MMag. Dr. Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung, im ABW-Interview über den Zusammenhalt der Branche, Lehren aus der Krise und die schwierige Wintersaison.
Gab es – trotz Corona – 2020 auch Grund zur Freude?
Freude ist vor dem Hintergrund der Pandemie, die den Tourismus nach wie vor so fest im Griff hat, fürchte ich der falsche Ausdruck. Aber natürlich bin ich stolz darauf, wie die Österreich Werbung die Branche in dieser schwierigen Zeit ohne Unterbrechung unterstützen konnte. Wir versorgen die Branche mit tagesaktuellen Informationen aus unserem weltweiten Netzwerk, etwa was Reisewarnungen angeht oder die Lage vor Ort, oder auch die generelle Einstellung zum Reisen angesichts der Pandemie. Wir führen Umfragen auf unseren wichtigsten Herkunftsmärkten durch und haben damit ziemlich gut die Urlaubspräferenzen für den Sommer vorhergesagt.
Und wir haben im Frühjahr in Rekordzeit gemeinsam mit den Bundesländern und den Städten die Inlandskampagne mit dem Claim „Auf Dich wartet ein guter Sommer. Entdecke Dein eigenes Land“ auf die Beine gestellt. Im Nachgang sehen wir, dass die Kampagne exzellent performt hat und auch die Rückmeldungen unserer Partnerinnen und Partner waren sehr gut. Tatsächlich ist der Sommertourismus vielerorts – leider nicht überall, speziell nicht in den Städten – sehr viel besser gelaufen, als noch zu Beginn der Pandemie zu befürchten war. Also ja, ich bin stolz, dass die Österreich Werbung für die Branche in dieser schwierigen Zeit das ein konnte und auch weiter da sein wird.
Sind Sie zufrieden mit den bisher getroffenen Hilfsmaßnahmen der Regierung? Was würden Sie sich diesbezüglich wünschen?
Die österreichische Bundesregierung hat schon im Frühjahr sehr schnell und unbürokratisch reagiert. Der im Zuge des zweiten Lockdowns beschlossene Umsatz-Ersatz für Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe ist für das Überleben der schon jetzt stark betroffenen Betriebe essenziell und sicher eine richtige Maßnahme. Ich bin zuversichtlich, dass die Bundesregierung weiterhin helfen wird, wo es nötig ist.
Wie stark ist der Zusammenhalt in der Branche?
Der Zusammenhalt der Branche ist in meiner Wahrnehmung immens hoch. Das ist vielleicht auch eine Folge der Kleinteiligkeit der heimischen Tourismuslandschaft. Man kennt sich, man hilft sich, man kooperiert. Das ist auch in normalen Zeiten ein kritischer Erfolgsfaktor, aber jetzt in der Krise natürlich umso mehr.
Ende des Vorjahres haben sie für 2020 viele Veränderungen im Bereich der Digitalisierung angekündigt – was ist in diesem Bereich passiert?
Corona hat die auch in „normalen“ Zeiten voranschreitende Digitalisierung sicher noch einmal beschleunigt. Kontaktlose zahlen oder Eintrittskarten vorab online zu buchen, das erlebt in der Krise einen Boom und das wird uns auch nach der Krise erhalten bleiben. In der Österreich Werbung haben wir vergangenes Jahr die Innovationsinitiative Next Level Tourism Austria NETA ins Leben gerufen und haben hier schon einige spannende Projekte und Prototypen umgesetzt. Diese Projekte sind auch während der Krise gut vorangekommen. Allen voran zu nennen wäre ein zentraler Datenhub für die gemeinsame touristische Nutzung verschiedenster Datenquellen. Ein sehr spannendes Projekt, zu dem wir in Kürze auch mehr erzählen können.
Was haben Sie aus der Krise gelernt?
Demut, und dass man nichts als selbstverständlich nehmen darf. Das gilt im Großen wie im Kleinen. Im Tourismus waren wir extrem erfolgsverwöhnt, sind von Jahr zu Jahr von einem Rekord zum nächsten gejagt. Und dann kommt 2020 mit diesem nie dagewesenen und bis heuer eigentlich auch nicht vorstellbaren Einbruch. Dasselbe gilt auch aus Gästesicht. Plötzlich geht das Reisen, das man als selbstverständlich angesehen hat, nicht oder nur unter ganz anderen Voraussetzungen. Oder auch nur der Restaurantbesuch. In der Krise wird klar, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Das hilft uns vielleicht auch, gewisse Dinge wieder mehr wertzuschätzen.
Ihre derzeit größten Sorgen?
Am meisten beschäftigt die Branche derzeit sicher die Frage, wie die Wintersaison aussehen kann. Denn eines scheint klar: Der Winter wird sehr viel schwieriger werden als der Sommer. Die Branche bestmöglich zu unterstützen, mit aktuellen Informationen aus unserem Netzwerk, mit Kampagnen auf den Märkten, auf denen wir mit einer Wiederaufnahme der Reisetätigkeit rechnen können, das ist unsere Mission für die kommenden Wochen und Monate.
Welche Strategien/Pläne gibt es für die Zeit nach Corona?
Der Tourismus steht mittelfristig vor Herausforderungen. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind zwei Themen, die uns noch viel beschäftigen werden. Aber zunächst geht es darum, die Krise zu bewältigen. Von der auch niemand sagen kann, wie lange sie dauern wird.
Ihre geschäftlichen Vorsätze und Wünsche für 2021?
Die Österreich Werbung wird die Branche weiter mit allen Kräften unterstützen. Für 2021 wünsche ich der gesamten Branche ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen.
Foto: ÖW/Jungwirth