Interviews

Im ABW-Interview verrät die Politikerin, wie Wien im Vorjahr trotz wirtschaftlicher Herausforderungen das höchste Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum Österreichs erzielen konnte. 

 

Wie soll das Wirtschaftswachstum angekurbelt und gleichzeitig die Staatsverschuldung abgebaut werden? 

Die positive Wirkung einer Politik mit Herz und Hirn hat Wien im vergangenen Jahr gezeigt. Im direkten Bundesländervergleich erzielt Wien das höchste Wirtschaftswachstum, den stärksten Beschäftigungsanstieg und war somit der robusteste Wirtschaftsstandort. 

Während österreichweit die Wirtschaft 2023 um -0,8 Prozent schrumpfte, erwirtschaftete Wien mit + 0,3 Prozent das höchste Wachstum - mit einem positiven Effekt auf die Beschäftigungszahlen. Der Beschäftigungszuwachs war in Wien mit 1,9 Prozent am höchsten. Mit 925.000 Beschäftigten wurde im November 2023 ein historisches Allzeithoch erreicht. 

Einer der ausgewiesenen Faktoren dafür sind die Investitionen des öffentlichen Sektors. Das bestätigte auch WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr. Laut ihm haben etwa die Investitionen der Wien Energie in den vergangenen fünf Jahren rund 10.000 neue Arbeitsplätze geschaffen und so maßgeblich zur Steigerung der Wertschöpfung Wiens beigetragen.  

Das unterstreicht einmal mehr, dass bei Investitionen nicht reflexartig die Frage „Was kostet das?“ im Vordergrund stehen sollte, sondern die Frage „Was bringt es?“.  Denn wie das von Felbermayr angeführte Beispiel zeigt, bringt jeder investierte Euro in die Wirtschaft und den Standort einen vielfachen Mehrwert – in diesem Fall für die Wienerinnen und Wiener.

Mit Blick auf die Staatsverschuldung braucht es keinen Spagat, also ein Entweder - Oder. Denn wie die Wirtschaftsdaten für Wien belegen, benötigte es gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine kraftvolle öffentliche Hand, die den Standort stärkt und Wachstum ermöglicht. Das Festhalten an der sogenannten schwarzen Null und den damit verbundenen deutlich geringeren Investitionen ist sehr kurzfristig gedacht. 

Aber natürlich, wirtschaftspolitische Entscheidungen sind immer Richtungsentscheidungen. Die grundlegenden Fragen sind: Was will ich bewirken und für wen? Wir in Wien haben uns klar für eine Richtung entschieden – eine sozialorientierte Wirtschaftspolitik, also eine Wirtschaftspolitik, die Wohlstand sichert, Stabilität garantiert und Sicherheit für die Vielen bietet. 

Trotz vieler Fortschritte bestehen weiterhin erhebliche Ungleichheiten, besonders in der Arbeitswelt. Welche spezifischen Maßnahmen planen Sie, um die Geschlechtergleichstellung voranzutreiben und soziale Gerechtigkeit sicherzustellen?

Es geht grundsätzlich um die Frage in welcher Gesellschaft wir leben möchten - einer gleichberechtigten oder einer diskriminierenden. Einer Gesellschaft, in der sich Frauen aktiv in Entscheidungsprozesse einbringen und die Politik in ihrem Sinne mitgestalten, weil sie die Zeit und die Energie dafür haben. Oder in einer Gesellschaft, die toleriert, dass Frauen durch Mehrfachbelastungen aus unselbständigen Arbeitsverhältnissen und Betreuungsarbeit in der Familie – für Kinder bis zu den betagten Eltern – von der aktiven Mitgestaltung ausgeschlossen werden.

Was es aus meiner Sicht braucht, ist ein Mehr vom Leben für alle Frauen – in jungen Jahren wie im Alter. Es geht um eine gleiche Verteilung der vorhandenen Arbeit – der bezahlten wie unbezahlten – zwischen Frauen und Männern. Das bedeutet, dass Frauen gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Dass Frauen, nicht mehr aufgrund ungleicher Verteilung von Betreuungsleistung und fehlender Kinder- sowie Pflegeplätzen, ein Erwerbsleben lang in der Teilzeitfalle hängen bleiben und im Alter von einer Pension an der Armutsgrenze leben müssen.

Nur so wird es Frauen von ihren jungen Jahren bis in ihr hohes Alter ermöglicht ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben zu führen. Denn wir arbeiten, um zu leben und leben nicht, um zu arbeiten. Aktuell kommt es daher schon fast einer Ironie gleich, wenn Arbeitgeber ihren weiblichen Mitarbeiterinnen oftmals das Recht auf Erhöhung der Wochenarbeitszeit verwehren und gleichzeitig von der Erhöhung der Normalarbeitszeit auf 41 Wochenstunden träumen. 

Welche Reformen im Steuersystem sind Ihrer Meinung nach notwendig, um faire Bedingungen für alle zu gewährleisten und gleichzeitig Leistungsbereitschaft und Innovation zu fördern?

Wie schon zuvor gesagt, auch beim Steuersystem geht es um die Frage der Perspektive und was unter effizient und gerecht verstanden wird. Effizient kann bedeuten, dass ich mein großes Vermögen steuerschonend anlege. Gerecht kann bedeuten, dass steuergesetzlich verankert ist, dass der Steuersatz auf Kapitalzuwächse rund die Hälfte weniger ist als jener auf die unselbständige Arbeit und Pensionen. 

Und ja, es ist wie zuvor die Frage nach dem Österreich, in dem wir leben wollen: einem sozialen Österreich, in dem der Beitrag zum Wohlstand nur auf den Schultern der breiten Masse der unselbständig Arbeitenden gestemmt wird. Denn die Steuerbeiträge ins Budget, haben sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter weg vom Faktor Kapital, hin zum Faktor Arbeit verschoben. Heute erwirtschaften mehr als 80 Prozent des Steuer- und Abgabenaufkommens Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Pensionisten und Pensionistinnen sowie Konsumenten und Konsumentinnen. 

Große Vermögen – damit sind nicht jene Vermögen gemeint, die ein Grundstück und ein Einfamilienhaus oder etwa ein kleines Weingut umfassen - tragen hingegen nur magere 1,5 Prozent zum Steueraufkommen bei. Denn die Steueroptimierungsmöglichkeiten bieten großen Vermögen zusätzlich einen großen Spielraum.

Dem österreichischen Staat entgehen dadurch rund 12 bis 15 Milliarden Euro. Ist das effizient und gerecht? Für die großen Vermögen sicherlich, da steuerschonend. Für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die mit ihrer Arbeitsleistung den Gewinn der Unternehmen erwirtschaften, nicht. Für sie braucht es keine weiteren Anreize für noch höhere Leistung. Was es braucht, ist der Beitrag der großen Vermögen, die alle öffentlichen Angebote wie die medizinische Versorgung, Klimaschutz, Bildung oder Straßen mitnutzen, aber kaum dazu beitragen. Das wäre aus Perspektive der vielen, täglich hart arbeitenden Menschen in Österreich nicht nur effizient, sondern vor allem effektiv. 

Foto: Minitta Kandlbauer

So will Andrea Haselwanter-Schneider die Inflation bekämpfen und die heimische Wirtschaft durch nachhaltige Maßnahmen stärken.

 

Ein zentraler Punkt, um die heimische Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen, ist für Andrea Haselwanter-Schneider die Bekämpfung der hohen Inflation. „Während andere EU-Staaten niedrigere Inflationsraten aufweisen, hat die österreichische Bundesregierung mit massiven finanziellen Mitteln den Preisauftrieb weiter angeheizt. Um die Inflation wirksam zu bekämpfen, müssen die Preissteigerungen dort angegangen werden, wo sie entstehen. Dazu gehören Preisobergrenzen für Gas, Strom und Mieten sowie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Diese Maßnahmen wurden in anderen Ländern erfolgreich umgesetzt, während in Österreich nur zögerlich oder teilweise reagiert wurde. Wirtschaftswachstum kann durch die Erhöhung der Kaufkraft der Menschen, durch nachhaltige Systemveränderungen und nicht durch kurzfristige Finanzspritzen erreicht werden“, so die Politikerin.

Auch ein effizientes Steuersystem und die Förderung individueller Leistung sind für sie wesentliche Aspekte einer gesunden Wirtschaft. „Als Oppositionspartei setzen wir uns dafür ein, dass Steuergelder sparsam und zielgerichtet eingesetzt werden. Oft werden Steuergelder für Prestigeprojekte verschwendet, die besser für notwendige Projekte eingesetzt werden sollten. Ein effizientes Steuersystem beginnt mit einer sinnvollen Ausgabenseite“, so Haselwanter-Schneider. Mit der teilweisen Abschaffung der kalten Progression sei ein erster Schritt zur Entlastung der Menschen gesetzt worden. Weitere Entlastungsmaßnahmen seien aber notwendig. Die Bundesregierung müsse in den kommenden Jahren zusätzliche Anreize setzen, um die Menschen weiter zu entlasten und damit faire Bedingungen und Leistungsanreize für Unternehmen und Einzelpersonen zu schaffen.  

Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Haselwanter-Schneider spricht sich klar für eine moderne Familienpolitik aus. Diese müsse es Frauen ermöglichen, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, insbesondere angesichts der finanziellen Notlage vieler Familien und Alleinerziehender. Eine ganztägige und ganzjährige Kinderbetreuung habe daher höchste Priorität.

Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft könnten durch eine nachhaltige Bildungspolitik verbessert werden. Bildung, Ausbildung und Weiterbildung seien unerlässlich, um allen Menschen eine aktive Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Notwendig seien moderne Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Studien-, Aus- und Weiterbildungsangebote, die auf die Bedürfnisse der Menschen und die Herausforderungen der Zukunft zugeschnitten sind.

Foto: Liste Fritz

Für Beate Meinl-Reisinger ist es Aufgabe der Politik, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Wirtschaft gedeihen und wachsen kann.

 

Mit welchen Maßnahmen kann das Wirtschaftswachstum wieder angekurbelt und die Staatsverschuldung reduziert werden? 

Zunächst ist festzuhalten, dass Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat. Auch diese Bundesregierung hat hier völlig falsch gehandelt. Im Jahr 2023 wurden wieder Steuergelder in Rekordhöhe ausgegeben. 

Wir NEOS erheben Jahr für Jahr die sogenannte Zukunftsquote des Budgets, also jenen Anteil der Bundesausgaben, der Investitionen in die Zukunft darstellt. Dabei zeigt sich, dass nur jeder fünfte ausgegebene Euro in echte Zukunftsinvestitionen wie Bildung und Kinderbetreuung, aber auch Infrastruktur oder Energiewende fließt. Im Gegenzug steigen die Zinszahlungen für die Staatsschulden massiv an und die Zuschüsse zur Finanzierung der Pensionslücke im Umlageverfahren explodieren.

Notwendig sind dringend notwendige, aber harte Reformen, die mehr Investitionen in Zukunftsbereiche wie Bildung und Forschung ermöglichen, etwa im Föderalismus. Um den Menschen wieder mehr Netto vom Brutto zu garantieren, habe ich die „Mission 40“ ausgerufen: Die Steuer- und Abgabenquote muss auf 40 Prozent sinken, damit sich die Menschen wieder etwas aufbauen können. Dazu gehört auch die dringend notwendige Senkung der Lohnnebenkosten.

Welche Änderungen im Steuersystem sind nötig, um einerseits faire Bedingungen für alle zu schaffen und andererseits Leistungsbereitschaft und Innovation zu fördern? 

Die Steuer- und Abgabenlast muss insgesamt sinken. Aufstieg bedeutet auch, dass man von seinem Arbeitseinkommen etwas sparen und damit Vermögen aufbauen kann. Die hohe Abgabenbelastung verhindert dies. Würde man die Steuer- und Abgabenbelastung von Mitte der 70er Jahre auf heute übertragen, blieben einer Ärztin mit einem Einkommen an der Höchstbeitragsgrundlage 15.000 Euro netto mehr im Jahr. Das sind mehr als 1.000 Euro im Monat - genau das, was diese Ärztin unter Umständen braucht, um einen Kredit aufzunehmen, um für sich und ihre Kinder etwas aufzubauen. 

Die Menschen in Österreich zahlen nicht zu knapp Steuern und Abgaben: 2022 hatte Österreich die dritthöchste Abgabenquote in der EU. Nur in Frankreich und Belgien musste mehr an den Staat abgeführt werden. Die Staatseinnahmen sprudeln also, die Staatsausgaben explodieren. Dabei ist klar: Mehr Netto vom Brutto ist der Schlüssel für mehr Chancen, aus eigener Kraft etwas aufzubauen. 

Noch mehr aus den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern herauszupressen, ist der falsche Ansatz. Die Politik muss endlich wieder ein Umfeld schaffen, in dem die Wirtschaft gedeihen und wachsen kann. Bevor wir also über weitere Belastungen nachdenken, sollten wir unser Augenmerk auf die Effizienz und die Struktur unserer Staatsausgaben richten. Wir brauchen eine Staatsreform. Es ist an der Zeit, alte Subventionen zu entrümpeln, ineffiziente Strukturen zu überdenken und mutig in die Zukunft zu blicken.

Welche Maßnahmen müssen gesetzt werden, um die Gleichstellung der Geschlechter weiter zu fördern und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten? 

Woran wir in Österreich arbeiten müssen, ist das verstaubte Rollenbild, das immer noch vorherrscht. Frauen arbeiten in Österreich nach wie vor wesentlich häufiger Teilzeit als Männer. Ohne bessere Rahmenbedingungen, wie z.B. flächendeckende und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, gerade auch für die Kleinsten, wird der Druck auf Frauen ebenso groß bleiben wie der Gender Pay Gap. 

Die Lösungen müssen vielschichtig sein: Einerseits geht es darum, alle Menschen durch bessere Bildung und lebenslanges Lernen besser für den Beruf zu qualifizieren, andererseits sollten vor allem Frauen durch ausreichend qualitätsvolle Kinderbetreuungsplätze den Freiraum bekommen, auch mehr arbeiten zu können.

Stichwort „Politikverdrossenheit“: Wie motivieren Sie Menschen, sich politisch zu engagieren und zur Nationalratswahl zu gehen? 

Auch wenn es banal klingt: Durch Gespräche. Die Menschen, die ich auf der Straße treffe, verstehen alle, dass wir an einem kritischen Punkt sind. Man muss die Leute aufrütteln und sagen: Seht ihr nicht, was gerade passiert und was auf dem Spiel steht? Autoritarismus kommt nicht von heute auf morgen. Es sind stete Tropfen, die das Fundament der liberalen Demokratie, auf dem wir stehen, aushöhlen. Dem müssen sich alle aufrechten Demokratinnen und Demokraten entgegenstellen.

Ich habe volles Verständnis dafür, bei Wahlen die Regierenden mit dem größten Boxhandschuh zu bestrafen, also Extreme und Protestparteien zu wählen. Aber daneben gibt es auch uns NEOS. Ein Boxhandschuh gegen das verstaubte, strukturell korrupte politische System. Wir haben aber auch eine Vision. Österreich braucht eine Kraft, die mit Energie und Tatkraft gemeinsam Lösungen für die Zukunft liefert. Dafür stehen wir NEOS.

Foto:Parlamentsdirektion/PHOTO SIMONIS

Als Chief Insurance Officer der BAWAG Versicherung kennt sie sich nicht nur mit Zahlen aus, sondern weiß auch, warum Diversity, Chancengleichheit und Inklusion ein Innovations- und Wettbewerbsvorteil sind. 

 

Roswitha Hönigspergers Mission ist klar: Sie will gemeinsam das Geschäftsmodell der Bankenversicherung für die Kunden und Eigentümer der Generali und BAWAG mit tragfähigen Produktlösungen und effizienten Prozessen zukunftssicher weiterentwickeln. Und sie ist stolz darauf, Teil eines starken Teams zu sein, mit dem sie sich auch großen Herausforderungen stellt. Zum Beispiel das makroökonomische Umfeld.

„Dieses ist geprägt von steigenden Zinsen, Kaufkraftverlusten und hoher Inflation. Der Absatz von Risikolebensversicherungen korrespondiert im Wesentlichen mit dem Kreditgeschäft der BAWAG Bank - sowohl bei Konsum- als auch bei Wohnbaukrediten. Das Zinsumfeld sowie neue Kreditvergaberichtlinien erschweren den Absatz von Krediten. Diesem Umfeld begegnen wir mit bedarfsgerechten Produktlösungen, die wir genau auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden abstimmen“, so Hönigsperger.  So wurde 2023 die Produktpalette in der Risikolebensversicherung und der fondsgebundenen Lebensversicherung erweitert.

„Die Tarife unserer innovativen PremiumSelection Vorsorge zeichnen sich durch besondere Flexibilität aus. Unsere Kundinnen und Kunden können zwischen ausgewählten nachhaltigen Best-in-Class-Fonds sowie exklusiv für sie entwickelten Dachfondslösungen wählen“, so die Vorstandsdirektorin.

Prozesse werden vereinfacht

Die Strategie der BAWAG Versicherung baut auf jener der Generali Group „Lifetime Partner 24: Driving Growth“ auf. „Gleichzeitig ist sie entsprechend den strategischen Anforderungen unserer Vertriebspartnerin, der BAWAG Bank, ausgerichtet. Im Sinne einer lebenslangen Partnerschaft setzen wir auf ein erstklassiges Kundenerlebnis, eine starke finanzielle Performance sowie eine positive soziale und ökologische Wirkung. All dies erreichen wir dank unserer engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Profitables Wachstum, Kundenorientierung und Innovation sind die drei Säulen unserer Strategie. Wir sind ein starker, verlässlicher, krisenfester und zukunftsorientierter Lifetime Partner für unsere Stakeholder“.

Prozesse werden vereinfacht, um die Kundenorientierung weiter zu verbessern. Dies geschieht auch mit Hilfe von Digitalisierung, künstlicher Intelligenz und Automatisierung, die in allen Unternehmensbereichen der BAWAG Versicherung verstärkt zum Einsatz kommen. Ein wesentlicher Treiber ist das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit. „Wir denken und handeln langfristig“, so Hönigsperger.

Um eine bedarfsorientierte Kundenberatung zu gewährleisten, wird auf die Digitalisierung mittels geführter Antragsstrecken gesetzt. Damit wird sowohl den Kundinnen und Kunden als auch den Vermittlerinnen und Vermittlern eine optimale Unterstützung geboten. Zusätzlich können Kundinnen und Kunden digitale Services über das BAWAG Insurance Kundenportal nutzen.

Mögliche Risiken werden im Blick behalten

Das Risikomanagement der BAWAG Versicherung ist in das konzernweit organisierte Risikomanagement der Generali eingebettet. Grundsätze, Ziele und wesentliche Vorgaben sind in entsprechenden Leit- und Richtlinien festgelegt. Die Governance-Funktionen berichten regelmäßig an den Gesamtvorstand und den Aufsichtsrat. Mögliche Risiken werden laufend beobachtet, identifiziert, bewertet und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Das Kontrollsystem entspricht dem Prinzip der „Three Lines Of Defense“ und damit höchsten Compliance-Standards.  

Hohe Umwelt- und Sozialstandards

Die Generali Group, zu der auch die BAWAG Versicherung gehört, integriert Nachhaltigkeit in alle ihre Aktivitäten. Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Strategie „Lifetime Partner 24: Driving Growth“. „Als verantwortungsbewusstes Versicherungsunternehmen und attraktive Arbeitgeberin setzen wir uns für eine widerstandsfähigere und gerechtere Gesellschaft ein.“

Corporate Social Responsibility wird durch zahlreiche Initiativen in den Bereichen Ökonomie, soziales und gesellschaftliches Engagement sowie Ökologie gelebt. „Unser Verhaltenskodex stellt sicher, dass die Grundwerte der Generali Group im operativen Geschäft und im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen, Kunden, Aktionären, Auftragnehmern und anderen Stakeholdern respektiert und umfassend umgesetzt werden. Alle Unternehmen der Generali Group sind verpflichtet, die hohen Umwelt- und Sozialstandards zu erfüllen und den Verhaltenskodex sowie wesentliche nationale und internationale Standards einzuhalten“, so die Managerin.

Frauenförderung & Weiterbildung

Diversität, Gleichstellung und Inklusion sind ebenfalls wichtig. Ziel ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder Mensch wertgeschätzt fühlt. Hönigsperger: Wir fördern Initiativen wie generationenübergreifendes Mentoring oder interkulturelle Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, stehen Talentmanagement-Programme im Fokus.

Sie ermöglichen eine gezielte Nachfolgeplanung. Regelmäßige Frauen-Netzwerktreffen stärken die Vernetzung untereinander. Wir verstehen Diversity, Chancengleichheit und Inklusion als echten Innovations- und Wettbewerbsvorteil und als Investition in eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft. Die Förderung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist uns sehr wichtig. Durch kontinuierliche Weiterbildungsangebote stellen wir sicher, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem herausfordernden Marktumfeld voller Veränderungen wettbewerbsfähig bleiben. Familienfreundliche Arbeitsbedingungen sind ein weiterer wichtiger Bestandteil unserer Unternehmenskultur.“

Lernen von jungen Mitarbeitern

Und was hat sich die Versicherungsmathematikerin für dieses Jahr vorgenommen? „Ich möchte gemeinsam mit meinem Team der BAWAG Versicherung das herausfordernde Marktumfeld erfolgreich meistern, damit wir weiterhin eine verlässliche Partnerin für unsere Kundinnen und Kunden sind und so unseren Beitrag für eine sichere Zukunft leisten können. Ich freue mich auch sehr, dass ich 2024 im Rahmen unserer Diversity, Equity & Inclusion Initiativen aktiv an einigen Aktivitäten teilnehmen und dabei viel von unseren jungen Kolleginnen und Kollegen lernen kann. Es ist mir sehr wichtig, auch in diesem Bereich meinen persönlichen Beitrag zu leisten.“

Foto: Lukas Lorenz

Die Geschäftsführerin der Union Investment Austria GmbH pendelt zwischen Wien, Linz, Frankfurt und Asien. Kümmert sich um den internationalen Vertrieb mit institutionellen Kunden und um ihren kleinen Sohn. Finanzwelt und Familie. Wie schafft sie das? 

 

Wir trafen die Powerfrau bei einem Kaffee und schicken gleich voraus, dass während des Gesprächs kein Telefon für Unterbrechungen gesorgt hat und die Managerin so entspannt wirkte, als wäre sie gerade aus dem Urlaub zurückgekommen. Stress? Kein Thema für sie. Jede Krise hat sie stärker gemacht. Und sie hat einige erlebt: Finanzmarktkrise, Eurokrise, Corona-Krise. „Damals dachte ich, die Welt geht unter. Ich habe mich von der Panikmache und der allgemeinen Verunsicherung anstecken lassen“, sagt Sandra Hofer rückblickend. Beunruhigt rief sie ihre Familie an und ließ sie Lebensmittelvorräte einkaufen. Nur für alle Fälle. Was sie daraus gelernt hat? Besonnen bleiben, die Lage erst sondieren und dann einschätzen. Und: Es geht immer weiter.

Karriere mit Lehre und Studium

Aber von Anfang an. Ihre Leidenschaft für die Wirtschaft entdeckte die gebürtige Linzerin bereits in der Handelsakademie. Schnell war für sie klar: Nach der Matura muss sie in eine Bank. Gesagt, getan. Es folgte die Ausbildung bei der Landesbank Oberösterreich. Kapitalmarkt, Treasury, Aktien und Anleihen - „diese Bereiche haben mich total begeistert“. Die Dynamik und Bewegung am Geldmarkt faszinierte die junge Frau. Jeder Händler wartete damals gespannt darauf, was Alan Greenspan zu sagen hatte. Die Worte des Ökonomen und US-Notenbankchefs haben Gewicht. Entscheiden nicht selten über Aufstieg und Fall von Kursen. Sandra Hofer erinnert sich gerne daran. Auch an ihre Zeit bei der Landesbank Oberösterreich und - eine weitere Station - bei der Raiffeisenlandesbank OÖ. 

Neben ihrem Job in der Finanzbranche beginnt sie an der Johannes Kepler Universität Banking- und Finanzmanagement zu studieren. Und wird bei einer Veranstaltung angesprochen. Von Führungskräften der Union Investment. Sie soll mithelfen, den österreichischen Markt aufzubauen. Sandra Hofer, damals erst 27 Jahre alt, wagt den Schritt, nimmt die neue Herausforderung an. Sie gehört zum Gründerteam.

Was mit einer Handvoll engagierter Menschen beginnt, die sich auf Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung konzentrieren, entwickelt sich rasch zu einer Erfolgsgeschichte. Wurden anfangs ausschließlich Banken, Fondsmanager und institutionelle Anleger angesprochen, sind es seit der Partnerschaft mit den österreichischen Volksbanken im Jahr 2016 auch Privatanleger, die bei der optimalen Umsetzung von Spar- und Pensionsplänen unterstützt werden. Sandra Hofers Tipp: So früh wie möglich damit beginnen! Gute Geschäftsbeziehungen bestehen auch zu Pensionskassen und betrieblichen Vorsorgekassen. „Hervorragendes Service und Kundenzufriedenheit sind uns besonders wichtig“, betont die Finanzexpertin, die sich auch für heuer wieder klare Wachstumsziele für die verschiedenen Zielgruppen gesetzt hat. 

Besser ohne „Bashing“

Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ethik sind seit Jahren fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Union Investment. Zahlreiche Initiativen und gezielte Maßnahmen sorgen dafür, dass die Welt ein Stück besser wird. Von „Bashing“ hält Hofer in diesem Zusammenhang wenig. Etwa im Bereich einer klimaneutralen Wirtschaft: „Es ist schön und gut, wenn wir in Zukunft nur noch Elektroautos auf unseren Straßen haben wollen, aber wir brauchen auch die entsprechende Infrastruktur. Das Gleiche gilt für Öl und Gas. Wir können die fossilen Brennstoffe verdammen, aber wir brauchen geeignete Alternativen in entsprechender Menge. Deshalb müssen die Maßnahmen zielgerichtet sein und vernünftig begleitet werden. 

Top ausgebildete Mitarbeiter

Bei der Umsetzung helfen auch junge, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Viele von ihnen arbeiten im Frankfurter Büro. In der deutschen Finanzmetropole ist die gesamte Expertise und Kompetenz der Kapitalanlage angesiedelt. Vom Klischee der arbeitsscheuen Jugend ist hier nichts zu spüren. „Die meisten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind noch keine 30 Jahre alt und so gut“, schwärmt Hofer. Trotz ihres jungen Alters hätten sie schon ausreichend Berufserfahrung, ein Studium absolviert und beherrschen mehrere Sprachen. Und: Sie sind engagiert und gehen gerne die Extrameile.

Gelebte Wertschätzung

Sandra Hofer legt Wert auf eine gute Teamkultur und Wertschätzung. Beides müsse in der DNA eines Unternehmens verankert sein, nicht nur in irgendwelchen Statuten. „Ich hatte das Glück, ausschließlich in Organisationen mit einer guten Kultur zu arbeiten. Und ich hatte immer sehr wertschätzende, aber auch fordernde Vorgesetzte. Von ihnen habe ich sehr viel gelernt und sie haben mich auch gefördert“, erinnert sich Hofer.

So sieht sie das auch mit ihren Mitarbeitern. Und sie versteht sich als Mentorin für junge Frauen. „Mir ist es sehr wichtig, sie zu motivieren und ihnen die Angst vor der Vereinbarkeit von Kind und Karriere zu nehmen.“ Sandra Hofer ist selbst erst spät Mutter geworden. Warum? Auch sie hat gezweifelt, hatte Bedenken, ob sie den Herausforderungen, der Doppelbelastung gewachsen ist. Heute ist sie überzeugt: Es geht. Aber natürlich sei es nicht immer einfach. „Es gibt so tolle, gut ausgebildete Frauen, denen möchte ich Mut machen, ihren Weg zu gehen. Als erfolgreiche Mitarbeiterinnen und Mütter.

Diversity muss auch gelebt werden

Auch die Unternehmen müssten hier umdenken. Obwohl das Thema „Diversity“ mittlerweile zu einer Art Qualitätssiegel geworden sei, wüssten viele männliche Führungskräfte immer noch nicht, dass es beispielsweise für junge Mütter sehr schwierig sei, wenn ein Meeting erst um 18 Uhr stattfinde. Hofer hofft auf einen Transformationsprozess durch moderne Arbeitsformen.

„Wenn wir das Thema Diversity leben wollen, brauchen wir die Ressourcen: junge Menschen, die den Job machen wollen. Denen muss man die passenden Organisationsformen bieten. Flexiblere Arbeitszeiten, die Möglichkeit, auch mal wegzugehen, etwa um das Kind abzuholen“, sagt Sandra Hofer, die Menschen mit Eigeninitiative schätzt. „Ich hatte nie ein Problem damit, Verantwortung zu delegieren - mit einer gewissen Rückkoppelung. Mitarbeitende brauchen ein Ziel und Prioritäten. Dann lernen sie, sich selbst zu organisieren. Lösungsorientierung ist für sie der Schlüssel zum Erfolg. „Wenn Mitarbeiter mit einem Problem zu mir kommen, frage ich sie zuerst, was sie persönlich davon halten. Welche Lösungen sie vorschlagen. Diese Punkte werten wir dann gemeinsam aus“, sagt die Managerin, die den direkten Gesprächskontakt besonders schätzt. Und was rät sie Frauen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen? „Mutig sein und ausprobieren. Nicht denken, dass man etwas nicht schafft. Ich hatte nie das Karriereziel, Führungskraft zu werden, ich wollte einfach selbstbestimmt und eigenverantwortlich Dinge umsetzen. Und niemals daran zweifeln, dass man eine Aufgabe nicht schafft. Setzt euch keine Grenzen  und bleibt immer mutig und authentisch."

Foto: Robert Polster

Mag. Patricia Kasandziev. Als Vorstandsmitglied der bank99 ist sie verantwortlich für die Bereiche Markt und Digitalisierung. Sie weiß, was Kunden wollen und wie man sie erreicht.

 

Welche Veränderungen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt als Vorständin der bank99 initiiert und wie haben sich diese auf die Bank ausgewirkt?
Unter dem Eindruck der steigenden Zinsen und der Kundennachfrage haben wir die Produktpalette in der zweiten Jahreshälfte 2023 um die Sparprodukte flexsparen99 und fixsparen99 erweitert. Damit konnte ein Wachstum der Einlagensumme um plus acht Prozent auf mehr als 3 Milliarden Euro (im Vergleich zu 2022) generiert werden. 

Ein Meilenstein gelang im Frühjahr 2023 durch die technische Anbindung der ehemaligen rein digitalen ING-Kunden an das Schaltersystem der bank99. Damit haben nun auch über hunderttausend ehemalige Direktbankkunden die Möglichkeit, Schalterdienstleistungen in Postfilialen und bei Post Partnern zu nutzen. Ein Service, das sehr gut angenommen wird und uns zeigt, dass auch digital affine Kundinnen und Kunden den Bankschalter schätzen und stark nachfragen. 

Außerdem konnten wir im Vorjahr die Markenbekanntheit der bank99 im Zuge einer österreichweiten Werbekampagne zum neuen Marktauftritt mit unserem Anspruch „Versteht dich von selbst“ über alle Medienkanäle weiter steigern. Mit unserem Claim, aber auch mit der Kampagne, wollen wir zeigen, dass die bank99 anders ist: einfacher, authentischer, individueller. Menschen sollen, wenn sie unsere Kampagne sehen, denken: so habe ich Bank noch nie gesehen. 

Welche Herausforderungen sehen Sie im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld auf die bank99 zukommen und wie wollen Sie diesen begegnen?
Das Thema „Künstliche Intelligenz“ und alle damit verbundenen Chancen sind in der Bankenbranche und auch bei uns omnipräsent. Wir bauen den Einsatz hochinnovativer Risikomodelle (AI, ökonometrisch) aus und setzen verstärkt auf Echtzeit-Daten, sowohl im Hinblick auf Kreditrisiken als auch verstärkt zur Erkennung und Vermeidung von Betrugsfällen. Außerdem integrieren wir ESG-Daten und -Risiken in unsere Modelle.

Bei alldem setzen wir auf ein Höchstmaß an Standardisierung und Automatisierung und unterstützen damit die Erweiterung des Produktportfolios und unsere Omnikanalstrategie. Unser Ziel ist es, rund 80 Prozent der Geschäftsfälle automatisiert abwickeln zu können. 

Inwieweit hat die bank99 ihre Strategie angepasst, um den sich ändernden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden? Können Sie Beispiele für kürzlich eingeführte oder geplante Produktinnovationen nennen?
Unsere aktuelle bank99-Kontostudie hat uns sehr spannende Erkenntnisse gebracht: Dreiviertel der Kontobesitzer wissen nicht konkret, wieviel ihr Konto kostet und welche Leistungen enthalten sind. Genau hier haben wir angesetzt und vor kurzem mit dem smartkonto99, dem aktivkonto99 und dem topkonto99 neue Kontomodelle eingeführt: transparent, übersichtlich, individuell zugeschnitten und ohne versteckte Kosten. 

Mit den drei neuen Kontomodellen gehen wir noch besser auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden ein und zeigen, wie einfach und flexibel Banking sein kann. Wir stehen für smarte Produkte und Services mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und wir wollen unseren Kundinnen und Kunden die Bankgeschäfte so einfach, verständlich und unkompliziert wie nur möglich machen. 

Die bank99 hat sich als wichtiger Player am österreichischen Markt etabliert. Wie sehen Sie die zukünftige Rolle Ihrer Bank im Vergleich zu nationalen und internationalen Mitbewerbern?
Mit unserer Haupteigentümerin – der Österreichischen Post - sind wir in der Lage, unsere mittlerweile mehr als 280.000 Kundinnen und Kunden nicht nur mit unseren digitalen Angeboten jederzeit und überall zu servicieren, sondern auch in ganz Österreich mit Postfilialen und den Post Partnern vor Ort präsent zu sein.

Während sich andere Banken aus vielen Gebieten zurückziehen, ist das Ziel der bank99 weiterhin österreichweit vertreten zu sein. Post und Bank in einem Standort vereint, bringt unseren Kundinnen und Kunden Mehrwert und sichert auch die Bargeldversorgung in den ländlichen Regionen. 

Wie wichtig ist die Kundenbindung für die bank99 und welche Strategien setzen Sie ein, um die Loyalität Ihrer Kunden zu erhöhen?
Wir wollen unsere Kundinnen und Kunden nicht nur an uns binden, sondern wir wollen sie zu Markenbotschaftern der bank99 machen. Das wollen wir mit drei zentralen Argumenten für die bank99 erreichen: 

  • Nah: Mit rund 1.700 Geschäftsstellen in ganz Österreich ist immer eine Filiale gleich bei dir ums Eck.
  • Einfach: Wir machen Banking so einfach wie nie zuvor und beweisen das jeden Tag aufs Neue
    ·Preiswert: Unser Ziel ist es, unseren Kund*innen ein einzigartiges Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten.

Welche Ziele haben Sie sich für dieses Jahr gesetzt? 

2024 wird sicherlich auch ein herausforderndes Jahr. Ich bin jedoch sehr zuversichtlich, dass wir unseren Wachstumskurs weiter konsequent fortsetzen werden. Der Fokus liegt auf dem Ausbau unserer Omnikanalstrategie und damit auf der Erweiterung unserer Vertriebsaktivitäten und -kanäle sowie auf der Umsetzung der finalen Meilensteine bei der Harmonisierung der IT-Systemlandschaft. Mittelfristig erwarten wir ein positives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. 

Foto: Vyhnalek

Mag. Michaela Keplinger-Mitterlehner. Die Generaldirektor-Stellvertreterin der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich über Regionalität, Wettbewerb und den Erfolgsfaktor Innovation.

 

Als stellvertretende Generaldirektorin der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich sind Sie maßgeblich an der strategischen Ausrichtung der Bank beteiligt. Wie hat sich die Bank in den letzten Jahren angesichts der sich wandelnden wirtschaftlichen und technologischen Landschaft positioniert und welche Schwerpunkte setzen Sie für die Zukunft?

Als eine der größten österreichischen Banken verfolgen wir einen konsequenten und nachhaltigen Wachstumskurs. Wir bekennen uns klar zu einer zeitgemäßen Interpretation der Werte von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, denn diese stellen den Kunden in den Mittelpunkt und treffen mit Prinzipien wie Nachhaltigkeit und Regionalität den Zeitgeist. Im Sinne unserer Kompetenzen und Fähigkeiten wollen wir unsere Kundinnen und Kunden auch künftig professionell und mit größtmöglichem Engagement servicieren.

Wir wollen weiterhin auch auf Angebote abseits des klassischen Bankgeschäfts und dies vor allem in Form unseres Beteiligungsmanagements setzen. Diese Initiativen sollen durch ein klares Nutzungsversprechen einen echten Mehrwert bieten und Menschen und Unternehmen dort erreichen, wo sie dies gerade benötigen.

 

Wie geht die RLB OÖ mit der Balance zwischen digitalen Innovationen und persönlicher Kundenbetreuung um?

Um unsere Kundinnen und Kunden bestmöglich begleiten zu können, braucht es die optimale Verzahnung von digitaler Innovation und persönlichem Kontakt. Zum einen sind Bankgeschäfte sind nach wie vor Vertrauensgeschäfte, weshalb wir Kundennähe und persönlichen Kontakt in den Mittelpunkt stellen. 

Darüber hinaus legen wir den Fokus auch auf die permanente Weiterentwicklung unserer digitalen Innovationen und Angebote. Diesen Rückenwind nutzen wir nicht nur für die tägliche Zusammenarbeit im Unternehmen, sondern auch um Kundinnen und Kunden das Wirtschaftsleben zu erleichtern. 

Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich ist regional tief verwurzelt. Welche Rolle spielt die Bank bei der Förderung von Wirtschaftswachstum und sozialer Entwicklung in Oberösterreich? Welche Initiativen unterstützen Sie, um lokale Unternehmen zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen?

Als eine der stärksten Banken Österreichs ist es unsere Aufgabe, die nötige Finanzkraft für die Umsetzung der innovativen Ideen der Unternehmen zu sichern. Die Raiffeisenlandesbank OÖ ist der führende Bankpartner der oberösterreichischen Unternehmen. Gemeinsam mit den oberösterreichischen Raiffeisenbanken betreuen wir knapp jeden zweiten Klein- und Mittelbetrieb und haben enge Geschäftsbeziehungen mit den Industriebetrieben vor allem in Österreich und Südddeutschland.

Darüber hinaus sind wir auch an einigen Leitbetrieben beteiligt und nehmen dort die Rolle eines stabilen Kernaktionärs ein. Wir stellen unseren Unternehmenskunden nicht nur Fremdkapital, sondern auch eigenkapitalartige Produkte zur Verfügung und können so Expansionsfinanzierungen, Übernahmen etc. strukturiert begleiten. Dieser Verantwortung kommen wir sehr gerne nach, denn schlussendlich wollen wir dazu beitragen, Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und Wohlstand in unserem Land zu sichern.

Eine der vielen Initiativen, die wir in unserem Bundesland unterstützt haben, war 2023 die Errichtung der Raiffeisen Arena in Linz. Das neue Stadion ist eine absolute Erfolgsgeschichte, die einen Mehrwert für Oberösterreich gebracht hat. Darüber hinaus sind wir auch ein starker Partner der Kultur. Wir sind beispielsweise Hauptsponsor der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024, des Brucknerfestes, der Konzertreihe Klassik am Dom oder des Lentos Kunstmuseum Linz.

Ein weiteres Beispiel ist der regionale Online-Marktplatz „findeR“. Auf dieser Plattform-Lösung können regionale Unternehmen ihre Dienstleistungen und Produkte präsentieren und verkaufen. Mit der Vernetzung von regionalen Unternehmen und Konsumenten stärken wir die Regionen und deren lokale Wertschöpfung. 

Die Raiffeisenlandesbank OÖ bildet gemeinsam mit den oö. Raiffeisenbanken die Raiffeisenbankengruppe OÖ.Welche Vorteile hat diese genossenschaftliche Zusammenarbeit? 

Die Konzentration auf genossenschaftliche Werte ist einer der Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft. Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften, Solidarität und Subsidiarität bilden hierbei ein stabiles Gerüst. Mit unserem starken Netzwerk können wir uns optimal für die Regionen engagieren, um Wertschöpfung zu generieren, die Lebensqualität zu verbessern, Ortskerne zu beleben und ein wichtiger Partner für die Menschen, Unternehmen, Institutionen und Vereine zu sein. 

Die Regulierung und Compliance sind wichtige Aspekte des Bankgeschäfts. Wie stellt die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich sicher, dass sie alle regulatorischen Anforderungen erfüllt, insbesondere im Hinblick auf Geldwäscheprävention und Datenschutz?

Unsere Kundinnen und Kunden müssen darauf vertrauen können, dass sorgsam und seriös mit dem uns anvertrauten Geld umgegangen wird, Prinzipien und Werte geachtet sowie Gesetze eingehalten werden und sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders hohen Verhaltensmaßstäben verpflichtet fühlen. Im Konzern der Raiffeisenlandesbank OÖ wurden deshalb genaue Richtlinien für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter festgelegt, sowie umfassende Kontrollmechanismen etabliert.

Darüber hinaus stellen auch laufende Schulungen sicher, dass interne, regulatorische und gesetzliche Anforderungen strengstens eingehalten werden. Ein starkes Zeichen hat die Raiffeisenlandesbank OÖ vor allem aber auch damit gesetzt, dass im Vorjahr für die Themen Governance, Compliance, Recht und Nachhaltigkeit ein eigener, neuer Vorstandsbereich etabliert wurde. 

Die Zukunft des Bankwesens wird auch von politischen Entscheidungen und makroökonomischen Entwicklungen beeinflusst. Wie beurteilen Sie das derzeitige politische und wirtschaftliche Umfeld in Österreich und welche Auswirkungen hat es auf die Strategie der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich?

Österreich und Oberösterreich zählen nach wie vor zu den attraktivsten und stärksten Wirtschaftsregionen in Europa. Das soll auch so bleiben, wobei es hier ja nicht nur um Österreich geht. Der globale Wettbewerb verschärft sich weiter und wir müssen aufpassen, dass Europa nicht den Anschluss verliert. Hohe Abgaben und Bürokratie bremsen uns im Vergleich zu anderen Ländern.

Eine engere Zusammenarbeit auf EU-Ebene, und eine maßgebliche Entbürokratisierung und schnellere Entscheidungen wären dringend nötig. Wir müssen es schaffen, uns von einem dokumentations- und Regulatorik getriebenem System zu einem Anreizsystem zu entwickeln. 

Längerfristig wird für die Wettbewerbsfähigkeit auch das Angebot an qualifizierten Fachkräften wesentlich sein. Hier brauchen wir Schulen und Universitäten, die mit internationalen Top-Ausbildungsstätten mithalten können. Wir brauchen aber vor allem auch Unternehmen, die als Lehr- oder Weiterbildungsbetrieb Fachkräfte ausbilden. Ein eigenständiges Thema ist auch die demografische Entwicklung.

Es ist dringend notwendig, dass die Politik Maßnahmen ergreift, um Österreich für ausländische Top-Arbeitskräfte attraktiver zu machen. In diesem Umfeld ist natürlich auch die Raiffeisenlandesbank OÖ vor Herausforderungen gestellt, die wir im Sinne unserer Kundinnen und Kunden bestmöglich meistern müssen. 

Innovation ist ein Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit. Welche Maßnahmen ergreift die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, um innovativ zu bleiben und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen? Können Sie konkrete Beispiele für innovative Projekte oder Produkte nennen, an denen die Bank derzeit arbeitet?

Für uns als Raiffeisenlandesbank OÖ ist es essenziell, durch kundenzentrierte Innovationen neue Geschäftspotenziale zu erkennen und zu erschließen. Damit möchten wir nachhaltiges Wachstum gewährleisten und den neuen Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden gerecht werden. Ein eigener etablierter Innovation Hub ist Treiber der Innovationskultur innerhalb der Raiffeisenlandesbank OÖ, mit dem Innovation ermöglicht, initiiert und strukturiert erarbeitet wird. 

Raum für Innovation und Design Thinking wurde im Herbst 2023 auch mit dem Raiffeisen Innovation Center (RIC) an der Johannes Kepler Universität in Linz geschaffen. Dort bieten wir Wissenschaft, Studierenden und Wirtschaft den idealen Rahmen, um gemeinsam neuartige Lösungen zu entwickeln. Ergänzt werden diese Maßnahmen beispielsweise um innovative Aus- und Weiterbildungsangebote sowie Arbeitskonzepte, die Innovationen fördern sollen. 

Die Finanzbranche steht vor ständigen Veränderungen und Herausforderungen. Wie sieht die langfristige Vision der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich aus und welche strategischen Schritte unternehmen Sie, um diese Vision zu verwirklichen und langfristigen Erfolg für die Bank und ihre Stakeholder zu sichern?

Keplinger-Mitterlehner: Die gesamte Bankenbranche ist mit einem stetig komplexer werdenden regulatorischen Umfeld konfrontiert. Dies zu bewältigen, ist sicher eine immense Herausforderung für Banken. In diesem Zusammenhang werden wir alle Anstrengungen unternehmen, damit die Raiffeisenlandesbank OÖ auch künftig am Markt so gut reüssieren kann wie bisher. Kundennähe wird, mehr denn je, ein zentraler Baustein unserer Geschäftsphilosophie sein. Auch Regionalität und Nachhaltigkeit sind tief in der Raiffeisen-DNA verankert.

Die Raiffeisenlandebank OÖ wird sich in vielen Bereichen weiterentwickeln, gerade die Anpassung an Kundenbedürfnisse ist ein laufender Prozess. Digitale Technologien helfen uns dabei, das Wirtschaftsleben unserer Kunden Schritt für Schritt zu erleichtern, zudem wollen wir unser starkes Netzwerk noch umfangreicher in die digitale Welt übersetzen und für unsere Kunden nutzbar machen. Wichtig ist und bleibt aber auch in Zukunft der persönliche Kontakt als Basis für eine enge und vertrauensvolle Kundenbeziehung.

Foto: RLB OÖ/Erwin Wimmer

Kathrin Kühtreiber-Leitner, MBA. Die Vorstandsdirektorin der Oberösterreichischen Versicherung AG über Frauenförderung, ihren Führungsstil und neue Kommunikationskanäle.

 

„Die Unternehmenskultur der Oberösterreichischen Versicherung ist geprägt von Offenheit und Teamgeist. Unsere Kernstrategie zur Bewältigung der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen besteht darin, als verlässlicher Partner über Generationen hinweg eine moderne Vertriebsstruktur mit einer jungen und frischen Kommunikation zu verbinden. Diese wollen wir künftig auf den Kanälen anbieten, auf denen sich unsere Kundinnen und Kunden täglich bewegen - wir kommunizieren sozusagen in ihrer Sprache. Mit unserer neuen Marke wollen wir auch neue Märkte und Generationen positiv ansprechen“, so Kathrin Kühtreiber-Leitner.

Ausgezeichnetes Kundenservice

Wichtig ist der Managerin zu betonen, dass in der Oberösterreichischen Versicherung immer das große Ganze betrachtet wird. Das heißt, eine Entscheidung wird immer gemeinsam mit Expertinnen und Experten getroffen. „Unser Anspruch ist es, mit unseren Produkten immer nah am Kunden zu sein. So orientiert sich auch die Weiterentwicklung unseres Produktsegments immer an den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden. Unsere jüngste Produkterweiterung ist beispielsweise die fondsgebundene Pensionsvorsorge, um dem immer wichtiger werdenden Thema Vorsorge gerecht zu werden. Darüber hinaus wird unser Kundenportal „Click“ laufend erweitert und verbessert - das Wichtigste dabei ist immer, dass alle Unterlagen jederzeit aktuell und immer griffbereit sind. Ein weiterer Bereich, der für uns von großer Bedeutung ist, ist das bereits angesprochene Kundenservice. Hier sind wir stolz auf diverse Auszeichnungen, wie etwa den Service Award für unser „Kundenservice-Telefon“ oder die Auszeichnung als Branchenmeister im Kundenservice sowohl als Lebensversicherer als auch als Kfz-Versicherer“, so Kühtreiber-Leitner.

Persönliche Kundenbeziehung

Die Digitalisierung ermöglicht es der Oberösterreichischen, ihre Kundinnen und Kunden dort abzuholen, wo sie sind, und mit ihnen auf den von ihnen bevorzugten Kanälen zu kommunizieren - sei es über die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung, über das Kundenportal oder über Social Media.

Diese Technologien ergänzen die bewährten Kommunikationskanäle und stellen sicher, dass den sich wandelnden Kundenbedürfnissen Rechnung getragen wird. Trotz dieser digitalen Fortschritte bleibt die Stärke des Unternehmens - die Sympathie und der exzellente Service unseres Außendienstes - unangefochten. Der Außendienst spielt eine entscheidende Rolle beim Aufbau und der Pflege der persönlichen Kundenbeziehung, die ein wesentlicher Bestandteil der Oberösterreichischen ist.

Gemeinsame Ziele erreichen

Die Managerin beschreibt ihren Führungsstil als kooperativ. Sie legt großen Wert auf Teamarbeit und offene Kommunikation, was sich ihrer Erfahrung nach positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit und das Erreichen der gemeinsamen Ziele auswirkt. „Gerade jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen mehr Zeit, um für sie neue Themen zu besprechen und ihnen so das nötige Rüstzeug mit auf den Weg zu geben, um zum Beispiel typische Anfängerfehler zu vermeiden.

Langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingegen wissen meist, was sie tun. Umso wichtiger ist mir hier der regelmäßige Austausch, um am Ende das Beste für das Unternehmen und alle Beteiligten zu erreichen. So fördern wir ein Lern- und Entwicklungsumfeld, in dem alle im Team ihre Fähigkeiten einbringen und sich weiterentwickeln können.

Aktive Frauenförderung

Als Frau in einer Führungsposition in der Versicherungswirtschaft ist ihr die Frauenförderung ein besonderes Anliegen. „Die Oberösterreichische hat beispielsweise das Expertinnen-Forum als Netzwerk für Frauen etabliert. Hier lade ich auch persönlich Kolleginnen aus unserem Haus ein, um einerseits die spannenden und lehrreichen Themen zu verfolgen und andererseits die Kontaktmöglichkeiten zu nutzen. Darüber hinaus nutze ich meine Position, um Frauen aktiv zu fördern und ihnen den Weg in Führungspositionen zu ebnen. Gerade in der Versicherungsbranche freut es mich immer wieder sehr, wenn es Frauen in Führungspositionen schaffen, denn diese Branche ist traditionell männerdominiert. Förderung ist aber immer eine Frage des Wollens und ob die aktuellen Rahmenbedingungen es auch zulassen. Ein weiteres Förderprogramm, das ich sehr empfehlen kann, ist das Cross-Mentoring-Programm. Ich selbst habe vor über zwanzig Jahren als Mentee an diesem Programm teilgenommen und betreue derzeit eine Nachwuchsführungskraft.“

Verantwortung übernehmen

Auch die finanzielle Selbstbestimmung von Frauen ist für die Managerin ein wichtiges Thema.

Diese beginne mit dem Bewusstsein und der Verantwortung für die eigenen Finanzen. „Wir ermutigen Frauen zum Beispiel im Expertinnen-Forum, den ersten Schritt zu machen und sich dieses wichtige Wissen anzueignen. In weiterer Folge stehen unsere Beraterinnen und Berater zur Seite, wenn es darum geht, die für die individuelle Lebenssituation wichtigen Absicherungen zu finden“, so die Vorstandsdirektorin.

Abschließend: Was empfiehlt sie Frauen, die in der Versicherungsbranche durchstarten wollen? „Ich rate Frauen, die in der Versicherungsbranche erfolgreich sein wollen, sich kontinuierlich weiterzubilden und aktive Netzwerke aufzubauen und zu nutzen. Außerdem ist es wichtig, sich Mentorinnen und Mentoren zu suchen, die ihre Erfahrungen und Einblicke weitergeben und von denen man direkt profitieren kann. Der Weg zum Erfolg ist eine lange Reise mit vielen unvorhergesehenen Stationen und Wendungen. Ich kann nur jedem raten, nicht zu viel nachzudenken, sondern den Sprung ins kalte Wasser zu wagen.“

Foto: Winfried Flohner

 

Anne Thiel. Sie ist CFO der Allianz Gruppe Österreich und verrät im ABW-Interview, warum Nachhaltigkeit, sozialer Einsatz und konstruktive Kundenkritik so wichtig sind. 

 

Welche spezifischen Finanzstrategien haben Sie eingeführt, um auf die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen zu reagieren?

Um im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld erfolgreich zu navigieren, ist – so simpel es klingt – verstärkter Austausch und Zusammenarbeit zwischen den Bereichen der Allianz Österreich entscheidend. Damit stellen wir sicher, dass wir frühzeitig potenzielle Risiken, Trends aber auch Chancen identifizieren und entsprechend pro-aktiv adressieren.

Zudem konzentrieren wir uns seit 2022 insbesondere auf die Bewältigung der hohen Inflation, indem wir unsere Kostendisziplin erhöhen, die Entwicklung unserer durchschnittlichen Schadensleistungen kontinuierlich überwachen und verstärkt mit unseren Netzwerk-Partnern zusammenarbeiten, mit denen fest vereinbarte Tarife bestehen. Darüber hinaus führen wir laufend intensive Analysen unserer Versicherungsportfolios hinsichtlich ihrer Profitabilität durch und nehmen bei Bedarf Anpassungen vor. 

Risikomanagement ist ein kritischer Aspekt für jeden CFO. Können Sie Beispiele dafür geben, wie Ihre Abteilung Risiken identifiziert und minimiert?

Die zuvor genannte enge Zusammenarbeit ist natürlich nicht auf die Abteilungen innerhalb der Allianz Österreich begrenzt – wir ziehen bei Bedarf Kolleginnen und Kollegen im Konzern als auch externe Expertinnen und Experten bei. Verstärkte Datenanalysen helfen uns dabei, Risiken, mögliche Trends und Chancen frühzeitig zu erkennen.

Wir evaluieren regelmäßig die sogenannten Top-Risiken für unser Unternehmen, einschließlich sogenannter „Emerging Risks“ wie Nachhaltigkeitsrisiken, Cyber-Risiken und Pandemien, und bewerten mögliche Auswirkungen auf unser Unternehmen. In allem, was wir tun, sind wir stets bestrebt, aktiv zu steuern und Maßnahmen frühzeitig zu setzen, um Risiken zu minimieren.

Welche spezifischen Trends betrachten Sie derzeit und wie passt sich die Allianz Gruppe Österreich an diese an?

Die fortschreitende Digitalisierung ist sicherlich einer der einflussreichsten Trends. Denn hier haben sich auch die Erwartungen unserer Kundinnen und Kunden geändert. Das betrifft unsere Produkte ebenso wie die Art und Weise, wie wir unsere Service- und Beratungsleistungen anbieten.

Die Allianz war hier immer schon ein Pionier in der Versicherungsbranche, und wie sich in Umfragen immer wieder zeigt, erfüllen wir die in uns gesetzten Erwartungen auch. Bereits heute bieten wir zahlreiche Möglichkeiten Versicherungsprodukte online abzuschließen, Schadenmeldungen über eine App digital zu melden und den Status der Schadenmeldung bzw. -auszahlung über den Schadentracker zu verfolgen. Darüber hinaus können Kunden im Kundenportal jederzeit ihre Versicherungsverträge und relevante Dokumente online einsehen.

Eine weitere Entwicklung ist die zunehmende Regulierung, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit. Diese könnte dazu führen, dass einzelne Initiativen, die eigentlich darauf abzielen, Nachhaltigkeit voranzutreiben, möglicherweise nicht oder nur eingeschränkt umgesetzt werden – aus Angst, regulatorische Vorgaben nicht vollständig zu erfüllen, Stichwort Green Hushing.

Als Teil der Allianz Gruppe, die sich bereits frühzeitig klare Nachhaltigkeitsziele gesetzt hat, sind wir jedoch gut aufgestellt. Beispielsweise war die Allianz Österreich eines der ersten Mitgliedsunternehmen bei der österreichischen Green Finance Alliance Initiative des Bundesministeriums für Klimaschutz.

Wie erreicht die Allianz Gruppe Österreich ihre Nachhaltigkeitsziele und wie misst man den Erfolg?

Wir verfolgen seit jeher einen ganzheitlichen Ansatz in Bezug auf Nachhaltigkeit, von der ökologischen Ausrichtung im Kerngeschäft bis hin zum gesellschaftlichen Engagement. Ein wichtiger Hebel sind die Kapitalanlagen, bei denen bereits 2014 konkrete und messbare Nachhaltigkeitsziele festgelegt wurden. Die Dekarbonisierung steht im Mittelpunkt unserer Bemühungen, mit dem Ziel, die Anlage- und Versicherungsportfolios an das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens auszurichten und bis 2050 treibhausgasneutrale Portfolios zu erreichen. Dies beinhaltet auch den schrittweisen Ausstieg aus Kohle, Erdöl, Erdgas und Nuklearenergie bis 2030/2035, wo wir bereits weit fortgeschritten sind: In thermische Kohle investieren wir schon heute nicht mehr, und nur mehr unter 5% in Öl/Gas. 

Als Gründungsmitglied der Green Finance Alliance arbeiten wir gemeinsam mit anderen Finanzunternehmen an der Umsetzung der Pariser Klimaschutzziele. Über 70 verbindliche Kriterien bilden hier die Grundlage, und ihre Erfüllung wird jährlich extern überprüft. Die Allianz Österreich reduziert zudem kontinuierlich ihre Treibhausgasemissionen im eigenen Geschäftsbetrieb und deckt ihren gesamten Strombedarf seit 2012 aus erneuerbaren Energiequellen.

Das soziale Wohl ist uns ebenfalls ein großes Anliegen, sowohl jenes unserer Mitarbeiter als auch vieler Menschen, denen es im Alltag aus verschiedenen Gründen nicht so gut geht. Aus diesem Grund haben wir eine Reihe von Initiativen gesetzt. So schützen und fördern wir durch die Kooperation mit Instahelp die psychische Gesundheit unserer Mitarbeiter und unterstützen Organisationen wie den Lichtblickhof – einen Verein, der schwerkranke Kinder mit einem speziellen Therapieangebot begleitet. Es freut uns besonders, dass uns mit dem Lichtblickhof mehr als 40 Jahre andauernde Partnerschaft verbindet. Auch unsere Mitarbeiter und Agenturpartner unterstützen mit ihrem persönlichen Einsatz verschiedene soziale Projekte – sowohl während ihrer Arbeitszeit über das Corporate Volunteering Programm als auch in ihrer Freizeit. 

Wir stärkt die Allianz Gruppe Österreich die Kundenbindung?

Unsere Hauptaufgabe ist, den Kundinnen und Kunden Sicherheit zu geben. Das spiegelt sich auch in unserem Leitsatz „We secure your future” wider.  Die Kundenzufriedenheit ist für uns eine wesentliche Erfolgs- und Steuerungsgröße für das Management. Die Kundenzufriedenheit besitzt bei uns also zumindest den gleichen Stellenwert wie etwa Wachstum oder Profitabilität. Wir verlassen uns hierbei nicht auf ein Gefühl, sondern messen die Verbesserung laufend, zum Beispiel über das 5 Sterne Rating (Voice of Customer). 

Mehr als 100.000 Kundenfeedbacks im Jahr helfen uns zu erkennen, welche Abläufe aus Kundensicht gut verlaufen – aber vor allem auch, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Wir arbeiten hart daran für unsere Kunden kontinuierlich besser zu werden. Und der Erfolg gibt uns hier recht, wir liegen derzeit bei 4.7 von 5 Sternen.  

Zudem möchten wir all unseren Kunden die Möglichkeit geben, mit uns einfach und unkompliziert in Kontakt zu treten – digital oder im persönlichen Gespräch, ganz so, wie sie es möchten. Unsere digitalen Strecken werden ebenfalls ständig weiterentwickelt, wie beispielsweise das Kundenportal und die Allianz App. Und für den optimalen persönlichen Kontakt zertifizieren wir heuer umfassend alle Mitarbeiter in der Schaden- und Vertragsbearbeitung auf exzellenten Kundenservice. 

Eine wesentlicher Erfolgsfaktor sind auch regelmäßige Berührungspunkte mit unseren Kunden, das unterstützen wir durch strukturierte Kundenkontakte und eine ganzheitliche 360° Beratung. Kundentreue soll sich natürlich lohnen, dazu haben wir heuer viele neue Vorteile für treue Kunden aufgelegt, wie z.B. den Fahrzeugwechselbonus oder einen Rabatt, der umso höher ist, je mehr Verträge eine Kunde bei uns hat. 

Foto: Alianz/Harson

Andrea Stürmer, MSc MPA. Ein ABW-Inteview mit der Vorstandsvorsitzenden der Zürich Versicherungs-AG über Kundenzufriedenheit, KI und Klimawandel.

 

Können Sie uns einen Überblick über die wichtigsten strategischen Ziele geben, die Sie als CEO von Zurich Österreich derzeit verfolgen?

Wir leben in einer volatilen Welt, in der die Zukunft nicht vorhersehbar ist. Das Thema, in dem neue Risken auf uns zukommen, hat sich signifikant erhöht. In strategischer Hinsicht bedeutet dies, dass eine typische detaillierte 3 bis 5-Jahresplanung nicht mehr viel Sinn macht. Wir haben als Zurich Österreich eine klare strategische Richtung und high-level Strategie.  In der Umsetzung braucht es aber eine große Bereitschaft und Flexibilität, sich an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.

Aktuell beschäftiget uns natürlich die Inflation und damit verbunden die wirtschaftliche Lage. Inhaltlich ist für uns die Verbesserung des Kundenerlebnisses ganz zentral. Hier spielen auch die Themen Digitalisierung, Datenmanagement sowie künstliche Intelligenz eine wesentliche Rolle. In Zeiten des Fachkräftemangels ist natürlich auch die Stärkung unserer Arbeitgebermarke ein zentrales Thema.

Welche digitalen Initiativen hat Zurich Österreich bereits umgesetzt und welche Rolle spielen diese in Ihrer Strategie?

Es ist völlig klar: Künstliche Intelligenz revolutioniert die Arbeitswelt. Wir stehen hier – wie viele andere Unternehmen – noch am Anfang. Wir investieren in das Thema und fördern gleichzeitig, dass sich alle Mitarbeitenden damit vertraut machen. Dazu haben wir beispielsweise einen KI-unterstützten Chat Bot „ZuriChat“ im Einsatz, der unsere Mitarbeitenden bei der täglichen Arbeit unterstützt. Dieser ist Chat GPT-basiert, findet jedoch in einer sicheren Umgebung statt, sodass alle Informationen und Daten bestmöglich geschützt sind.

Gleichzeitig nutzen wir KI bereits in der Schadenbearbeitung, bei der Datenanalyse oder bei der Programmierung von etwa aktuariellen Modellen. Zurich wird auf KI-Technologie setzen, um Aufgaben zu automatisieren und die Effizienz zu steigern. Ich sehe hier ein enormes Potenzial für unsere Branche, dabei darf man jedoch die gesellschaftlich kritischen Fragen nicht außer Acht lassen. Wichtig ist für Zurich daher eine verantwortungsbewusste Verwendung von KI. Das bedeutet konkret: KI wird immer nur dort eingesetzt, wo es vorgelagerte Prozess-Schritte gibt, um es den Mitarbeitenden einfacher zu machen. KI setzen wir nicht in direkten Kundeninteraktionen ein oder in Bereichen, wo getroffene Entscheidungen eventuell nachteilig für die Kundinnen und Kunden sein können.

Die Weltwirtschaftslage bleibt unsicher, vor allem durch den Einfluss geopolitischer Spannungen, aber auch durch den Klimawandel. Wie beeinflussen diese Faktoren die Risikoeinschätzung und das Produktangebot von Zurich Österreich?

Der Klimawandel wird zu einer immer stärkeren volkswirtschaftlichen Belastung. Die Schweizer Rückversicherungsgesellschaft SwissRe hat in einem kürzlich veröffentlichten Bericht Österreich an weltweit vierter Stelle eingeordnet bei Unwetterschäden im Verhältnis zum BIP (0,25%). Auch weltweit gesehen lagen die Schäden durch Erdbeben, Sturm oder Überflutungen deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre mit stark steigender Tendenz. In ihrem aktuellen Bericht über das Jahr 2023 stellt SwissRe fest, dass die Schäden die größte Steigerung in Europa haben und dort Hagel der größte Treiber war. Es gibt zudem Schätzungen, dass sich die Schäden innerhalb der nächsten 10 Jahre verdoppeln könnten. Das wird dann natürlich enormen Einfluss auf unser Geschäft haben. Es wird dazu führen, dass Versicherungen gegen Unwetterschäden in bestimmten Regionen immer teurer werden. Das wiederum kann dazu führen, dass sich Menschen das nicht mehr leisten können. Damit werden die Diskussionen hinsichtlich politischer Lösungen gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft wieder an Fahrt gewinnen. Für uns bedeutet es, dass wir uns noch stärker mit der Prävention von klimabedingten Schäden beschäftigen müssen.

Welche neuen Ansätze oder Technologien setzt Zurich ein, um das Kundenerlebnis zu verbessern und Kundenfeedback zu erhalten?

Das Kundenerlebnis ist uns ein zentrales Anliegen. Daher befragen wir kontinuierlich an verschiedenen Kontaktpunkten Kundinnen und Kunden zu ihren Erfahrungen mit Zurich. Dabei kommt unter anderem die Methode des Net Promoter Score zur Anwendung. Dieser misst die Weiterempfehlungsbereitschaft von Kundinnen und Kunden und gilt als wichtige Kennzahl für Kundenzufriedenheit.

Ich bin wirklich stolz darauf, dass wir hier 2023 ein neues Rekordniveau erreicht haben. Besonders positiv war das Kundenfeedback 2023 in der Schadenerledigung und in der Beratung. Mein Dank gilt hier allen Mitarbeitenden, die Tag für Tag ihr Bestes geben und für unsere Kundinnen und Kunden da sind, wenn es darauf ankommt. Auch wenn wir uns über solche Ergebnisse natürlich freuen, so ruhen wir uns nicht auf ihnen aus. Sie dienen uns als Grundlage für weitere Optimierungen des Kundenerlebnisses.

Frauenvorsorge war im Vorjahr ein wichtiges Thema für Zurich in Österreich. Wird dieses Schwerpunktthema heuer fortgesetzt?

Ja, das Thema liegt uns als Unternehmen, aber auch mir persönlich sehr am Herzen. Wir nehmen unsere soziale Verantwortung sehr ernst, daher müssen wir Kundinnen weiterhin aktiv auf die Wichtigkeit der Pensionsvorsorge aufmerksam machen. Die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen muss weiter gestärkt werden. Nur eine zielgerichtete Beratung von Frauen in allen Lebensphasen kann Altersarmut entgegenwirken. Es ist bedrückend, dass Altersarmut stark weiblich ist. Jede fünfte Frau ab 65 bekommt in Österreich eine Pension unter der Armutsgrenze. Es ist daher wirklich wichtig, dass Frauen ihrer Altersvorsorge in die Hand nehmen.

Wie positioniert sich Zurich im internationalen Vergleich, insbesondere in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteile?

Zurich Österreich ist Teil der weltweit präsenten Zurich Insurance Group, die Privatpersonen und Unternehmen in mehr als 200 Ländern und Gebieten betreut. Sie bietet neben Versicherungsschutz zunehmend auch Präventionsdienstleistungen an, die beispielsweise das Wohlbefinden fördern und die Klima-Resilienz stärken.

Im Einklang mit dem Ziel, „gemeinsam eine bessere Zukunft zu gestalten“, strebt Zurich als globales Unternehmen danach, eines der verantwortungsbewusstesten und wirkungsvollsten Unternehmen der Welt zu sein. Zurich beabsichtigt, bis 2050 das Zeil von Netto-Null-Emissionen zu erreichen, uns sie verfügt über das höchstmögliche ESG-Rating von MSCI. Im Jahr 2020 lancierte Zurich das Projekt „Zurich Forest“, um die Wiederaufforstung und Wiederherstellung der Biodiversität in Brasilien zu unterstützen. Die Zurich Insurance Group ist weltweit einer der Top 5 Mehrspartenversicherer sowie Top 3 unter den Versicherern von großen Firmenkunden.

Wie zufrieden waren sie mit dem Geschäftsjahr 2023.

Ich bin mit dem Geschäftsjahr 2023 sehr zufrieden. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen konnte Zurich Österreich sowohl das Ergebnis als auch das Eigenkapital deutlich steigern. Wir waren in einem weiteren herausfordernden Jahr ein verlässlicher Partner für unsere Kundinnen und Kunden. Wir haben wichtige Initiativen wie den Ausbau unseres nachhaltigen Fondsangebots sowie die bedarfsgerechte Beratung von Frauen hinsichtlich Vorsorge umgesetzt. Wir vorhin bereits besprochen, werden künftig die Themen Klima-Resilienz sowie die Prävention von Unwetterschäden zentral sein.

Die Entwicklung der Inflation und damit verbunden der Kaufkraft haben ebenfalls Einfluss auf unser Geschäft. Gemessen dran, dass Österreich heuer ein Nullwachstum aufweisen wird, sehen wir eine enorm stabile Nachfrage für Versicherungsprodukte am österreichischen Markt. Auch die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber ist ein wesentliches Thema, um die besten Köpfe zu gewinnen und zu halten. Hier bin ich stolz darauf, dass wir schon seit Jahren ein sehr gutes internes Talent Management haben. 

Foto: Zurich

Dr. Barbara Kolm. Die Wirtschaftswissenschafterin und ehemalige Vizepräsidentin des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank ist Leiterin des Friedrich A. v. Hayek Instituts.

 

Lesen Sie hier, was sie zu wichtigen Themen wie Inflation, Intervention und Inflation zu sagen hat.

 

Wie lange werden wir noch mit einer hohen Inflation rechnen müssen?

Kurzfristig wird es davon abhängen, ob Österreich in eine Rezession schlittert oder nicht. Im Falle einer Rezession ist davon auszugehen, dass die Inflation stark sinkt oder gar eine Deflation eintritt. Diese Möglichkeit ist nicht zu vernachlässigen. Mittelfristig ist jedoch, möglicherweise sogar für die nächsten Jahre, mit höherer Inflation zu rechnen.

Die Gründe sind Folgende: erstens ist von einer neuen Phase der geldpolitischen Lockerung auszugehen - die EZB spricht bereits von baldigen Leitzinssenkungen. Wie stark diese geldpolitische Lockerung ausfällt, wird sowohl von der Wirtschaftsentwicklung als auch von eventuellen Problemen bei der Finanzierung der staatlichen Schulden abhängen. Zweitens sorgt die zunehmende Regulierung für einen Produktivitätsverlust, der zu höheren Preisen führen wird.

Drittens werden die Preise auch durch eine zunehmende De-Globalisierung ansteigen. Viertens sorgt die Alterung der Gesellschaft für ein geringeres Güterangebot, weil weniger Menschen arbeiten, bei einer gleichzeitig höheren Güternachfrage. All das macht es wahrscheinlich, dass wir uns auf absehbare Zeit auf hohe Inflationsraten einstellen müssen.

Ist es möglich, die wirtschaftspolitischen Interventionen in Österreich und Europa ohne größere Schäden für die Wirtschaftsstandorte und die Bevölkerung zu beenden?

Jede größere Anpassung ist mit Unsicherheiten verbunden. Zu erwarten ist, dass bei einem Ende der wirtschaftspolitischen Interventionen kurzfristig zahlreiche Unternehmen vor Probleme gestellt werden, die auch mit Insolvenzen verbunden sind. Das betrifft insbesondere diejenigen Unternehmen, die von wirtschaftspolitischen Interventionen profitieren, also primär im staatsnahen Sektor.

Es ist jedoch zu beachten, dass sich ohne Interventionen zahlreiche neue Möglichkeiten für alle Marktteilnehmer ergeben, und dass deshalb Ressourcen so alloziert werden, die der Konsumentennachfrage besser entsprechen. Insofern findet durch ein Ende wirtschaftspolitischer Interventionen eine Art schöpferische Zerstörung statt, an deren Ende die Produktion den Bedürfnissen der Konsumenten besser entspricht als zuvor.

Wie lange signifikante Probleme durch die Anpassungen auftreten, hängt von den ungehinderten Anpassungen und dem Ausmaß an Interventionen ab. Bei einem vollumfänglichen Ende wirtschaftspolitischer Interventionen ist davon auszugehen, dass Anpassungen sehr schnell - innerhalb einiger Monate - vonstatten gehen und deshalb größere Schäden verhindert werden können. Mittelfristig sind Produktivitätssteigerungen und Anpassungen an die Bedürfnisse der Konsumenten zu erwarten.

Ihre Meinung zu den Maßnahmen und der Rolle der EZB?

Die EZB, als deren Vorbild lange Zeit die deutsche Bundesbank genannt wurde, wird in vielen Bereichen ihrem Mandat und Zielen nicht mehr gerecht. Schlimmer noch: Es wird in vielen Situationen wahrscheinlich gegen das vorrangige Ziel der Preisstabilität verstoßen (Artikel 127 Absatz 1 AEUV). Dort ist u.a. geregelt, dass andere Ziele nur dann verfolgt werden dürfen, wenn sie das Ziel der Preisstabilität nicht beeinträchtigen.

Wenn die EZB dennoch Ziele verfolgt, die zumindest potenziell die Preisstabilität gefährden, ist das bedenklich. Darunter fällt die Null-Zinspolitik, die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise, die Euro-Rettung („whatever it takes”), die Stimulierung der Wirtschaft und nun die Klimarettung – im Gewand der Green Finance. All diese Ziele wurden und werden offensichtlich als der Preisstabilität übergeordnete Ziele behandelt, weshalb sie Artikel 127 Absatz 1 AEUV widersprechen könnten. Abgesehen von der juridischen Komponente wirken viele Maßnahmen der EZB kurz- bis mittelfristig wegen der Zerstörung von Anreizen volkswirtschaftlich kontraproduktiv.

Ein unverantwortlicher Umgang mit Risiken in vielen Bereichen der Finanzwirtschaft und die “too big to fail”-Problematik sind zwei der evidenten Auswirkungen verfehlter Maßnahmen. Darüber hinaus führen Überregulierung und überbordende Compliance-Regeln zu Produktivitäts- und Wachstumsverlusten im Sektor.  Insofern wäre eine kritische Diskussion sowohl über die Rolle als auch die Aufgaben der EZB nach mehr als zwei Jahrzehnten angebracht.

Ist eine Wirtschaftskrise noch zu verhindern? Wie gefährdet ist der Euro?

Nein. Eine Wirtschaftskrise auf nationaler Ebene ist eine Zeit, in der wirtschaftliche Fehlentscheidungen der Vergangenheit korrigiert werden. Das ist auch notwendig, damit wirtschaftliche Produktion den Bedürfnissen der Konsumenten entspricht. In den vergangenen 15 Jahre wurden durch Verzerrung der Preissignale als Folge expansiver Geldpolitik zahlreiche Fehlentscheidungen getroffen, die früher oder später korrigiert werden müssen.

Erstens weil die Produktivität immer weiter abnimmt und zweitens die Produktion an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbei geht. Aber diese Korrektur - und damit die Wirtschaftskrise - kann durch expansive Geldpolitik und Staatshilfen viele Jahre lang hinausgeschoben werden. Allerdings ist dieses Hinausschieben (kick the can down the road) für Konsumenten und Steuerzahler extrem teuer und mit steigendem Inflationsdruck verbunden. Das größte Problem ist, dass sich die zu korrigierenden Fehlentscheidungen akkumulieren und deshalb die hinausgeschobene Krise umso stärker ist, je länger Korrekturen verhindert werden.

Angesichts einer 15 Jahre langen stark expansiven Geldpolitik, die schon davor etwaige Korrekturen nur in sehr begrenzten Rahmen zugelassen hat, gibt es zwei mögliche Szenarien: Entweder folgt die Wirtschaft dauerhaft nicht mehr den Konsumenteninteressen und wird durch zunehmende Produktivitätseinbußen und inflationären Druck dysfunktional. Das würde zu einem völligen Wirtschaftskollaps führen, der möglicherweise mit einem Zusammenbruch des Währungssystems einhergeht. Oder, wenn Korrekturen in vollem Ausmaß zugelassen werden, ist mit einer starken Wirtschaftskrise zu rechnen, weil Fehlentscheidungen, die sich über viele Jahre akkumuliert haben, korrigiert werden müssen.

Obwohl beide Szenarien äußerst unerfreulich sind, ist das Zulassen einer umfassenden Korrektur der bessere Weg, weil er mit geringeren Schäden für die Bevölkerung einhergeht. Der Euro wäre in beiden Szenarien gefährdet. Bedauerlicherweise ist davon auszugehen, dass der erste Weg eingeschlagen wird, weil so das Scheitern länger hinausgezögert werden kann und die Verantwortung für das Scheitern der Politik auf andere Akteure abgeschoben werden kann.

Foto: Sabine Klimt

Mag. Angelika Sommer-Hemetsberger. Ein ABW-Interview mit der Vorständin der OeKB über das große Thema Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit.

 

Als Vorstandsmitglied der Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB) spielen Sie eine entscheidende Rolle bei der Förderung der österreichischen Wirtschaft und Exportindustrie. Wie hat sich die Strategie der OeKB in den letzten Jahren angesichts der sich ständig verändernden globalen Wirtschaftslage entwickelt?

Die Strategie der OeKB ist unverändert: Wir fördern mit vielfältigen Services das Wirtschaftswachstum und stärken den heimischen Standort im globalen Wettbewerb – und wir reagieren dabei stets auf die aktuellen Entwicklungen. Gemeinsam mit meinem Vorstandskollegen Helmut Bernkopf und dem hervorragenden Team der OeKB sind wir laufend darum bemüht, unser Produktportfolio weiter zu optimieren. So stellen wir im Bereich der Export Services als Reaktion auf die Auswirkungen des Ukraine-Krieges beispielsweise gemeinsam mit dem BMF seit Februar 2023 eine attraktive Finanzierungslösung für den Umstieg auf Erneuerbare Energien bereit, der im Hinblick auf die Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit ein Gebot der Stunde ist. Und mit einer Attraktivierung der Exportgarantien unterstützen wir die Unternehmen bei der Diversifikation der Märkte.

Die Förderung von Exporten und internationalen Projekten ist ein zentraler Bestandteil der OeKB. Welche neuen Initiativen hat die Bank eingeführt, um österreichische Unternehmen dabei zu unterstützen, neue Märkte zu erschließen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken?

Mit Exportgarantien des Bundes können Projekte auch in schwierigen Märkten abgesichert werden. Hier haben wir im Sommer 2023 unter anderem die Deckungsquoten erhöht und die Wertschöpfungsregeln weiter liberalisiert. Zudem können wir durch unsere Zusammenarbeit mit Finanzinstituten in vielen Ländern auch internationale Großprojekte finanzieren, bei denen nur ein Teil der Lieferungen und Leistungen aus Österreich stammt. Worauf wir stark fokussieren ist der Bereich der „Green Finance“ in unserem Kerngeschäft und wir treffen damit auch den Puls der Zeit unserer Kundinnen und Kunden. So ist seit einigen Monaten die „Exportinvest Green Energy“ als Produkt in unser Portfolio eingezogen. Damit werden Investitionen in Erneuerbare Energien und nachhaltige Energieversorgung noch attraktiver.

Wie integriert die OeKB Umwelt- und Sozialstandards in ihre Finanzierungsaktivitäten, insbesondere im Hinblick auf globale Entwicklungsziele und den Klimawandel?

Aufgrund von nationalen und internationalen Regelungen unterziehen wir alle Projekte einer Umwelt- und Sozialprüfung. Da gibt es ein eigenes Team mit sehr hohem Know-how. Im Bereich der Finanzierungen setzten wir gemeinsam mit dem Finanzministerium seit vielen Jahren gezielte Anreize für Investitionen und den Umwelt- und Klimaschutz. Und wir sind hier auch auf dem internationalen Kapitalmarkt aktiv, indem wir „Sustainability Bonds“ begeben.

Seit 2019 haben wir bereits fünf Nachhaltigkeitsanleihen mit einem Volumen von insgesamt rd. 1,8 Mrd. Euro emittiert, um damit Umwelt- und Sozialprojekte zu finanzieren. Einen weiteren Beitrag leistet hier die Oesterreichische Entwicklungsbank, unsere 100%-Tochter. Sie hat sich mit mittlerweile 500 umgesetzten Projekte als zentraler Player innerhalb der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit etabliert. 

Wie positioniert sich die OeKB im digitalen Wandel und welche Maßnahmen ergreift sie, um innovativ zu bleiben und die Effizienz ihrer Dienstleistungen zu steigern?

Die Digitalisierung ist der zukunftsweisende Trend unserer Zeit. Wir beobachten die Entwicklungen in der Branche und evaluieren auch laufend den Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder Möglichkeiten wie Blockchain. Bei Zweiterem haben wir bereits vor einigen Jahren im Zuge der Begebung von Bundesanleihen Erfahrung gesammelt. Einige Mitarbeitende widmen sich gezielt dem Innovationsthema bei uns im Haus und neuen Ideen.

„Out-of-the-box“-Denken ist bei uns sehr willkommen. Eine moderne Kundenplattform oder die Abwicklung diverser Produkte und Prozessschritte online ist für uns schon lange gelebte Realität. Als Finanzdienstleisterin bewegen wir uns zwar in einem strengen Korsett an regulatorischen Vorgaben, in diesem Rahmen sind wir aber sehr aktiv.

Die OeKB spielt auch eine wichtige Rolle im österreichischen Kapitalmarkt, insbesondere bei der Verwahrung von Wertpapieren und der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen. Wie reagiert die Bank auf aktuelle Trends und Entwicklungen im Bereich der Kapitalmarktinfrastruktur?

Angebote rund um den Lebenszyklus eines Wertpapiers, das Auktionieren von Bundesanleihen oder das Finanzclearing und Risk Management für den österreichischen Energiemarkt zeichnen unsere Kapitalmarkt Services aus. All diese Tätigkeiten haben eine große technische Komponente und sind hochgradig digitalisiert. Genauso ist aber auch die Nachfrage da. Beispielsweise können Sammelurkunden nun digital eingereicht werden, was auf sehr großes Interesse stößt.

Ein hoher Digitalisierungsgrad hat vielfältige Auswirkungen. Wir sehen es als unsere Aufgabe am Puls der Zeit zu agieren, Möglichkeiten zu antizipieren, mit dem Markt zu evaluieren und unseren Stakeholdern dann entsprechende Angebote zu machen. Zusammengefasst: wir sehen darin mehr Chancen als Herausforderungen.

Die OeKB ist bekannt für ihre enge Zusammenarbeit mit verschiedenen internationalen Organisationen und Partnern. Welche Synergien ergeben sich aus dieser Zusammenarbeit und wie trägt sie zur Stärkung der österreichischen Wirtschaft und ihrer internationalen Präsenz bei?

Bereits seit 1946 stärkt die OeKB Gruppe den Standort Österreich mit zahlreichen Services für kleine, mittlere und große Unternehmen sowie die Republik Österreich. Es ist richtig, dass wir damit eine besondere Stellung als zentrale Finanzdienstleisterin innehaben. Die Services sind vielfältig, doch alle leisten einen Beitrag zum Erfolg unserer Kundinnen und Kunden und zur nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. 

Es sind fünf große Servicebereiche, in denen wir aktiv sind. Überall dort fördern wir das Wirtschaftswachstum in Österreich und stärken den Standort Österreich im globalen Wettbewerb. Das betrifft unsere Export, Kapitalmarkt, Energiemarkt und Tourismus Services genauso wie die Entwicklungsfinanzierung.

Als Entwicklungsbank der Republik Österreich spielt die OeEB eine wichtige Rolle bei der Förderung von Entwicklungsprojekten in aufstrebenden Märkten. Welche Erfahrungen hat die Bank bei der Zusammenarbeit mit Regierungen und Organisationen in Entwicklungsländern gemacht und welche langfristigen Auswirkungen haben diese Projekte?

Unsere 100%-ige Tochter OeEB feierte im Vorjahr ihr 15-jähriges Jubiläum. Solange schon vergibt sie langfristige Finanzierungen für Investitionen privater Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Eines haben all diese Projekte gemeinsam: Sie müssen nicht nur wirtschaftlich sinnvoll sein, sondern auch nachhaltige entwicklungspolitische Wirkung erzielen. Das bedeutet beispielsweise Arbeitsplätze zu schaffen, lokales Einkommen zu generieren oder auch CO2-Emissionen einzusparen.

Die Effekte der Projekte sind somit alle nachhaltig geplant und spürbar. Durch regelmäßiges Monitoring über die gesamte Projektlaufzeit hinweg haben wir die Möglichkeit zu lenken und durch unterstützende Maßnahmen die Wirkung der Projekte auch zu späteren Zeitpunkten mitzugestalten. Die wertschätzende und ergebnisorientierte Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen vor Ort ist wesentlich für den Projekterfolg. 

Die Sicherung der finanziellen Stabilität und Integrität ist eine grundlegende Verantwortung einer Bank. Welche Maßnahmen ergreift die OeKB, um Risiken zu managen und die Compliance mit regulatorischen Anforderungen sicherzustellen?

Die OeKB wickelt viele ihrer Dienstleistungen im Auftrag der Republik Österreich ab. Wir sind uns unserer Verantwortung in dieser Rolle sehr bewusst. Die Compliance mit regulatorischen Anforderungen ist essenziell für unser Geschäft. Unser Legal & Compliance-Team deckt hier den strategischen Bereich ab, genauso wie den der Verfahren wie die Risikoanalysen oder Richtlinienumsetzung. Darüber hinaus schulen wir unsere Mitarbeitenden regelmäßig zu den regulatorischen Anforderungen und Compliancethemen.

Die Förderung von Innovation und Forschung ist entscheidend für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Welche Initiativen ergreift die OeKB, um österreichische Unternehmen bei der Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu unterstützen und die Innovationskraft.

Wir unterstützen heimische Exportunternehmen mit unserem Produktportfolio sowohl bei Standortinvestitionen als auch im Exportgeschäft und bei der Erschließung neuer Märkte. Der Fokus auf moderne Technologien und nachhaltige Investments ist bei uns ein großer. Mit unseren Haftungs- und Finanzierungsinstrumenten können wir oftmals innovativen Projekten den Start ermöglichen. Parallel dazu arbeiten auch wir an Produkten, die die Unternehmen auf diesem Weg unterstützen können.

Im Bereich der Nachhaltigkeit haben wir vor zwei Jahren den OeKB >ESG Data Hub lanciert. Damit bieten wir einen österreichischen Standard zur Erfassung von Nachhaltigkeitskennzahlen an. Über 80 Prozent der heimischen Banken greifen bereits auf diese Daten zurück. Für die Unternehmen bedeutet das eine ungemeine Arbeitserleichterung.

Foto: OeKB / David Sailer

 

Dipl. BW Sabine Pfeffer. Im Vorjahr hat sie die Leitung des Ressorts Kunde & Markt Bank Österreich bei UNIQA übernommen und ist damit zuständig für die Marke Raiffeisen Versicherung. Im ABW-Interview zieht sie eine erste Zwischenbilanz.

 

Sie sind seit einem Jahr im Vorstand der UNIQA Versicherung. Welche Herausforderungen haben Sie in dieser Zeit gemeistert und welche besonderen Erfolge können Sie bereits vorweisen?

Ich bin bei UNIQA für das Ressort Kunde & Markt Bank Österreich verantwortlich und damit in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Raiffeisen unter der Marke Raiffeisen Versicherung tätig. Die Herausforderung war sicher, in kurzer Zeit zwei sehr erfolgreiche Unternehmen in ihrer Arbeit und ihrem Wirken kennen zu lernen: UNIQA und Raiffeisen.

Zudem war ich von Anfang an viel in Österreich unterwegs, um unsere wertvolle Raiffeisen-Kooperation persönlich zu vertiefen, gemeinsame Ziele zu besprechen und Perspektiven und Ideen der Banken mitzunehmen, um Handlungsfelder rascher zu erkennen. So ist es meinem Team und mir gelungen, im vergangenen Jahr einiges zu bewegen: Unter anderem haben wir unseren Kooperationsvertrag mit acht Raiffeisenlandesbanken weiterentwickelt und neue Vertriebsmodelle entwickelt, die sich bereits in der Pilotierungsphase befinden. Eine sehr spannende Zeit, in der wir Strukturen schaffen, die neues Wachstum ermöglichen. Es gibt keinen Lift zum Erfolg. Man muss die Treppe nehmen. Jeder Schritt ist ein Schritt zum Ziel.

Wie würden Sie Ihre Rolle im Vorstand beschreiben, insbesondere im Hinblick auf die strategische Ausrichtung der UNIQA Versicherung? 

Als Vorständin ist es meine Aufgabe, Anliegen voranzutreiben, die Entwicklung des Unternehmens zu gestalten und vor allem jeden Tag Vorbild zu sein. Dabei liegt mir auch die Förderung und das Empowerment von Kolleginnen und Frauen im Allgemeinen besonders am Herzen. Ich habe erkannt, dass auch das Top-Management nicht unfehlbar sein muss. Vielmehr muss es die Gestaltungskraft aus der Mitte des Unternehmens verstehen und einfordern - empathisch und reflektiert.

Als eine der führenden Versicherungen des Landes ist es unsere Aufgabe, unseren Kunden Sicherheit zu geben und gleichzeitig die Awareness für Themen wie umfassende Absicherung und finanzielle Vorsorge zu steigern. Vor allem die junge Generation müssen wir noch besser abholen. Gleichzeitig entwickeln wir uns zu einem ganzheitlichen Gesundheitsdienstleister und engagieren uns stark im Bereich Nachhaltigkeit. Mein Ziel ist es, mit der von mir verantworteten Marke Raiffeisen Versicherung einen wesentlichen Beitrag zu leisten - stark und profitabel zu wachsen, mit Top-Service zu überzeugen, strategische Schwerpunkte zu setzen und die Digitalisierung als zusätzliche Vertriebschance zu nutzen.

Welche neuen Technologien oder Services setzt UNIQA ein und wie beeinflussen diese die Kundenbeziehung?

Die digitale Transformation ist für uns als UNIQA keine Option, sondern eine Notwendigkeit, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unsere Kundinnen und Kunden stehen im Mittelpunkt unseres Handelns. Mit Service Excellence in vielen Facetten machen wir unseren Kunden das Leben leichter und stärken die Kundenbindung. Gleichzeitig wollen wir noch agiler und effizienter werden. Genau hier ist Robotic Process Automation (RPA) ein wichtiger Hebel.

Im Kundenservice gibt es viele einfache und repetitive Anwendungen für Roboter. Indem sie diese manuellen Tätigkeiten übernehmen, schaffen sie Freiräume für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit diese sich mit mehr Zeit und Sorgfalt um komplexe Aufgaben kümmern können. 

Der eigentliche Moment der Wahrheit in der Beziehung zu unseren Kunden ist das Schadenmanagement. Hier zählt, wie schnell wir reagieren und wie lange es dauert, bis das Geld auf dem Konto ist. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) optimiert UNIQA in den Sparten Kfz-Kasko, Rechtsschutz, Elementar und Krankenversicherung laufend die Dunkelverarbeitung, also die automatische Schadenabwicklung ohne menschliches Zutun. Dabei ist zu beachten: Wenn eine Leistung abgelehnt werden muss, entscheidet das niemals die KI allein. Hier sind immer Schadenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zur abschließenden Prüfung hinzugezogen.

Gerade bei den Unwetterereignissen im vergangenen Sommer konnten wir mit KI die Bearbeitung tausender Schadensmeldungen enorm beschleunigen. Als größter privater Gesundheitsversicherer Österreichs machen wir unseren Kundinnen und Kunden auch in der ambulanten Krankenversicherung das Leben leichter. Die Apothekenrechnung mit wenigen Klicks am Handy einscannen oder abfotografieren, mit der myUNIQA App hochladen und in kürzester Zeit die Leistungsauszahlung auf dem Konto haben - das ist gelebtes Kundenservice und unser Qualitätsanspruch. Darüber hinaus wollen wir mit unserer Omnikanal-Strategie, also der engen Verzahnung der Vertriebs- und Kommunikationskanäle, ein nachhaltiges Kundenerlebnis ermöglichen. Die Unfallversicherung zum Beispiel ist schon heute komplett online abschließbar.

Wie bindet UNIQA die Marke Raiffeisen Versicherung in die Gesamtstrategie ein und welche Synergien werden zwischen den Marken genutzt, um den Unternehmenswert zu steigern?

Mit der Marke Raiffeisen Versicherung sind wir ganz nah an den Bankkunden und ihrem täglichen Leben, ihren Bedürfnissen und Sorgen. Unsere Kooperation mit Raiffeisen ist daher eine starke Verbindung mit vielen Chancen und großem Potenzial, unsere Kundinnen und Kunden über die Banken in Versicherungsfragen zu erreichen und ihnen eine vertraute Begleiterin in ihren Lebensereignissen zu sein. Genau mit dieser Frage beschäftigen wir uns bereits sehr intensiv, um hier ganz gezielt die notwendigen Prioritäten und strategischen Maßnahmen ableiten zu können.

Welche konkreten Initiativen setzt UNIQA, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und gleichzeitig soziale Verantwortung zu übernehmen?

Als eines der führenden Versicherungsunternehmen des Landes schenken wir der sich abzeichnenden Klimakrise große Aufmerksamkeit, nicht zuletzt, weil die daraus resultierenden Risiken direkte Auswirkungen sowohl auf die Veranlagung als auch auf unsere Rolle als Risikoträgerin haben. Wir bekennen uns zu den Klimazielen von Paris und streben in Österreich bereits bis 2040 Klimaneutralität an. Dieses weitreichende Bekenntnis hat konkrete Auswirkungen auf alle Geschäftsbereiche.

Wir sind uns bewusst, dass der Green Deal nur gelingen kann, wenn unsere Industrie als größter Investor in Europa diesen Hebel nutzt. Auch in der Produktpolitik treiben wir die Energiewende voran, zum Beispiel mit nachhaltigen fondsgebundenen Lebensversicherungen. Und nicht zuletzt setzen wir Klimaschutzziele in unserer eigenen Betriebsführung um: Dazu gehören die Senkung des Stromverbrauchs und die Ökologisierung des Fuhrparks. Zur Analyse des Strom-, Wärme- und Wasserverbrauchs in den rund 90 Servicecentern, den neun Landesdirektionen und der UNIQA Zentrale in Österreich wurde das UNIQA Energiemonitoring entwickelt, mit dem der Energieverbrauch zeitnah überwacht werden kann. Dieses Best-Practice-System in der Versicherungsbranche dokumentiert den Anspruch, den eigenen Energie- und Ressourcenverbrauch laufend zu minimieren.  

Welche beruflichen Pläne wollen Sie 2024 umsetzen?

Wir leben in einer Zeit permanenter Krisen und Sicherheit ist ein ganz zentrales Bedürfnis der Menschen. Hier können wir als großer Versicherer, als UNIQA und als Marke Raiffeisen Versicherung einen wichtigen und wertvollen Beitrag leisten. Gemäß der UNIQA Finanzvorsorgestudie 2023 werden Bankberater immer mehr um Information und Rat gefragt und vertrauen ihrer Raiffeisenbank. Unsere Kunden wollen persönlich oder digital auf Absicherung und Vorsorge angesprochen werden. Dies konsequent zu tun, ist ein wesentliches gemeinsames Kernziel, auf das wir uns verständigt haben und auf das wir ab 2024 einen starken Fokus legen - begleitet von einer Reihe konkreter strategischer Initiativen und Vertriebsschwerpunkte. Wir gestalten die Zukunft aktiv.

Foto: Isabelle Köhler & Natascha Unkart

Dipl.-Psych. Jana David-Wiedemann. Als BBDO Wien-CEO kennt sie die Strategien für mehr Aufmerksamkeit und Erfolg.

 

Wie sehen Sie die Zukunft der Agenturbranche angesichts der rasanten Digitalisierung und welche Kompetenzen sind notwendig, um weiterhin erfolgreich zu sein?

Wandel ist normal und sogar erwünscht. Unsere Arbeit wird immer komplexer und wir müssen mit wachsendem Tempo auf Änderungen im Marktumfeld reagieren. Die Digitalisierung hat uns eine Masse an neuen Werkzeugen gegeben – uns stehen nun viel mehr Möglichkeiten für die Kommunikation zur Verfügung. Kommunikatoren müssen nun verstärkt wissen, wie sie mit den diversen Tools zusammenarbeiten können.

In der faszinierenden Vielfalt von Werkzeugen braucht es vor allem unser Talent, authentisch und nahbar zu kommunizieren. Somit brauchen Strategen und Kreative auch in Zukunft vor allem das, was auch in der Vergangenheit ausschlaggebend war: Sie müssen Menschenkenner sein und Ideen in Bilder, Formen oder Worte übersetzen können. 

Hat die Digitalisierung die Zusammenarbeit mit den Kunden erleichtert oder erschwert? 

Einerseits werden die Menschen durch die zunehmende Digitalisierung immer Technik- affiner, so auch unsere Kunden. Viele Unternehmen besitzen bereits interne Experten im Social Media- oder Digitalbereich. Andererseits wird, wie bereits erwähnt, die Zahl der Tools, die uns in der Kommunikation zur Verfügung stehen, immer größer.

Eines dieser Tools ist Künstliche Intelligenz. Viele Kunden meinen, dass Aufgaben durch die Anwendung von KI schneller umgesetzt werden können. Die Praxis sieht anders aus. Egal ob im Entwickeln einer Strategie oder in der Kreation: Ein fundiertes Prompting der KI ist essenziell. Dieses Briefing bedeutet ein hohes Zeitinvestment – denn noch kann die KI nicht in unsere Hirne blicken. Hier ist unser Können gefragt, der KI jenen passenden Prompt zu geben, der die entsprechenden Ergebnisse liefert – dabei würde ich auch das durchaus als einen kreativen Prozess bezeichnen. 

In der Kreativ-Branche zu arbeiten, galt lange Zeit als Traumjob. Ist diese Faszination bei den Young Potentials noch zu spüren? Viele Young Talents wollen weiterhin für bekannte Agenturmarken wie BBDO Wien oder DDB Wien arbeiten. Bekannte Agenturmarken haben einen gewissen Magnetismus, der nachwachsende Talente fasziniert. Wenn es darum geht die neue Generation an Kreativen jedoch auch aktiv im Unternehmen zu halten, muss eine Agentur schlagfertige Benefits bieten: Young Talents sind besonders kritisch in der Analyse der Vor- und Nachteile eines potentiellen Arbeitgebers.

Wir begeistern mit beliebten und vielfältigen Kunden sowie durch unterschiedliche Disziplinen und gelebte flache Hierarchien. Jeder Kunde hat andere Bedürfnisse, auf die wir mit unserer Beratung empathisch eingehen. Wir müssen neue Umgehensweisen und Abläufe zulassen, andere Räume schaffen, damit sich die – in jedem Fall vorhandenen – Potenziale bestmöglich entfalten. Gestatten wir uns – bei aller Sehnsucht nach Struktur für Effizienz – jedes Projekt sich anders gestalten zu lassen. Das macht das Arbeiten in einer Agentur so unglaublich spannend und vielschichtig. 

Ihre Ziele und Pläne für dieses Jahr? 

Mein Ziel ist es, dass wir Ende dieses Jahres gemeinsam als Team auf die vergangenen zwölf Monate zurückblicken und dabei Stolz für unsere Leistungen empfinden. Bekommen wir dieses Echo dann auch von unseren Kunden, macht es das Jahr erfolgreich. Denn am Ende des Tages ist für mich aber immer noch der Mensch im Mittelpunkt. Mein Anspruch ist: Menschen erst fördern, dann fordern – und damit für alle einen great place to work and create zu schaffen. Wir investieren daher auch bewusst in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter, damit sie Aufgabenstellungen möglichst selbstsicher und effizient lösen können.

Foto: BBDO Wien

Sie ist stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Generaldirektor-Stellvertreterin der Wiener Städtischen Versicherung. Ihr Ziel für die kommenden Jahre: In allen Sparten ein Wachstum über Markt zu erzielen.

 

Wir sind trotz der Polykrisen und der hohen Inflation mit unsere Geschäftsentwicklung sehr zufrieden. So sehen wir in der Lebensversicherung, die in den vergangenen Jahren wegen der niedrigen Zinsen eher verhalten nachgefragt war, mittlerweile eine klare Trendumkehr. Ebenso zeigt sich, dass Kundinnen und Kunden gerade in Krisenzeiten verstärkt nach Sicherheit und Halt suchen. Das sehen wir sowohl in einer starken Nachfrage nach Sachversicherungen als auch in der privaten Gesundheitsvorsorge“, sagt Sonja Steßl. 

Private Vorsorge im Fokus

Das vorherrschende Versicherungsthema der Zukunft wird für die Wiener Städtische die Personenversicherung, also der Schutz des eigenen Lebens samt Familie sein. Einen zentralen Stellenwert wird dabei die private Altersvorsorge einnehmen. Der demografische Wandel und die in Pension drängende Baby-Boomer-Generation bringen das Umlagesystem weiter in Schieflage.

Daher werde es immer wichtiger privat vorzusorgen, um die Gefahr von Altersarmut zu reduzieren. „Hier sehen wir künftig großes Potenzial. Dazu gehört aber auch eine umfassende Gesundheitsvorsorge, die über das staatliche System hinausgeht. Viele wünschen sich kürzere Wartezeiten auf Termine beim Arzt und dass sich die Ärzte länger Zeit nehmen. Wir verstehen private Gesundheitsvorsorge als Ergänzung zum staatlichen System, die eben mehr bietet. Und: Die Absicherung des eigenen Hab und Guts wird weiterhin stark bleiben“, so die Managerin.

Kostspielige Naturkatastrophen

Derzeit sei man mit einer starken Schadensinflation konfrontiert, das heißt, die Reparaturen von Schäden, sei es etwa beim Auto oder am Eigenheim, werden empfindlich teurer. „Und wir erleben auch hautnah die Auswirkungen des Klimawandels. Heuer werden wir das zweithöchste Schadensjahr – allein aufgrund von Naturkatastrophen – unserer bald 200-jährigen Geschichte erleben. Zwar werden wir nicht das Rekordjahr von 2021 erreichen, als wir 200 Millionen Euro an unsere Kundinnen und Kunden für Sturm-, Hagel- und Hochwasserschäden ausbezahlten, aber mehr als 140 Millionen werden es auch heuer werden.

Der Trend stimmt uns nicht sehr zuversichtlich, wir rechnen damit, dass die Schadensentwicklung durch Unwetter anhalten wird“, so Steßl, die vor allem bei jüngeren Kundinnen und Kunden das Bedürfnis nach einem digitalen und schnellen Zugang zu Informationen und Produkten ortet. Dieser Entwicklung wurde mit einer Vielzahl von Lösungen Rechnung getragen, die damit auch den Servicekomfort deutlich erhöht. Etwa mit einer neuen Website, die Kundenbedürfnisse noch besser abdeckt oder mit Online-Services wie der ‚losleben‘-App, mit der Arzt-Rechnungen oder Schadensfälle ganz einfach von zuhause aus eingereicht werden können. Oberste Prämisse: Die Kundin und der Kunde entscheidet, wie sie und er mit der Wiener Städtischen kommunizieren möchte und diese stellt dazu die Möglichkeiten – digital oder offline – zur Verfügung.   

Ambitionierte Wachstumsziele

In der Lebensversicherung rechnet Steßl dank der Zinswende mit einer deutlichen Belebung. „Als größter Lebensversicherer des Landes werden wir davon am stärksten profitieren. Auch erwarten wir, dass die Nachfrage in der Sachversicherung und Gesundheitsvorsorge weiterhin hoch bleiben wird. Erklärtes Ziel ist es, in allen Sparten ein Wachstum über Markt zu erzielen“, sagt die Juristin. 

Online- Angebote und Frauenvorsorge
Ein besonderer Vorteil der Wiener Städtischen Versicherung ist, dass schon sehr früh mit der Digitalisierungsoffensive gestartet wurde und man jetzt in der Branche top sei. „Mit unserem konzerneigenen Start-up viesure haben wir 'inhouse' einen innovativen Partner, um digitale Services und Prozesse voranzutreiben. Gemeinsam haben wir erfolgreich unsere erwähnte „losleben“-App auf den Markt gebracht, die rasch zur bestbewerteten App unter den Versicherungs-Apps geworden ist.

Zusätzlich bieten wir eine Reihe von Versicherungen auch online an, wie etwa die Haushalts- oder Reiseversicherung. Darüber hinaus kooperieren wir mit Start-ups vor allem im Gesundheitsbereich, um einen echten Mehrwert für unsere Kundinnen und Kunden zu schaffen. Etwa mit dem Online-Geburtsvorbereitungskurs, der sehr gut angenommen wird“, sagt Steßl, die sich auch für die Frauen-Themen stark macht:  „Weil in Österreich Frauen im Durchschnitt eine um mehr als ein Drittel geringere Pension als Männer erhalten, setzen wir in der Wiener Städtischen schon seit dem Vorjahr – unter der Dachmarke „Women's Selection“ – einen speziellen Schwerpunkt auf das Thema Frauenvorsorge mit Blickrichtung Alters- und Gesundheitsvorsorge.

Dazu machen wir regelmäßig Informations-Veranstaltungen mit jungen Frauen. Dabei zeigt sich, dass sich viele von ihnen der drohenden Gefahr von Altersarmut gar nicht bewusst sind, weil sie sich zu wenig mit dem Thema der finanziellen Vorsorge auseinandersetzen. Vor dem Sommer fand wieder eine Veranstaltung statt und ich war begeistert, dass so viele Frauen gekommen sind aber auch überrascht, wie riesig der Informationsbedarf war. Mir zeigt das, dass wir mit unserer Initiative ein ganz wichtiges Thema anstoßen und so einen wichtigen Beitrag für ein selbstbestimmtes Leben von Frauen leisten.“ 

Foto: Marlene Fröhlich/luxundlumen

 

Silvia Richters Karriere ist eindrucksvoll – die einstige Merrill Lynch-Brokerin ist heute Vorständin der renommierten Zürcher Kantonalbank. ABW sprach mit der Managerin über Ihren Weg an die Spitze.

 

„Für meine Mitarbeiter bin ich wie eine Leitwölfin, die ihr Rudel organisiert und lenkt. Nicht aufgeben, sondern immer dranbleiben, sind Leitlinien die ich meinem Team vermittle,“ erzählt Silvia Richter schmunzelnd. Eigenschaften, die der Spitzenbankerin auch in schwierigen Zeiten immer wieder geholfen haben, durchzuhalten und weiterzumachen.

Weg ins Finanz-Business

Als Tochter eines Elektrohändlers in Wien-Brigittenau geboren, lernt sie früh, konsequent ihren eigenen Weg zu gehen. Der Vater, Jahrgang 1913, sieht für seine Tochter eine Ausbildung zur Krankenschwester vor. Sie hat andere Pläne: Medizin studieren und dann als Ärztin in Entwicklungsländern arbeiten. Kurzerhand meldet sie sich an der Sames-Schule in der Billrothstraße an.

Der tägliche Weg über den Donaukanal, ein Aufeinanderprallen zweier Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier der traditionelle Arbeiterbezirk, dort das bürgerliche Döbling. Silvia Richter weiß, was sie will. Und was sie nicht will. Sie zeigt Haltung und traut sich, ihre Meinung zu sagen. Während ihrer Gymnasialzeit wird sie Klassensprecherin, und merkt irgendwann, dass sie für ihre Träume vorab finanzielle Unabhängigkeit benötigt.

Um Geld zu verdienen, macht sie eine Ausbildung zur Hotel- und Gastgewerbeassistentin im Wiener Hotel Inter-Continental und arbeitet anschließend in einem Hotel-Start-up. Durch ein Gespräch mit einem Vermögensverwalter wird sie auf die Finanzwelt aufmerksam und steigt schließlich bei Merrill Lynch ein - der Beginn einer beeindruckenden Karriere.

„Damals kannte ich weder Merrill Lynch noch wusste ich, was ein börsennotiertes Unternehmen ist“, gibt Silvia Richter unumwunden zu. Doch die junge Frau ist ehrgeizig, wird gefördert, lernt schnell und gut. Bald kennt sie alle Geheimnisse des Finanzmarktgeschäfts. Es ist die Zeit des schnellen Geldes. Der Wall-Street-Broker mit den Hosenträgern, Vorbild für die Rolle des Gordon Gekko alias Michael Douglas.

Sie ist in Princeton, an der New Yorker Börse, spürt die fiebrige Energie, die in der Luft liegt, wenn Millionen und Abermillionen Dollar durch Kaufen und Verkaufen den Besitzer wechseln. Gewonnen werden. Oder verloren. Eine aufregende, lehrreiche Zeit, die ihr ein anderes, neues Verständnis für die Volatilität der Märkte vermittelte und acht Jahre andauern sollte.

Der Mensch steht in Mittelpunkt

Das Jahr 2000 wird zur Zäsur. Der Einsturz der beiden höchsten Türme des World Trade Centers beschert der Finanzwelt eine Zeitenwende und Entlassungswelle. Merrill Lynch – „The biggest Broker worldwide“ – kündigt 30.000 Mitarbeiter. Silvia Richter soll von Wien nach München wechseln und entscheidet sich anders. Statt börsennotierte Konzerne will sie die DNA der Privatbanken kennen lernen. Jetzt stehen die Kunden, die Menschen und ihre Lebenssituationen im Mittelpunkt, nicht ausschließlich das Kapital. Das gefällt ihr.

Sie beginnt bei Sal. Oppenheim. Fünf Jahre bleibt sie, eine Zeit, die sie nicht missen möchte. Dann die nächste Herausforderung: Der Ruf der Bank Hottinger. Ein Angebot, das Silvia Richter nicht ablehnen kann. Mit 36 Jahren wird sie Partnerin und in den Vorstand berufen. Als unternehmerisch denkender Mensch baut sie das Geschäft in Österreich in den kommenden sechs Jahren auf. 2008/2009 folgt die nächste Zäsur.

Der Mutterkonzern beschließt sämtliche Auslandstöchter aufgrund der nun strengeren – und damit kostenaufwendigeren – Regeln für Finanzinstitute zu schließen. Richter wickelt die Liquidation ab, setzt sich für Kunden und Mitarbeitende ein und verlässt - wie es sich für einen guten Kapitän gehört - zuletzt das sinkende Schiff. Eine schwere Zeit. „Rückblickend bin ich daran gewachsen“, sagt sie.

Verwaltung von Vermögen

Ihr Motto, das sie auch allen Leserinnen ans Herz legen möchte: Aufstehen und weitergehen. Und keine Angst vor Fehlern haben. „Fehler passieren, weil Informationen fehlen. Niemand ist fehlerfrei. Man sollte immer nach Lösungen suchen, nie nach Schuldigen". Nach Beendigung der Liquidation beginnt Silvia Richter ein Studium – an der SFU den Lehrgang für Organisations- und Personalentwicklung und Coaching um 2015 bei der Zürcher Kantonalbank Österreich ihre Bestimmung zu finden.

Die einzige Tochter der Zürcher Kantonalbank Schweiz (mit Standorten in der Hegelgasse in Wien und der Getreidegasse in Salzburg) bezeichnet sie als Wunscheinzelkind. Hier, zwischen modernen Gemälden junger Künstler, die in regelmäßigen Veranstaltungen präsentiert werden, berät sie und ihr Team Kunden in der Vermögensverwaltung. Zehn bis zwölf Stunden am Tag. Oftmals im Monat fährt sie mit dem Zug ins Salzburger Büro.

Kraft tankt die Managerin in der Stille. Bei Waldspaziergängen oder zu Hause bei einem guten Buch, derzeit Daniel Kehlmanns Roman „Lichtspiel". Auch der tägliche Fußmarsch ins Büro und abends wieder zurück – egal ob es stürmt oder schneit – hilft ihr, abzuschalten. „Ich gehe jeden Tag durch andere Gassen und staune wie eine Touristin über die Schönheit der Stadt. Da werden alle Probleme ganz klein", sagt sie.

Mit Expertise Lösungen finden

Im Rahmen ihrer Beratung lernt Silvia Schneider Unternehmens- und Familiengeschichten kennen. Und natürlich die Menschen. Sie liebt es, zuzuhören und mit ihrem Fachwissen die besten Lösungen zu finden. Es geht um Nachfolgeplanung, Kapitalerhalt, Crashkurse in Finanzfragen für die nächste Generation, und vieles mehr. Sie bezeichnet diesen Überbau gerne als Vermögensarchitektur. Denn auch wenn ein Haus gebaut werden soll, muss man in der Planungsphase wissen, wo, warum und wie.

„Bei der Zürcher Kantonalbank geht es um Stabilität, Wertschätzung, Vertrauen und Diskretion. Wachstum ist wichtig, aber auch Kontinuität. Als 150-jährige Traditionsbank mit Triple-A-Rating können wir unseren Kundinnen und Kunden beides bieten, sagt Vorständin Silvia Richter und verspricht: „Wir sind gekommen, um zu bleiben“

Foto: Zürcher Kantonalbank

Mit Februar 2024 hat Eva Engelberger die Leitung der Bereiche Kommunikation, Marketing & Customer Services des MuseumsQuartier Wien übernommen. ABW sprach mit der Kulturexpertin.

 

Die Kulturmanagerin verfügt über langjährige Erfahrung im Museumsbereich, mit Stationen in MAK, mumok und Kunst Haus Wien. Zuletzt wurde sie in der NÖ Kulturwirtschaft GmbH (NÖKU) mit einem umfassenden Digitalisierungsprojekt betraut und verantwortete als Geschäftsführerin die Kunstmeile Krems und die Badener Kulturbetriebs GmbH.

Bitte beschreiben Sie uns kurz Ihr neues Aufgabengebiet?

Das MuseumsQuartier widmet sich seit seiner neuen Direktion mit Bettina Leidl neuen Aufgaben. Darunter ist die schrittweise Begrünung des Areals, die klimafitte Aufrüstung der Gebäude, u.v.m. Meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit meinem Team, auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Mitteln, die Schärfung und Weiterentwicklung dieses Areals zu positionieren und zu kommunizieren.

 Was war bisher ihr größter beruflicher Erfolg?

Dass ich meine Kompetenzen in einem unternehmerischen Kontext so einsetzen konnte, dass sie sich nahtlos in ein übergeordnetes Ziel integrieren ließen und zum Erfolg der Projekte beigetragen haben.

Was schätzen Sie besonders an Ihrer Tätigkeit?

Das Leiten eines tollen Teams, die Auseinandersetzung mit wichtigen Inhalten und – was besonders cool ist – das Arbeiten an diesem Ort, den ich beruflich schon immer geschätzt habe und der mich auch nie losgelassen hat.

Wie wichtig ist Ihnen Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist seit meiner Tätigkeit im Kunst Haus Wien eins meiner Kernthemen und Key Assets, und mir daher besonders wichtig.

Ihre Pläne und Ziele für 2024?

Mein Ziel ist es, das MuseumsQuartier in Verbund mit seinen vielfältigen Institutionen und Initiativen, sowie unserem neu etablierten eigenen Programm, an Frau, Mann und Kind zu bringen. Besucherinnen und Besucher sollen diesen Ort immer wieder aufs Neue entdecken.

Foto: MuseumsQuartier, eSeL-Lorenz Seidler

Beraterin Lilian Gehrke-Vetterkind begleitet Frauen mit ihrem aktuellen Buch auf dem Weg an die Spitze.

 

Ein Mann, nennen wir ihn Christian, und eine Frau, Tanja, betreten gleichzeitig das große Unternehmensgebäude. Beide haben gerade ihr BWL-Studium abgeschlossen – Tanja mit deutlich besseren Noten. Beide möchten heute in Firma X ihre berufliche Karriere starten. Den Weg von der Lobby hinauf zur Chefetage markieren blaue und rote Pfeile. Der blaue Weg für Männer führt Christian direkt zum Aufzug, die weibliche Route leitet Tanja Richtung lang gezogenes Treppenhaus.

So oder so ähnlich fühlt sich Karriere für Frauen mitunter an. Das bildhafte Beispiel um Christian und Tanja im aktuellen Buch „Frau kann Chef“ zeigt eindrücklich, wie die Realität in Unternehmen oft aussieht. Mit bekannter Konsequenz: Die Frauenquote in Führungspositionen sieht nach wie vor nicht besonders gut aus. Von Parität keine Spur.

Eine beliebte Ausrede der Entscheider: „Wir finden keine Kandidatinnen. Frauen wollen nicht ins oberste Stockwerk.“ Beraterin Lilian Gehrke-Vetterkind, die sich den Themen Diversity und Female Empowerment verschrieben hat, erlebt die Lage anders. Frauen wollen durchaus führen – aber unter anderen Vorzeichen. Das belegt auch ihre gleichnamige Studie. Dafür befragte sie diverse Kandidatinnen nach ihren Präferenzen zum Thema Führung. Das aus den Antworten entwickelte Präferenzen-Modell zeigt klar, worauf Frauen Wert legen, wenn sie eine Führungsposition einnehmen würden. 

Frauen führen anders

Dass sich weibliche Topkräfte oft unbemerkt Stufe um Stufe durchs Karrieretreppenhaus kämpfen, während Neuling-Christian im Aufzug Chef-Christian trifft, der ihn noch während der Fahrt zum Tennispartner und „Head of irgendwas“ ernennt, ist nur eine Erklärung für frustrierte Kandidatinnen. Wenn Frauen schwer nach oben kommen, liegt das oft an der gelebten Kultur, den inneren Strukturen und bewussten wie unbewussten Vorurteilen im Unternehmen.

Frauen wollen keine Ellenbogenkarrieren, sind nicht auf Schmeicheleien aus und sehen in 70-Stunden-Wochen kein Statussymbol. Sie reizt weder die komplette Selbstaufopferung für Job und Firma noch Command-and-Control- Hierarchien oder Grabenkämpfe. 

Ein Buch wie ein Coach

Was Frauen aber durchaus wollen, ist gestalten. Wirken. Ihr volles Potenzial entfalten. Sie haben Lust, Einfluss zu nehmen, schöpferisch in Unternehmen tätig zu sein und Menschen zu führen. Frauen wollen und können führen – und das nicht als besserer Mann, sondern nach weiblichen Regeln, im eigenen Stil und unter veränderten Bedingungen.

Mehr denn je fordern sie die gleiche Teilhabe und Verantwortung wie ihre Kollegen. All diese Kandidatinnen stehen entschlossen vor dem Aufzug in die Chefetage und lassen sich nicht mehr dazu bewegen, die Treppe zu nehmen. Sie möchten genauso selbstverständlich wie Christian den direkten Weg nehmen. 

„Frau kann Chef“ liefert einen handfesten Leitfaden, wie Frauen in einer männerdominierten Arbeitswelt auftreten können. Ob introvertiert oder gesellig, ob ruhig oder extravertiert, ob unerfahren, teilerfahren, mit positiven oder negativen Führungserlebnissen: Dieses Buch dient allen Frauen als Coach, die mit Freude und Gelassenheit in Führung gehen wollen. 

Es skizziert unterschiedlichen Persönlichkeitstypen einen passgenauen Fahrplan zum Female Way of Leadership. Die Autorin begleitet ihre Leserinnen im Aufzug nach oben und vermittelt das notwendige Wissen und Selbstbewusstsein. Mit konkreten Handlungsempfehlungen gibt der motivierende Ratgeber jede Menge Sicherheit, um gezielt in die Führungsaufgabe hineinwachsen zu können. Um Leadership nach eigenen Vorstellungen zu lernen, zu leben und zu genießen. Und um eine Führungskraft zu sein, die mit weiblichen Eigenschaften glänzt und nach eigenen Regeln die Richtung bestimmt. 

Foto: Lilian Gehrke-Vetterkind

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