Ein ABW-Interview mit Mag. Daniela Stein, Personalentwicklerin, Coach und Geschäftsführerin des Business Frauen Centers, über Feminismus, Frauenquote und Führungspositionen.
Was ist ihr Tätigkeitsprofil?
Ich bin Personalentwicklerin, Business Coach, Mediatorin und Geschäftsführerin des Business Frauen Centers. Dabei entwickle ich mit Kooperationspartnern aus der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand arbeitsmarktpolitische Bildungsprojekte für Frauen. Das Schöne daran ist, dass sich diese Arbeitsbereiche gut miteinander verbinden lassen und ich selbst immer wieder dazu lerne.
Wer sind die Menschen, mit denen Sie arbeiten?
Am liebsten begleite ich Menschen, die sich bereits entschieden haben, die Komfortzone zu verlassen. Das kann ein Unternehmen sein, das neue Wege in der Personalentwicklung gehen will aber auch Gründerinnen mit innovativen Ideen oder Frauen, die eine Führungsanspruch geltend machen wollen.
Sehen Sie sich als Feministin?
Wenn Sie mit Feminismus das Engagement, um die Machtlücke zwischen den Geschlechtern zu schließen, meinen, dann ja. Ich bin davon überzeugt, dass die Geschlechtergleichheit Lösungen für schwierige Probleme unserer Zeit bieten kann.
Es gibt einen direkten Zusammenhang, wie eine Gesellschaft mit der weiblichen Hälfte ihrer Bevölkerung umgeht, und wie sie sich entwickelt. Somit ist es an der Zeit, damit aufzuhören, Frauen zu verändern, damit sie in Systeme passen, die sie gleichzeitig daran hindern, ihr Potenzial zu entfalten.
Ich sehe auch einen guten Zeitpunkt dafür gekommen, dass wir Frauen uns aktiv für Dinge, die uns am Herzen liegen, einbringen. Denn es geht um die Zukunft von uns allen. Das Stichwort dazu lautet: Eigeninitiative für Veränderung.
Tun Frauen zu wenig für ihre Gleichstellung?
Wir Frauen sind erschöpft und eingekesselt in unserem Mikrokosmos. Jede von uns versucht die Komplexität des Lebens zu meistern und somit sind politische Ambitionen eher am Rande angesiedelt. Doch wir dürfen nicht warten, dass irgendjemand anders für uns etwas tut. Wenn wir Veränderungen wollen, dann müssen wir selbst aktiv werden.
Wir brauchen Frauen, die keine Angst haben große Fußstapfen notfalls auch mit Pumps auszufüllen, meinte schon Madleine Albrigth ehemalige US Aussenministerin.
Streben Frauen mit der gleichen Intention in Führungspositionen wie Männer – werden diese gehindert?
Meiner Beobachtung nach haben Frauen erst später einen Führungsanspruch als Männer. Das kommt erst Ende der 30, bei Männern schon Anfang der 30. In deutschen Vorständen gibt es mehr Männer mit den Vornamen Michael und Thomas als Frauen insgesamt. Max sucht sich Mäxchen. Das heißt Männer suchen sich ihresgleichen für Nachfolger oder Mitarbeiter. Deshalb bin ich auch für die Frauenquote, somit müssen die Herren der Schöpfung Ausschau nach potentiellen Kandidatinnen halten.
Was zeichnet eine gute Führungskraft aus?
Führen mit Herz und Verstand. Sich um die Zukunft zu kümmern und den Menschen Ziele geben, die sie erreichen können. Sie sollte komplexe Dinge simplifizieren und positive Energie ins Team bringen. Auch sollte sie Vorbild sein bzw. ehrlich an den Mitarbeitern interessiert sein. Wichtig ist auch eine hohe Selbstreflexion zu besitzen und auch Fehler einzugestehen.
Was raten Sie Frauen, die Karriere machen wollen
Hier sind mir drei Botschaften besonders wichtig:
„Wer keine eigenen Ziele hat, verfolgt die Ziele anderer“.
Ich empfehle ihnen konsequent an ihren positiven Zukunftsbildern und Zielen zu arbeiten, sowohl beruflich als auch privat. Damit kommt man nicht so leicht vom Weg ab und mehr wird möglich!
„Baue Dir Deine Kontakte auf, bevor Du sie brauchst“
Die goldene BFC Netzwerkregel ist ein wichtiger Ansatz, um seine Ziele zu erreichen. Denn ohne ein qualitatives Netzwerk mit tragfähigen Kontakten ist vieles nicht machbar. Investieren Sie hier Zeit, denn es lohnt sich.
„Selbstbewusstsein kann man sich nicht kaufen“
Das muss sich konsequent erarbeitet werden, am besten mit Erfolgserlebnissen von selbstbestimmten Handlungen.
Welche drei Gründe würden Sie hervorheben, warum eine Frau einem Netzwerk beitreten sollte?
Wer sagt hier ein Netzwerk reicht, mehrere Netzwerke für unterschiedliche Intentionen, aber alle sollten einen Nutzen bieten.
1. Qualitative Informationen und Wissen aus erster Hand.
In einem professionellen Frauennetzwerk befinden sich Expertinnen aus vielen beruflichen Branchen. Aus vielen Rückmeldungen höre ich immer heraus, dass der interdisziplinäre Austausch von unseren Mitgliedern besonders geschätzt wird.
Denn sonst bleiben Medizinerinnen oder Marketingexpertinnen unter sich und erfahren wenig über die aktuellen Trends in den jeweiligen anderen Branchen.
2.Persönliche Weiterentwicklung benötigt Austausch mit erfahrenen Menschen und Vorbildern.
Gerade bei uns Frauen sind greifbare Role-Models Mangelware und ein Frauennetzwerk bietet eine Fülle von Frauen mit Vorbildfunktionen. Deshalb sind unsere Mentoringprogramme und auch unser „Lakshmi Programm – caring and sharing“ unter den Expertinnen so beliebt.
3. Empowerment in vielen Lebenslagen.
In einem Frauenleben gibt es viele Lebensphasen, die eine hohe Motivation und Einsatzbereitschaft erfordern. Gerade in diesen Zeiten, ist es wichtig Gleichgesinnte, um sich zu haben, die einen ermutigen die Komfortzone zu verlassen und der inneren Stimme zu vertrauen. „Wir schaffen das gemeinsam“ ist unser BFC Leitspruch.
Auf welche Projekte ihres Lebens sind Sie am meisten stolz?
Ich habe viele berufliche Projekte entwickelt und umgesetzt, die mich stolz machen. Aber besonders dankbar und auch stolz bin ich, dass ich das Thema Vereinbarkeit Beruf und Familie gemeistert habe. Ich bin sehr früh Mutter geworden, neben dem Studium und dann noch recht spät. Insgesamt habe ich vier lebenstüchtige Kinder und drei entzückende Enkelkinder, die mein Leben bereichern.
Aber ohne meinen großartigen Mann hätte ich das nicht geschafft. Das gebe ich auch gerne den jungen Frauen mit auf den Weg. Ein wichtiger Faktor einer Frauenkarriere ist die Wahl des Partners.
Welches Thema hat für Sie in den kommenden Jahren Priorität?
Da gibt es zwei essenzielle Zukunftsthemen, die mir am Herzen liegen:
- Der Digitalisierungsgap zwischen den Geschlechtern nicht größer werden lassen.
Wir Frauen müssen viele Digitalisierungsbereiche mitgestalten, mit allen ihren Chancen und Gefahren. Sonst sind wir nur Userinnen und keine Entwicklerinnen dieser neuen Welt. - Vereinbarkeit Beruf und Familie
Dieses Thema wird zwar von der Politik immer wieder angeschnitten, aber nicht wirklich konsequent behandelt. Es ist kein Frauenthema, es ist ein gesellschaftspolitisches Thema. Die Frage ist, was sind uns junge Familien und Kinder wert? Wie wollen wir sie unterstützen? Wir brauchen neue Lösungsansätze dafür.
Weg von Parteipolitik, sondern neue Gesamtlösungen. Es geht nicht nur um Kinderbetreuungsplätze, es geht um Lebens – und Familienarbeit und die ist wichtig, das diese gut gemacht wird.
Was für eine Messsage ist Ihnen wichtig noch wichtig?
Frauen bündeln wir unsere Kräfte. Dann sind wir unschlagbar.
Foto: Kleine Zeitung GmbH & Co KG/Helmuth Weichselbraun