Mag. (FH) Alexandra Vetrovsky-Brychta, Präsidentin des Dialog Marketing Verbands Österreich (DMVÖ), über die Neudefinition des Dialogmarketings und die Fallstricke datengetriebener Strategien.
Der DMVÖ hat 2025 gemeinsam mit seinen Pendants in Deutschland und der Schweiz eine neue Definition für Dialogmarketing präsentiert: „individuelle, orchestrierte, wertstiftende und handlungsauslösende Kommunikation über verschiedene On- und Offline-Kanäle“. Wie verändert diese Formulierung die strategische Ausrichtung von Marken und wie schaffen Sie es, diese Prinzipien in der Praxis zu implementieren?
Diese vier Bausteine – individuell, orchestriert, wertstiftend und handlungsauslösend – bilden die Grundlage des Marketings von heute. Ohne Personalisierung, Relevanz und einen konkreten Call-to-Action verliert man das Spiel um die Aufmerksamkeit. Die Marke ist dabei die übergeordnete Klammer, die den Angebotsrahmen definiert und für konsistente und nachhaltige Kommunikation sorgt. Der DMVÖ unterstützt seine Mitglieder in der Praxis mit Weiterbildungsangeboten und Studienergebnissen zu diesen vier Bausteinen, um exzellentes, datengetriebenes Marketing zu ermöglichen.
„KI-Agenten werden zunehmend zu Gatekeepern und Sichtbarkeit wird neu definiert.“
Sie betonen, dass die größte Herausforderung nicht Technik, sondern fehlendes Know‑how und unzureichende Prozesse im datengetriebenen Marketing ist. Welche konkreten Schritte unternimmt der DMVÖ, um die Kompetenzbasis österreichischer Unternehmen in Bezug auf KI, Datenschutz sowie Marketing-Automation nachhaltig zu stärken?
Ein Tool kann niemals Probleme lösen, sondern allenfalls dabei unterstützen. Daher müssen immer auch die dahinterstehenden Prozesse oder Use Cases betrachtet werden. Ich würde fehlendes Know-how daher nicht unbedingt als größte Herausforderung sehen, sondern eher das Erwartungsmanagement in Bezug auf die Entscheiderebene. Generell unterstützen wir unsere Mitglieder mit Wissensvermittlung zu diesem Thema in den unterschiedlichsten Formaten.
Wir bieten beispielsweise unsere monatlichen Online-Talks zum Thema Data Compliance oder Workshops zur Umsetzung von Themen wie der KI-Kompetenzschulung an. Und natürlich gibt es auch eine eigene Konferenz für Marketing Automation: den Marketing Automation Day. Dieser findet dieses Jahr Ende September statt. Bei allen Formaten steht die Vermittlung konkreter Handlungsempfehlungen durch Experten aus der Praxis im Vordergrund. Damit ist sichergestellt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit sofort nutzbaren Tipps ausgestattet werden, um die täglichen Herausforderungen des datengetriebenen Marketings zu meistern.
„Die reine Wissensvermittlung zu aktuellen Themen funktioniert wunderbar digital.“
Laut DMVÖ-Studie erwarten 70 Prozent der B2B-Marketer, dass KI künftig die Generierung von Leads dominieren wird – birgt das mehr Chancen oder Risiken? Und wie lässt sich Ihr Data-Driven-Ansatz so einsetzen, dass er nicht in Datenschutzkonflikte abgleitet?
Ehrlich gesagt, traue ich mich nicht, diese Frage zu beantworten. Wir stehen hier noch ganz am Anfang. Fakt ist jedoch, dass sich die Art und Weise der Leadgenerierung bereits geändert hat. KI-Agenten werden zunehmend zu Gatekeepern und Sichtbarkeit wird neu definiert. Die SEO-Regeln von heute sind morgen bereits anders, weshalb jeder Werbetreibende gefordert ist, seine Content- und Datenstrategie anzupassen.
Denn je mehr KI-Agenten auf die Angebote zugreifen, desto weniger User tun dies und desto weniger Daten stehen zur Verfügung. Es braucht alternative Strategien, zum Beispiel, das Markenmanagement wieder stärker in den Fokus zu stellen, um die eigene Marke bei der Zielgruppe möglichst konsistent und nachhaltig zu platzieren und „Top of Mind“ zu werden. Ich persönlich möchte das positiv sehen und als Chance nutzen. Aber eines ist klar: Beschäftigt man sich nicht bereits jetzt damit, dann ist es definitiv ein Risiko.
Unter Ihrer Leitung werden Formate wie „Marketing Automation Day“, „Let’s Talk About Data“ und Social-Influencer-Events etabliert. Wie bewerten Sie den Impact dieser Veranstaltungen und welche Rolle spielt Networking heute im Vergleich zu rein digital vermitteltem Wissen?
Diese drei Präsenzformate zeigen ganz klar die Wichtigkeit des persönlichen Austauschs. Die reine Wissensvermittlung zu aktuellen Themen funktioniert wunderbar digital. Wir haben gelernt, alles, was Schulungscharakter hat, online abzuhalten. Wenn man jedoch auch den Austausch zwischen Mitgliedern oder zwischen Dienstleistern und Auftraggebern aus der Werbebranche ermöglichen möchte, dann braucht es ein Format vor Ort. Die drei genannten Beispiele zeigen genau das, denn diese Formate leben vom Austausch zwischen bzw. nach den Vorträgen.
„Wir brauchen Impulse zur Lösung des Fachkräftemangels, denn jede unbesetzte Stelle hindert die heimische Werbebranche am Wachstum.“
Was wären aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten politischen oder regulatorischen Weichenstellungen, die Österreichs Marketing- und Medienlandschaft 2025 stärken können? Wie kann der DMVÖ dabei seine Rolle als Impulsgeber ausbauen?
An erster Stelle steht für uns ganz klar die Umsetzung des AI-Acts. Die Behörde muss im August einsatzbereit sein und über die nötigen Kompetenzen und Mittel verfügen. Es darf nicht der gleiche Fehler wie bei der Datenschutzbehörde passieren, bei der die Mittel zu Beginn zu gering waren, wodurch Verfahren lange anhängig waren.
An zweiter Stelle sehen wir eindeutig die Förderung des heimischen Standorts. Hier ist Vorbildwirkung vonseiten der Politik gefragt, um die datengetriebenen Werbespendings im Land zu halten. Selbstverständlich kann man nicht gänzlich auf die Angebote der Digital Giants verzichten, aber Werbeausgaben sowie die Anschaffung von Tools oder die Beauftragung von Agenturen sollten nach dem Prinzip „Austria first“ erfolgen.
Zu guter Letzt braucht es Impulse zur Lösung des Fachkräftemangels, denn jede unbesetzte Stelle hindert die heimische Werbebranche am Wachstum. Gerade hier ist der DMVÖ ein verlässlicher Partner, der Kompetenzschulungen zu den Themen KI und digitale Barrierefreiheit anbietet, und steht Politik und Verwaltung als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung.
Foto: CELUM