Aya Cohen, Leiterin der Silicon Austria Labs MicroFab in Villach: Verfahrenstechnik bringt die Rädchen im Gehirn zum Laufen

Die international erfahrene Ingenieurin und Managerin wurde von Silicon Austria Labs (SAL) jüngst zur neuen Leiterin der SAL MicroFab in Villach ernannt.

 

Ziel ist es, die Herstellung von Prototypen und die Kleinserienfertigung im Bereich der elektronikbasierten Systeme zu beschleunigen. Wir haben mit der Expertin für Mikroelektronik über ihre neue Aufgabe gesprochen.

Bitte beschreiben Sie uns kurz Ihre neue Tätigkeit.

Gemeinsam mit meinem Team baue ich die SAL MicroFab bei Silicon Austria Labs in Villach auf. Die SAL MicroFab ist mit 1.400 m² der größte Forschungsreinraum in Österreich. Die Anlage ist für 200-mm-Wafer (Anm.: dünne Scheibe aus Halbleiter-Material, meist Silizium, welche als Basis für die Herstellung integrierter Schaltkreise dient) ausgelegt und kann bis zu 25 Wafer in einer Charge verarbeiten.

Im Oktober 2023 haben wir den neuen Anbau eröffnet. Der neue Reinraum wird in den nächsten Jahren mit Geräten ausgestattet, die über den Stand der Technik hinausgehen. Das bedeutet, dass wir unsere Infrastruktur, unser Team und unser Partnernetz kontinuierlich ausbauen werden. 

Was fasziniert Sie an Verfahrenstechnik?

Für mich war die Verfahrenstechnik schon immer das interessanteste Rätsel, das es zu lösen gilt. Verfahrenstechnik bringt die Rädchen im Gehirn zum Laufen, während man gleichzeitig auf dem Boden der Tatsachen bleibt und praktische Lösungen findet. Als Techniker sind wir oft mit der Lösung komplexer Projekte im Zusammenhang mit der effizienten Produktion von Waren und Dienstleistungen betraut.

Dabei kann es sich um die Optimierung bestehender Prozesse oder den Entwurf völlig neuer Systeme handeln – jede Aufgabe ist also mit einzigartigen Herausforderungen verbunden. In der Mikroelektronik und in vielen anderen Bereichen geht es vor allem darum, die Effizienz zu steigern, Abfall zu reduzieren und die Umweltbelastung zu minimieren.

Es ist spannend, kreative Ideen und innovative Ansätze zu entwickeln, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Es ist auch großartig zu sehen, dass unsere Arbeit reale Auswirkungen auf die Gesellschaft hat und die Produkte, die wir verwenden, und die Art und Weise, wie die Industrie arbeitet, direkt beeinflussen kann.

Welche Visionen und langfristigen Ziele haben Sie für die SAL MicroFab?

Mein Hauptziel ist es, in dem, was wir tun, exzellent zu werden. Das gelingt, wenn man ein klares Ziel hat und einen gut durchdachten Plan, wie man dorthin kommt. Mit der SAL MicroFab wollen wir ein One-Stop-Shop für die Industrie werden. Wir wollen schnelles Prototyping, Kleinserienfertigung und nahtlosen Transfer von Prozessen in den industriellen Maßstab ermöglichen.

Das wird auch für Unternehmen nützlich sein, die nicht über die nötige Forschungsinfrastruktur verfügen oder nur eine Kleinserie benötigen. Das können wir bieten. Langfristig wollen wir ein führender Player in der europäischen Halbleiterwelt werden.

Ihr Rat für junge Frauen, die sich für den MINT-Bereich begeistern können?

Ich bin in Israel aufgewachsen und habe dort die Erfahrung gemacht, dass es völlig gleichgültig ist, welches Geschlecht man hat. So bin ich meinen Interessen nachgegangen, ohne zu wissen, dass die Gesellschaft möglicherweise eine andere Agenda hat. Erst viele Jahre später begann ich zu begreifen, dass die Welt anders ist als das, womit ich aufgewachsen bin.

Leider ist das bei vielen jungen Mädchen und Frauen nicht der Fall, und deshalb möchte ich folgenden Rat geben: Innovation funktioniert am besten, wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Interessen und Kenntnissen zusammenkommen. Je vielfältiger ein Team ist, desto besser können wir bahnbrechende Forschung betreiben.

Wenn du dich für die Wissenschaft interessierst, dann beschäftige dich mit verschiedenen Disziplinen und Forschungsbereichen, um herauszufinden, was dich wirklich begeistert. Wenn du Unterstützung brauchst, suche nach erfolgreichen Frauen in der MINT-Branche, die dich inspirieren können. Wenn du für Forschung brennst und die Welt verbessern möchtest -- mit einer Innovation nach der anderen - dann verfolge deinen Traum und lass dich nicht von Stereotypen oder gesellschaftlichen Erwartungen unterkriegen.

Foto: SAL


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