Die Geschäftsführerin der Union Investment Austria GmbH pendelt zwischen Wien, Linz, Frankfurt und Asien. Kümmert sich um den internationalen Vertrieb mit institutionellen Kunden und um ihren kleinen Sohn. Finanzwelt und Familie. Wie schafft sie das?
Wir trafen die Powerfrau bei einem Kaffee und schicken gleich voraus, dass während des Gesprächs kein Telefon für Unterbrechungen gesorgt hat und die Managerin so entspannt wirkte, als wäre sie gerade aus dem Urlaub zurückgekommen. Stress? Kein Thema für sie. Jede Krise hat sie stärker gemacht. Und sie hat einige erlebt: Finanzmarktkrise, Eurokrise, Corona-Krise. „Damals dachte ich, die Welt geht unter. Ich habe mich von der Panikmache und der allgemeinen Verunsicherung anstecken lassen“, sagt Sandra Hofer rückblickend. Beunruhigt rief sie ihre Familie an und ließ sie Lebensmittelvorräte einkaufen. Nur für alle Fälle. Was sie daraus gelernt hat? Besonnen bleiben, die Lage erst sondieren und dann einschätzen. Und: Es geht immer weiter.
Karriere mit Lehre und Studium
Aber von Anfang an. Ihre Leidenschaft für die Wirtschaft entdeckte die gebürtige Linzerin bereits in der Handelsakademie. Schnell war für sie klar: Nach der Matura muss sie in eine Bank. Gesagt, getan. Es folgte die Ausbildung bei der Landesbank Oberösterreich. Kapitalmarkt, Treasury, Aktien und Anleihen - „diese Bereiche haben mich total begeistert“. Die Dynamik und Bewegung am Geldmarkt faszinierte die junge Frau. Jeder Händler wartete damals gespannt darauf, was Alan Greenspan zu sagen hatte. Die Worte des Ökonomen und US-Notenbankchefs haben Gewicht. Entscheiden nicht selten über Aufstieg und Fall von Kursen. Sandra Hofer erinnert sich gerne daran. Auch an ihre Zeit bei der Landesbank Oberösterreich und - eine weitere Station - bei der Raiffeisenlandesbank OÖ.
Neben ihrem Job in der Finanzbranche beginnt sie an der Johannes Kepler Universität Banking- und Finanzmanagement zu studieren. Und wird bei einer Veranstaltung angesprochen. Von Führungskräften der Union Investment. Sie soll mithelfen, den österreichischen Markt aufzubauen. Sandra Hofer, damals erst 27 Jahre alt, wagt den Schritt, nimmt die neue Herausforderung an. Sie gehört zum Gründerteam.
Was mit einer Handvoll engagierter Menschen beginnt, die sich auf Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung konzentrieren, entwickelt sich rasch zu einer Erfolgsgeschichte. Wurden anfangs ausschließlich Banken, Fondsmanager und institutionelle Anleger angesprochen, sind es seit der Partnerschaft mit den österreichischen Volksbanken im Jahr 2016 auch Privatanleger, die bei der optimalen Umsetzung von Spar- und Pensionsplänen unterstützt werden. Sandra Hofers Tipp: So früh wie möglich damit beginnen! Gute Geschäftsbeziehungen bestehen auch zu Pensionskassen und betrieblichen Vorsorgekassen. „Hervorragendes Service und Kundenzufriedenheit sind uns besonders wichtig“, betont die Finanzexpertin, die sich auch für heuer wieder klare Wachstumsziele für die verschiedenen Zielgruppen gesetzt hat.
Besser ohne „Bashing“
Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ethik sind seit Jahren fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Union Investment. Zahlreiche Initiativen und gezielte Maßnahmen sorgen dafür, dass die Welt ein Stück besser wird. Von „Bashing“ hält Hofer in diesem Zusammenhang wenig. Etwa im Bereich einer klimaneutralen Wirtschaft: „Es ist schön und gut, wenn wir in Zukunft nur noch Elektroautos auf unseren Straßen haben wollen, aber wir brauchen auch die entsprechende Infrastruktur. Das Gleiche gilt für Öl und Gas. Wir können die fossilen Brennstoffe verdammen, aber wir brauchen geeignete Alternativen in entsprechender Menge. Deshalb müssen die Maßnahmen zielgerichtet sein und vernünftig begleitet werden.
Top ausgebildete Mitarbeiter
Bei der Umsetzung helfen auch junge, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Viele von ihnen arbeiten im Frankfurter Büro. In der deutschen Finanzmetropole ist die gesamte Expertise und Kompetenz der Kapitalanlage angesiedelt. Vom Klischee der arbeitsscheuen Jugend ist hier nichts zu spüren. „Die meisten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind noch keine 30 Jahre alt und so gut“, schwärmt Hofer. Trotz ihres jungen Alters hätten sie schon ausreichend Berufserfahrung, ein Studium absolviert und beherrschen mehrere Sprachen. Und: Sie sind engagiert und gehen gerne die Extrameile.
Gelebte Wertschätzung
Sandra Hofer legt Wert auf eine gute Teamkultur und Wertschätzung. Beides müsse in der DNA eines Unternehmens verankert sein, nicht nur in irgendwelchen Statuten. „Ich hatte das Glück, ausschließlich in Organisationen mit einer guten Kultur zu arbeiten. Und ich hatte immer sehr wertschätzende, aber auch fordernde Vorgesetzte. Von ihnen habe ich sehr viel gelernt und sie haben mich auch gefördert“, erinnert sich Hofer.
So sieht sie das auch mit ihren Mitarbeitern. Und sie versteht sich als Mentorin für junge Frauen. „Mir ist es sehr wichtig, sie zu motivieren und ihnen die Angst vor der Vereinbarkeit von Kind und Karriere zu nehmen.“ Sandra Hofer ist selbst erst spät Mutter geworden. Warum? Auch sie hat gezweifelt, hatte Bedenken, ob sie den Herausforderungen, der Doppelbelastung gewachsen ist. Heute ist sie überzeugt: Es geht. Aber natürlich sei es nicht immer einfach. „Es gibt so tolle, gut ausgebildete Frauen, denen möchte ich Mut machen, ihren Weg zu gehen. Als erfolgreiche Mitarbeiterinnen und Mütter.
Diversity muss auch gelebt werden
Auch die Unternehmen müssten hier umdenken. Obwohl das Thema „Diversity“ mittlerweile zu einer Art Qualitätssiegel geworden sei, wüssten viele männliche Führungskräfte immer noch nicht, dass es beispielsweise für junge Mütter sehr schwierig sei, wenn ein Meeting erst um 18 Uhr stattfinde. Hofer hofft auf einen Transformationsprozess durch moderne Arbeitsformen.
„Wenn wir das Thema Diversity leben wollen, brauchen wir die Ressourcen: junge Menschen, die den Job machen wollen. Denen muss man die passenden Organisationsformen bieten. Flexiblere Arbeitszeiten, die Möglichkeit, auch mal wegzugehen, etwa um das Kind abzuholen“, sagt Sandra Hofer, die Menschen mit Eigeninitiative schätzt. „Ich hatte nie ein Problem damit, Verantwortung zu delegieren - mit einer gewissen Rückkoppelung. Mitarbeitende brauchen ein Ziel und Prioritäten. Dann lernen sie, sich selbst zu organisieren. Lösungsorientierung ist für sie der Schlüssel zum Erfolg. „Wenn Mitarbeiter mit einem Problem zu mir kommen, frage ich sie zuerst, was sie persönlich davon halten. Welche Lösungen sie vorschlagen. Diese Punkte werten wir dann gemeinsam aus“, sagt die Managerin, die den direkten Gesprächskontakt besonders schätzt. Und was rät sie Frauen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen? „Mutig sein und ausprobieren. Nicht denken, dass man etwas nicht schafft. Ich hatte nie das Karriereziel, Führungskraft zu werden, ich wollte einfach selbstbestimmt und eigenverantwortlich Dinge umsetzen. Und niemals daran zweifeln, dass man eine Aufgabe nicht schafft. Setzt euch keine Grenzen und bleibt immer mutig und authentisch."
Foto: Robert Polster