Mag. Yvonne Hochsteiner, LL.M, Geschäftsführerin Sozialwirtschaft Österreich: Die Politik muss unsere Leistungen anerkennen

Die Sozialwirtschaft Österreich ist der größte Verband im meist gemeinnützigen Sozial- und Gesundheitsbereich. Seit 1. Juli wird er von der Juristin Yvonne Hochsteiner geleitet.

 

Erklärtes Ziel der neuen Geschäftsführerin ist es, das Profil der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) als Branchenvertretung der sozialwirtschaftlichen Unternehmen zu schärfen und zu forcieren. „Unser Anspruch ist es, als Interessensvertretung unsere Mitglieder gegenüber allen Stakeholdern bestmöglich zu vertreten. Das reicht von Fragen der Finanzierungs- und Rechtssicherheit bis hin zu Zukunftsthemen wie der Weiterentwicklung des SWÖ-Kollektivvertrags. Wir sind eine ständig wachsende und dynamische Branche und dementsprechend wollen wir auch als SWÖ agieren. Wesentlich ist jedenfalls, durch den SWÖ-KV attraktive Arbeitsbedingungen zu erhalten und weiter auszubauen. Damit wollen wir auch die Versorgung der uns anvertrauten Menschen sicherstellen“, so Hochsteiner.

Bürokratie als Hürde für Fachkräfte 

Die größte Herausforderung für die gemeinnützigen Unternehmen des Sektors sei die Finanzierung. Aufgrund der Abhängigkeit von öffentlichen Geldgebern sei man immer darauf angewiesen, dass die Politik den Wert der Leistungen erkennt und entsprechend honoriert. „Wir sind daher in sehr vielen Gesprächen, um diese Finanzierung auch weiterhin sicherzustellen. Dabei sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass soziale Dienstleistungen, die der Staat an uns ausgelagert hat und die auch den sozialen Frieden in Österreich sichern, auch finanziell abgegolten werden müssen“, meint Hochsteiner.

Eine weitere Herausforderung, die sich aus der ständig wachsenden und sich verändernden Gesellschaft ergibt, ist die Erweiterung des Angebots, d.h. neue, innovative Angebote zu entwickeln, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen und diese abdecken können. Die demografische Entwicklung der Überalterung in Österreich mache dies notwendig und diese Überalterung sei auch der Grund, warum man selbst vor einer großen Herausforderung stehe, nämlich zu wenig Personal bei steigendem Bedarf. „Das heißt nicht, dass wir zu wenig Personal haben, weil wir keines finden, sondern dass der Bedarf stärker steigt, als wir ihn derzeit decken können“, so die Juristin, die sich für mehr Arbeitsplätze und alternative Ausbildungsangebote (Anm.: Vollzeit, berufsbegleitend, Lehre) ausspricht.

Auch die Ausbildungsinhalte müssten an die Berufspraxis angepasst werden, denn auch die Praxis verändere sich ständig und passe sich der Gesellschaft an. Ein Dauerbrenner sei auch der Abbau von administrativen Hürden, insbesondere bei der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse – Stichwort „Nostrifizierung“. Hier sei Österreich im Vergleich zu anderen Ländern viel zu streng und man könne deshalb nicht genügend Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren. 

Frauen in Führungspositionen

Positiv ist, dass es im Sozialbereich, der insgesamt sehr weiblich geprägt ist, bereits viele weibliche Führungskräfte gibt, die hervorragende Arbeit leisten. Im SWÖ-Vorstand, der zum Großteil aus Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern der größten Mitgliedsorganisationen besteht, sind zwölf von 30 Mitgliedern Frauen. „Im Präsidium sind wir mit je drei Frauen und drei Männern sogar paritätisch besetzt. Aber auch im Jahr 2024 ist es noch immer nicht selbstverständlich, dass Frauen Führungskräfte werden. Frauen werden oft unterschätzt und müssen sich mehr als Männer beweisen, sowohl was die Eignung als zukünftige Führungskraft als auch letztendlich als Führungskraft selbst betrifft“, so Hochsteiner. Ihr Tipp: „Mehr Frauen sollten Führungskräfte werden und nicht in die Frauenfalle tappen, d.h. sich nicht von Männern bevormunden lassen, sondern konsequent und selbstbewusst die Herausforderung annehmen. Schließlich muss man den Mut haben, Führungsverantwortung zu übernehmen.“

Kurz nachgefragt

Ich schätze an meiner Tätigkeit: Das Wissen und das Bewusstsein, dass meine Arbeit einen Sinn hat und ich dazu beitrage, dass Menschen geholfen wird. Durch meine Arbeit trage ich dazu bei, dass die Arbeitsbedingungen für Menschen im sozialen Bereich attraktiv bleiben und das gibt mir das Gefühl, etwas Gutes zu tun.

Meine Balance bewahre ich durch: Meine ehrenamtliche Tätigkeit als Rettungssanitäterin, wo ich direkt mit Menschen arbeite und auch einen Teil der Branche, die ich vertrete, als Arbeitnehmerin erlebe. Die Dankbarkeit, die ich dabei zurückbekomme, gibt mir viel Kraft. Außerdem nehme ich mir bewusst Auszeiten, in denen ich meinen Hobbys nachgehe, zum Beispiel ein gutes Buch lese oder Saxophon spiele. Schließlich bin ich in meiner Heimatgemeinde St. Lorenzen im Mürztal als aktiver Musiker und im Vorstand des örtlichen Musikvereins tätig.

Foto: SWÖ/Harald Lachner

 

The Austrian Social Economy is the largest association in the mostly non-profit social and health sector. Since July 1, it has been headed by the lawyer Yvonne Hochsteiner.

The new managing director's stated goal is to sharpen and promote the profile of the Austrian Social Economy (SWÖ) as the industry representative of social economy companies. “Our aim is to represent our members in the best possible way to all stakeholders. This ranges from issues of financial and legal security to future topics such as the further development of the SWÖ collective agreement. We are a constantly growing and dynamic industry and we want to act accordingly as a social economy. In any case, it is essential to maintain and further develop attractive working conditions through the social economy collective agreement. In this way, we also want to ensure the care of the people entrusted to us,” said Hochsteiner.

Bureaucracy as an obstacle for skilled workers

The biggest challenge for the non-profit companies in the sector is financing. Due to their dependence on public funding, they are always reliant on politicians recognizing the value of their services and remunerating them accordingly. “We are therefore in a great many discussions to ensure that this financing continues. It should actually be a matter of course that social services that the state has outsourced to us and that also ensure social peace in Austria must also be financially compensated,” says Hochsteiner.

Another challenge that arises from the constantly growing and changing society is the expansion of the range of services, i.e. developing new, innovative offers that address and can cover the different needs. The demographic development of the aging population in Austria makes this necessary and this aging is also the reason why we are facing a major challenge ourselves, namely too few staff with increasing demand. “This does not mean that we have too few staff because we cannot find any, but that demand is growing faster than we can currently meet it,” said the lawyer, who advocates for more jobs and alternative training opportunities (note: full-time, part-time, apprenticeships).

The training content would also have to be adapted to professional practice, because practice is constantly changing and adapting to society. Another long-running issue is the reduction of administrative hurdles, particularly with regard to the recognition of foreign educational qualifications – the keyword here is “nostrification”. In this respect, Austria is far too strict compared to other countries, and as a result, it is not possible to recruit enough skilled workers from abroad.

Women in management positions

On a positive note, there are already many female managers in the social sector, which is very female-dominated overall, and they do excellent work. In the SWÖ board, which consists mainly of managing directors of the largest member organizations, twelve out of 30 members are women. “In the presidium, we are even represented equally with three women and three men. But even in 2024, it is still not a matter of course for women to become leaders. Women are often underestimated and have to prove themselves more than men, both in terms of their suitability as future managers and ultimately as managers themselves,” says Hochsteiner. Her tip: ”More women should become managers and not fall into the women's trap, i.e. not let themselves be patronized by men, but consistently and confidently take on the challenge. After all, you have to have the courage to take on management responsibility.”

A brief inquiry

I appreciate about my job: The knowledge and awareness that my work has a purpose and that I am helping to help people. Through my work, I help to ensure that working conditions in the social sector remain attractive, and that gives me the feeling of doing something good.

I maintain my balance through: my volunteer work as an ambulance paramedic, where I work directly with people and also experience part of the industry I represent as an employee. The gratitude I receive in return gives me a lot of strength. I also consciously take time out to pursue my hobbies, for example reading a good book or playing the saxophone. Finally, I am active in my home community of St. Lorenzen im Mürztal as a musician and on the board of the local music association.

Photo: SWÖ/Harald Lachner


Drucken   E-Mail