Mag. Madeleine Bauer-Eder. Sie ist CHRO und Teil der Geschäftsführung von IBM Österreich. Im ABW-Interview spricht sie über KI als Partner im HR, lebenslanges Lernen und warum Mut für junge Frauen wichtiger ist als Perfektion.
Sie sind nicht nur CHRO, sondern auch Teil der Geschäftsführung von IBM Österreich. Was hat Sie ursprünglich zur HR geführt und was begeistert Sie heute an der Schnittstelle zwischen Strategie, Menschen und Technologie?
Ich habe meine Karriere im Consulting begonnen, vor allem im IT-Umfeld – erste Berührungspunkte mit HR ergaben sich eher am Rande, etwa durch Benchmarking-Aufträge. Nach einer internationalen Rolle hat mir mein damaliger Mentor die Frage gestellt: „Wenn alles möglich wäre – welchen Job würdest du gerne machen?“ Für mich war sofort klar: die HR-Partnerrolle. Mich hat schon damals fasziniert, wie wir Rahmenbedingungen schaffen können, in denen Menschen und Organisationen gleichermaßen wachsen – eine echte Gestaltungsaufgabe.
Heute begeistert mich besonders, wie zentral HR inzwischen in der Unternehmensstrategie verankert ist. Wir schlagen die Brücke zwischen Business-Zielen und den Talenten, die sie umsetzen – und nutzen Technologien wie KI gezielt, um diesen Prozess zu unterstützen. Gerade an dieser Schnittstelle von Menschen, Strategie und Technologie sehe ich enormes Potenzial, Arbeit nicht nur effizienter, sondern gleichzeitig menschlicher zu gestalten.
IBM ist weltweit ein Synonym für digitale Transformation. Wie verändert diese technologische Entwicklung konkret die Arbeit im HR-Bereich?
HR wird nicht länger als reine Supportfunktion gesehen, sondern als Treiberin der Transformation. KI und Automatisierung haben uns geholfen, Routineaufgaben massiv zu vereinfachen: Bei IBM werden heute rund 94 Prozent aller Standard-HR-Anfragen von unserem digitalen KI-Assistenten ‚AskHR‘ beantwortet. Das verschafft uns Freiräume für das Wesentliche – Führungskräfte zu beraten, Talente zu entwickeln und die Kultur zu gestalten.
Digitale Transformation bedeutet im HR also nicht weniger Menschlichkeit, sondern im Gegenteil: mehr Raum für echte Interaktion.
„Wir sind davon überzeugt, dass Vielfalt Innovation antreibt. Deshalb setzen wir auf Programme, die Mädchen und junge Frauen früh für Technologie begeistern.“
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in Ihrer HR-Arbeit – etwa im Recruiting, in der Weiterbildung oder beim Talentmanagement?
Eine sehr zentrale. KI unterstützt uns entlang des gesamten Employee Life Cycle – von Recruiting und Onboarding bis Weiterbildung und Karriereplanung. Wichtig ist uns der Ansatz der Human Friendly Automation: KI soll Menschen nicht ersetzen, sondern befähigen.
Im Recruiting nutzen wir KI, um Bewerbungen schneller zu sichten und objektiver zu bewerten – die finale Entscheidung trifft aber immer ein Mensch. In der Weiterbildung ermöglicht uns unsere KI-gestützte Plattform YourLearning, individuelle Lernpfade basierend auf Skills und Interessen zu gestalten.
Im Talentmanagement setzen wir mit unserer Plattform YourCareer auf Transparenz: Mitarbeitende sehen, welche Entwicklungsmöglichkeiten und nächsten Karriereschritte für sie offenstehen. KI analysiert dazu Skills, Präferenzen und Unternehmensbedarfe – so entsteht eine datenbasierte Grundlage, die Mitarbeitende aktiv unterstützt und Führungskräfte gezielt beraten kann. So wird Technologie zu einem echten Partner, der den Menschen stärkt.
Sie bewegen sich in einem internationalen Konzern, agieren aber mit starkem Fokus auf den österreichischen Markt. Welche lokalen HR-Themen stehen bei Ihnen derzeit besonders im Vordergrund?
Heute haben viele Skills nur noch eine Halbwertszeit von drei bis fünf Jahren – das verändert die gesamte Logik von Arbeit. Für uns in Österreich heißt das: Talente für Zukunftsfelder zu gewinnen, zu entwickeln und langfristig zu halten. Besonders wichtig ist mir dabei, noch mehr Frauen und Männer für Tech-Berufe zu begeistern.
Ein zweites großes Thema ist die hybride Arbeit. Nähe und Zusammenhalt entstehen hier nicht automatisch, deshalb setzen wir auf Mikroteams, die ihre Zusammenarbeit selbst gestalten und dadurch Eigenverantwortung, Verbundenheit und Innovationskraft fördern.
Und schließlich: lebenslanges Lernen. Wenn Skills so schnell an Relevanz verlieren, muss Weiterbildung Teil der Kultur sein – nur so bleiben Menschen und Unternehmen zukunftsfähig.
„Für mich heißt modernes HR, konsequent menschenzentriert zu denken.“
Wie gelingt es IBM, als Tech-Konzern auch weibliche Talente für Fach- und Führungsrollen zu gewinnen?
Wir sind davon überzeugt, dass Vielfalt Innovation antreibt. Deshalb setzen wir auf Programme, die Mädchen und junge Frauen früh für Technologie begeistern – etwa durch Mentoring, Coding-Workshops oder Kooperationen mit Schulen und Universitäten. Besonders freut mich, dass unser Töchtertag dieses Jahr so ein Erfolg war und so viele Schülerinnen mit großer Begeisterung dabei waren.
Intern achten wir darauf, dass Frauen gezielt in Talent- und Nachfolgeprogramme aufgenommen werden. Und wir machen Rollenmodelle sichtbar: Wenn junge Kolleginnen sehen, dass Frauen bei IBM zentrale Führungspositionen übernehmen und Technik gestalten, ist das inspirierend und ermutigend zugleich.
Was bedeutet für Sie modernes HR-Management – jenseits von Buzzwords wie New Work, Agilität oder Resilienz?
Für mich heißt modernes HR, konsequent menschenzentriert zu denken. Technologie ist dabei ein Hebel, aber kein Selbstzweck. Es geht darum, Mitarbeitenden Orientierung zu geben, Potenziale zu entfalten und eine Kultur zu fördern, in der Vertrauen, Transparenz und Empathie genauso wichtig sind wie Effizienz.
Am Ende zählt, ob HR dazu beiträgt, dass Menschen Sinn in ihrer Arbeit finden, gefördert werden – und dadurch das Unternehmen erfolgreich machen.
„HR wird nicht länger als reine Supportfunktion gesehen, sondern als Treiberin der Transformation.“
Welche Ratschläge würden Sie jungen Frauen geben, die eine Karriere im Human Resources Bereich starten möchten?
Seid neugierig und offen für Neues! HR entwickelt sich rasant – von einer administrativen Funktion hin zu einer der strategisch wichtigsten im Unternehmen. Baut euch früh technologische Kompetenzen auf, bleibt aber immer nah an den Menschen.
Mein zweiter Rat: Sucht euch Mentorinnen oder Mentoren, die euch fordern und fördern. Und drittens: Habt den Mut, eure Perspektiven einzubringen und kritische Fragen zu stellen. Gerade, wenn ihr neu im Unternehmen seid, habt ihr einen frischen Blick, der unglaublich wertvoll ist.
Was ich jungen Frauen besonders mitgeben möchte: Wartet nicht darauf, alles perfekt zu können. Oft wächst man gerade dann, wenn man sich eine Aufgabe zutraut, die zunächst zu groß erscheint. Diese Schritte zu wagen, macht eine Karriere spannend – und prägt gleichzeitig die Organisation positiv.
Foto: Sabine Klimpt
 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				 
				