Sie ist seit zwanzig Jahren in unterschiedlichen leitenden Funktionen in der Kommunalkredit Austria AG tätig. Vor drei Monaten wurde sie zum neuen Finanzvorstand bestellt. ABW im Gespräch mit Claudia Wieser.
Wie zufrieden sind sie mit dem Geschäftsjahr 2021, was erwarten sie 2022?
Für die Kommunalkredit war das Jahr 2021 ein weiteres Rekordjahr. Trotz makroökonomischer Veränderungen, wie der COVID-19 Pandemie, das niedrige Zinsumfeld sowie der steigenden Inflation konnten wir ein Neugeschäftsvolumen bei Infrastruktur- und Energiefinanzierungen von EUR 1,9 Mrd. (+65% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) und ein operatives Ergebnis von EUR 60,1 Mio. (+26% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) erzielen. Wir konnten mit unseren Finanzierungen dazu beitragen, dass 46 wichtige Infrastrukturprojekte in ganz Europa realisiert wurden, die nachhaltigen Mehrwert für die Gesellschaft bringen.
Von Windkraftwerken in Skandinavien über Breitbandausbau in den Niederlanden, Solar Photovoltaik-Parks in Südeuropa, Glasfaserprojekte in Deutschland bis hin zu Gesundheitsinfrastruktur in Großbritannien, um nur einige Beispiele zu nennen. Wir erwarten auch für 2022 einen sehr positiven Geschäftsverlauf, insbesondere in den Sektoren der Digitalen Infrastruktur und Erneuerbaren Energie. Das Thema der Dekarbonisierung wird neben dem weiteren Ausbau der klassischen Bereiche PV-Solar und Windkraft, im Kontext der Energiewende, noch stärker im Mittelpunkt stehen. Elektro-Ladestationen, Batteriespeicher, Wasserstoff sind nur einige der „Buzzwords“, die uns weiterhin beschäftigen werden.
Wie hoch ist in komplexen Zeiten die Kunden-Nachfrage hinsichtlich der von Kommunalkredit angebotenen Investmentmöglichkeiten?
Unser Geschäftsmodell mit den zwei Säulen der Infrastruktur- und Energiefinanzierung sowie Public Finance hat sich in diesen schwierigen Zeiten nicht nur als robust, sondern vielmehr auch als erfolgreich erwiesen und bestätigt unseren bisher eingeschlagenen Weg. Themen wie Dekarbonisierung, Digitalisierung sowie Investitionen in wachsende Sozial-/Gesundheitsinfrastruktur haben den europäischen Markt für Infrastrukturfinanzierungen 2021 zu einem neuen Volumenrekord von knapp EUR 300 Mrd. getrieben. Der Trend, weiter in notwendige, aber auch innovative Infrastrukturvorhaben zu investieren, ist ungebrochen hoch – das kommt natürlich auch uns zu Gute.
Die Attraktivität und Resilienz des Infrastruktursektors über die letzten Jahre hat aber zeitgleich auch zu einem wachsenden Feld an Markteilnehmern und damit einhergehend erhöhter Liquidität und Konkurrenz – nicht nur im Equity-Bereich, sondern vor allem im Bereich Kreditfinanzierung – geführt. Umso erfreulicher sind unsere Rankings in den sogenannten „League Tables“ der Infrastrukturplattform Inframation, wo wir bei der Wertung nach Transaktionen bereits an 8. Stelle gereiht sind (2020: 16), im Umfeld mit weit größeren Banken.
Welche Themen sind für Sie derzeit besonders relevant?
Als Infrastruktur- und Energiespezialist sind alle Themen rund um nachhaltige bzw. „grüne“ Energie, schnelle und sichere Kommunikationskanäle, moderne Gesundheitsinfrastruktur – kurz gesagt alles, was für das effiziente Funktionieren der Gesellschaft unerlässlich ist. Die Kommunalkredit ist nicht nur in Europa und darüber hinaus aktiv, sondern unterstützt auch zukunftsweisende Initiativen im österreichischen Heimatmarkt.
So investieren wir gemeinsam mit der OMV in den Bau der größten Elektrolyseanlage Österreichs, wo ab 2023 bis zu 1.500 Tonnen grüner Wasserstoff jährlich produziert werden, was eine Reduktion von bis zu 15.000 Tonnen CO2Emissionen pro Jahr ermöglicht. Wir sehen großes Potenzial in Technologien in Zusammenhang mit Wasserstoff und wollen unser Engagement in diesem Bereich ausbauen. Um diese zukunftsträchtige Technologie gezielt weiter voranzutreiben, müssen klare Voraussetzungen geschaffen werden. Österreich hat erst kürzlich die bundesweite Wasserstoffstrategie veröffentlicht – die Politik hat jetzt auch den Stellenwert dieser bedeutsamen Technologie erkannt.
Ein weiteres wichtiges und nachhaltiges Projekt ist unser Joint Venture „PeakSun“ mit dem oberösterreichischen Energieversorger eww, um Photovoltaik-Aufdachanlagen auf gewerblichen Immobilien zu finanzieren, errichten und betreiben. Die Besonderheit hier ist, dass wir ein sogenanntes „Contracting-Modell“ anbieten.
Das bedeutet, dass für die Kunden keine anfängliche Investition notwendig ist, da die Gesellschaft die Photovoltaik-Aufdachanlagen finanziert, auf den von den Kunden zur Verfügung gestellten Dachflächen errichtet und langfristig an die Kunden verpachtet. Die Kunden erhalten sämtlichen von der Anlage erzeugten Strom und können diesen entweder im Gebäude selbst nutzen oder in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Sie sehen also, wir reden nicht nur über Nachhaltigkeit, sondern implementieren und realisieren entsprechende Projekte, um unseren Beitrag zur Dekarbonisierung, Energiewende und einer möglichst lebenswerten Zukunft zu leisten.
Die Finanzierung der öffentlichen Hand (Public Finance) ist, wie vorhin bereits angemerkt, seit vielen Jahren ein wesentlicher Bestandteil unseres Geschäftsmodells. 2021 waren wir in Österreich sehr präsent und unterstützten Gemeinden und Städte bei Finanzierungen mit einem Volumen von mehr als 200 Millionen Euro, insbesondere für Kindergärten, Schulen, Sport- und Tourismusanlagen, bis hin zu Wasserversorgung, Kanälen, Kläranlagen und Straßen. Das ist uns ein großes Anliegen – dort zu investieren, wo Menschen direkt den positiven Impact spüren und davon profitieren.
In welchen Bereichen sehen Sie in den kommenden Jahren Finanzierungsschwerpunkte?
Wir wollen auch weiterhin unserer Vorreiterrolle bei nachhaltigen Finanzierungen, die Mehrwert für die Gesellschaft schaffen, gerecht werden. Und wir sind überzeugt, dass Infrastruktur auch in den kommenden Jahren eine ganz zentrale Rolle spielen wird. Nicht nur als Asset-Klasse, sondern vor allem als essenzieller Faktor in der Umsetzung des Green Deals zur Erreichung der nationalen und internationalen Klima- und Energieziele.
Konstant und zukunftsorientiert müssen entsprechende innovative Projekte finanziert werden – dafür stehen wir bereit. Wir wollen zukunftsorientierte Projekte fokussiert unterstützen und haben dafür mit unserer Projektentwicklungsgesellschaft FLORESTAN KA GmbH eine Basis geschaffen, um nachhaltige Infrastrukturprojekte durch Eigenkapitalbeteiligungen noch gezielter voranzutreiben.
Wie weit fortgeschritten ist die Digitalisierung der bestehenden Geschäftsprozesse bei der Kommunalkredit Austria?
Wir haben im September 2017 unser Online-Veranlagungsangebot KOMMUNALKREDIT INVEST für Privatkunden gestartet, seither konstant auf- und ausgebaut und sind mittlerweile nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland aktiv. Hier waren sämtliche Prozesse von Beginn an voll- digitalisiert – von der Kontoeröffnung, über die Legitimierung bis zur Veranlagung.
Ebenso wie unsere Online-Plattform KOMMUNALKREDIT DIREKT, die Gemeinden und gemeindenahen Unternehmen ein effizientes Veranlagungs- und Cash-Management-Produkt bietet. Neukunden registrieren sich über einen vollumfänglichen digitalisierten Onboarding-Prozess; das transparente Management von Veranlagungen (inklusive automatischer Wiederveranlagungen) und das Monitoring der Finanzierungen ist durch die übersichtliche anwenderorientierte Gestaltung durch den Kunden selbst einfach möglich. Parallel dazu arbeiten wir natürlich auch intern kontinuierlich an Digitalisierungs- und Prozessoptimierungsprojekten, u. a. an einem umfassenden Management Information System, das einen holistischen Blick auf sämtliche Daten zu Reporting- und Analysezwecken ermöglicht.
Welche Veranlagungen empfehlen Sie unseren Leserinnen (Privatkunden)?
Als Kommunalkredit bieten wir Privatkunden über die bereits erwähnte KOMMUNALKREDIT INVEST Plattform die Möglichkeit, mit Ihren Veranlagungen nachhaltige und sinnstiftende Projekte, wie Krankenhäuser und Pflegeheime, Breitbandprojekte, Photovoltaikanlagen, Wind- und Solarparks, Wasserkraftwerke sowie Verkehrsinfrastruktur zu finanzieren. Konkrete bzw. weitergehende Veranlagungsempfehlungen möchte ich hier nicht geben, da diese von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden und wir keine dezidierte Privatkundenbank sind, die dies in ihrem Produktangebot abdeckt.
Ihre Pläne und Wünsche für das heurige Geschäftsjahr?
Bei uns gehen Pläne und Wünsche Hand in Hand, denn wir haben für unseren weiteren Weg drei zentrale strategische Schwerpunkte definiert: Wir werden verstärkt in zukunftsorientierte Lösungen investieren, unser Produktangebot erweitern und unsere Marktposition ausbauen. Wenn uns all das gelingt, konnten wir nicht nur unsere Pläne erfolgreich umsetzen, sondern auch unsere Wünsche erfüllen – das wäre der perfekte Outcome!
Foto: Felix Wagner