Die Vorständin der ÖBB-Infrastruktur ist für den Ausbau des Schienennetzes verantwortlich. Die Folgen des Klimawandels sind für sie und ihr Team eine neue Herausforderung.
Das Zielnetz 2040 ist ein zentrales Infrastrukturprojekt der ÖBB. Welche Auswirkungen wird dieses Projekt auf den Personen- und Güterverkehr in Österreich haben?
Das Zielnetz 2040 legt einen grundlegenden Plan für den Ausbau der heimischen Bahninfrastruktur in den kommenden fünfzehn bis zwanzig Jahren dar. Dabei handelt es sich beim Zielnetz 2040 noch nicht um eine konkrete Planung und Finanzierung einzelner Projekte, wie sie im Rahmenplan umgesetzt werden, sondern um eine strategische Leitlinie für die weitere Arbeit.
Mit den Maßnahmen aus dem Zielnetz 2040 wird es ermöglicht, dass auf dem heimischen Bahnnetz insgesamt 255 Millionen Zugkilometer im Jahr gefahren werden können. Das entspricht dem eineinhalbfachen Niveau der heutigen Verkehrsleistung. Das bedeutet, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass mehr Menschen und Güter länger und weiter per Bahn transportiert werden können.
Die ÖBB-Infrastruktur AG verwaltet eine Vielzahl an Großprojekten. Wie stellen Sie sicher, dass diese Projekte effizient umgesetzt werden?
Die ÖBB-Infrastruktur verfügt über ein höchst professionelles Infrastruktur-Projektmanagement, das in der Branche höchst anerkannt ist. Neben internen Qualitäts- und Prüfsystemen wird die Projektumsetzung – insbesondere bei Großprojekten - auch von der SCHIG (Schieneninfrastrukturgesellschaft) geprüft. Darüber hinaus achtet auch der Rechnungshof auf den zielgerichteten Einsatz der uns zur Verfügung gestellten Mittel.
Stichwort Klimawandel: Extreme Wetterereignissen wie Überschwemmungen belasten auch die Bahninfrastruktur. Wie beeinflussen diese Entwicklungen Ihre Pläne für den Netzausbau und die Erhaltung des Schienennetzes?
Teilweise lagen die Regenmengen – im Falle vom Bahnhof Tullnerfeld bzw. dem Atzenbrugger Tunnel – über dem HQ100-Standard, welches bisher die allgemein anerkannte Grundlage für die Dimensionierung von Hochwasserschutzmaßnahmen darstellt. Der HQ100 Standard geht einer statistischen Eintrittswahrscheinlichkeit alle 100 Jahre aus. Jetzt werden wir natürlich unsere Tunnel – österreichweit insgesamt mehr als 250 – wie auch alle anderen gefährdeten Anlagen einer genauen Risikoanalyse unterziehen und entsprechende Schritte setzen. Im Atzenbrugger Tunnel etwa werden wir künftig auf eine eigene Stromversorgung der Pumpen setzen.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass wir schon jetzt die Entwässerungsanlagen größer als bei den Straßen oder Autobahnen dimensionieren. Die Wassermengen haben uns allerdings gezeigt, wo wir bei derartig großen Regenereignissen noch Schwachstellen haben. Seit dem Bau des Lainzer- und des Atzenbruggertunnels hat sich in der Herangehensweise an den Hochwasserschutz schon viel getan: Zum Beispiel versuchen wir, im Verlauf eines Tunnels Tiefpunkte zu vermeiden und Hochpunkte zu schaffen, damit Wasser von selbst aus dem Tunnel fließt.
Wir werden unsere Planungsgrundlagen einer kritischen Prüfung unterziehen, bei der wir uns die Frage stellen, auf welche Szenarien die Infrastruktur ausgelegt werden muss, da Maximaldimensionen von Wetterereignissen nicht mehr seriös abschätzbar sind.
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um das Schienennetz robuster gegenüber den Folgen des Klimawandels zu machen?
Zunächst haben wir begonnen die Planungsgrundlagen zu evaluieren, da Starkregenereignisse wie im Jahr 2024 in den bisherigen Bemessungsgrundlagen nicht maßgeblich waren. Offensichtlich zeigen die Folgen des Klimawandels eine dynamische Entwicklung, welche die Auftretenswahrscheinlichkeit und das Ausmaß solcher Ereignisse wohl auch künftig steigen lässt. Mit diesen neuen Grundlagen sind die bestehende Anlagen, sowie auch neue Projekte zu prüfen und entsprechende Schutzmaßnahmen zu planen. Das könnten konkret beispielsweise höhere Hochwasserschutzbauten sein oder „dichtere“ Bauwerke, damit beschäftigen sich aktuell eigens eingerichtete Arbeitsgruppen im ÖBB-Konzern.
Foto: Sabine Hauswirth
The head of ÖBB-Infrastruktur is responsible for the expansion of the rail network. The consequences of climate change are a new challenge for her and her team.
The 2040 target network is a central infrastructure project of ÖBB. What impact will this project have on passenger and freight transport in Austria?
The 2040 target network sets out a basic plan for the expansion of the domestic rail infrastructure over the next fifteen to twenty years. The 2040 target network does not yet include specific planning and financing of individual projects, as implemented in the framework plan, but rather a strategic guideline for further work.
The measures set out in the 2040 target network will enable a total of 255 million train kilometers per year to be traveled on the domestic rail network. This is one and a half times the current traffic volume. This means that we are creating the conditions for more people and goods to be transported by rail, for longer and over greater distances.
ÖBB-Infrastruktur AG manages a large number of major projects. How do you ensure that these projects are implemented efficiently?
ÖBB-Infrastruktur has a highly professional infrastructure project management team that is highly regarded in the industry. In addition to internal quality and testing systems, project implementation – especially for major projects – is also checked by SCHIG (Schieneninfrastrukturgesellschaft). In addition, the Austrian Court of Audit also ensures that the funds provided to us are used in a targeted manner.
Keyword climate change: extreme weather events such as flooding also put a strain on the rail infrastructure. How do these developments influence your plans for network expansion and maintenance of the rail network?
In some cases, the amount of rain – at Tullnerfeld station and the Atzenbrugger Tunnel – was above the HQ100 standard, which has been the generally accepted basis for the design of flood protection measures to date. The HQ100 standard assumes a statistical probability of occurrence every 100 years. Now, of course, we will subject our tunnels – more than 250 in Austria – as well as all other endangered facilities to a thorough risk analysis and take appropriate steps. In the Atzenbrugger Tunnel, for example, we will in future rely on a separate power supply for the pumps.
In principle, it can be said that we already dimension the drainage systems larger than for roads or motorways. However, the amount of water has shown us where we still have weak points in the event of such heavy rainfall. Since the construction of the Lainzer and Atzenbrugg tunnels, a lot has changed in the approach to flood protection: for example, we try to avoid low points in the course of a tunnel and create high points so that water flows out of the tunnel by itself.
We will subject our planning principles to a critical review, in which we will ask ourselves which scenarios the infrastructure must be designed for, since maximum dimensions of weather events can no longer be reliably estimated.
What measures are being taken to make the rail network more resilient to the consequences of climate change?
First of all, we have started to evaluate the planning bases, since heavy rainfall events such as those in 2024 were not significant in the previous design bases. Obviously, the consequences of climate change show a dynamic development, which will probably increase the probability of occurrence and the extent of such events in the future. The existing facilities, as well as new projects, must be examined and appropriate protective measures planned on the basis of these new principles. In concrete terms, this could mean, for example, higher flood protection structures or “leak-proof” buildings. Special working groups have been set up within the ÖBB Group to deal with this issue.
Photo: Sabine Hauswirth