste Group ist auch für ihr gesellschaftliches Engagement bekannt. Wie verbinden Sie soziale Verantwortung und HR-Strategie – etwa beim Thema Diversität oder Inklusion?
Eine Bank für alle Menschen sein zu wollen, war bei unserer Gründung bereits ein sozialer und für heutige Verhältnisse inklusiver Gedanke. In unserer Gründungsurkunde von 1819 steht: „Kein Alter, kein Geschlecht, kein Stand, keine Nation ist von den Vorteilen ausgeschlossen, welche die Spar-Casse jedem Sparer anbietet“. Diese Haltung tragen wir heute weiter und sie ist das Versprechen hinter unserem gesellschaftlichen Engagement. Gleichzeitig heißt das, Diversität und Inklusion als Teil unserer DNA zu verstehen, die in unsere Entscheidungsprozesse einfließt. Für uns in People & Culture bedeutet das zum Beispiel nicht nur, sich zur Frauenquote zu bekennen, sondern aktiv das Potential von Frauen zu fördern, sie zu empowern, vor den Vorhang zu holen und konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, die gezielt auf Bereiche zugeschnitten sind. Damit haben wir bereits früh begonnen.
Gesellschaftliches Engagement denken wir in HR auch über die Unternehmensgrenzen hinaus, denn wir treiben erfolgreich die Finanzbildungsinitiative für Frauen „she invests“ voran. she invests vermittelt praxisnahes Finanzwissen, das gezielt auf die Lebensrealitäten von Frauen abgestimmt ist – unabhängig davon, ob sie Kundinnen der Bank sind oder nicht.
Was tun Sie konkret, um weibliche Talente in der Erste Group zu fördern?
Wir verfolgen in der Erste Group einen zweigleisigen Ansatz, um Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung gezielt zu fördern: Zum einen setzen wir auf unser Frauennetzwerk Erste Women’s Hub, das weit mehr ist als eine Plattform für Austausch und gegenseitiges Lernen. Es bietet Frauen die Möglichkeit, aktiv an Projekten mitzuwirken, innovative Ideen zu pilotieren und erfolgreiche Konzepte in die Organisation zu tragen. Ein besonders gelungenes Beispiel dafür ist „she invests“, das direkt aus dem Netzwerk heraus entstanden ist und inzwischen ein fester Bestandteil unseres Angebots ist.
Zugleich haben wir eine strukturelle Verankerung in allen wichtigen HR-Prozessen geschaffen: Im Recruiting, bei der Nachfolgeplanung, in Gehaltsprozessen, usw. Immer wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden, denn dann sieht man, ob wir unser Fairness-Versprechen auch einlösen. Wir monitoren faire Bezahlung, wir achten auf Ausgewogenheit in der Nachfolgeplanung und vieles mehr. Das ist immer noch notwendig.
Wenn Sie heute jungen Frauen einen Rat mitgeben könnten, die HR nicht nur „mitarbeiten“, sondern gestalten möchten – was würden Sie ihnen aus Ihrer Karriereperspektive mitgeben?
Such dir ein Unternehmen aus, das Freiraum bietet und dich gestalten lässt. Such dir ein Team, in dem du lernen kannst und in dem man dich wachsen lässt.
Dass HR keine klare Seitenbegrenzung hat, schafft Möglichkeiten. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass man mit vielen Bereichen zusammenarbeitet. Das schafft Sichtbarkeit, die man nutzen kann.
HR bedeutet aber auch, dass man nicht immer nur schöne Wohlfühlthemen hat. Ich schätze auch die weniger schönen, denn man prägt Kultur mit diesen mindestens genauso wie mit den glamourösen Projekten. HR ist also „the place to be“ für Macherinnen und Gestalterinnen. In kaum einem Bereich ist dein Tätigkeitsfeld so breit und vielfältig.
Foto: Erste Group/Philipp Horak