MMag. Petra Hums, Geschäftsführung Wiener Linien: Frauenförderung ist uns besonders wichtig

Vor dreißg Jahren begann die Karriere der Betriebswirtin und Juristin bei den Wiener Linien. Mit 1. Jänner 22 ist die Leiterin Finanzen und Personal in die Geschäftsführung aufgestiegen.

 

Was ihre Arbeit so besonders macht, erzählt MMag. Petra Hums im ABW-Interview. 

Sie sind seit 1993 bei den Wiener Linien, was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeitgeberin? 

Zum einen schätze ich die Entwicklungsmöglichkeiten und die Weiterbildungsangebote, die es in diesem Unternehmen gibt. Ich schätze aber auch die tollen Projekte, die man hier bearbeiten darf, die Vielfalt der Aufgaben und natürlich die Kolleginnen und Kollegen.

Sie kommen aus dem Finanzbereich und sind jetzt in der Geschäftsführung auch für den Bereich Personal zuständig. Fällt Ihnen diese Kombination schwer?

In meinem Studium an der WU habe ich mich für den Schwerpunkt Personalmanagement entschieden. Zusätzlich bin ich auch Wirtschaftspädagogin und habe mich mit den Themen Bildung und Pädagogik intensiv auseinander gesetzt. Der HR-Bereich ist mir daher nicht fremd. Es hat mich besonders gefreut, diesen Bereich bei den Wiener Linien übernehmen zu dürfen.

Damit schließt sich sogar ein Kreis: Als ich mich auf Jobsuche begeben habe, wäre meine erste Wahl die Personalabteilung gewesen. Da es dort aber keine Stelle gab, bin ich im Finanzbereich gelandet. Jetzt kann ich das machen, was ich eigentlich machen wollte. Auch mein juristisches Wissen, das ich mir während des Studiums angeeignet habe, kommt mir dabei zugute. Es ist in allen Berichen durchaus nützlich.

Seit Ende letzten Jahres sind drei Frauen in der Geschäftsführung der Wiener Linien. Was tut das Unternehmen generell für Mitarbeiterinnen?

Das Thema Frauen ist uns sehr wichtig, es kommt nicht von heute auf morgen, dass wir drei Frauen in der Geschäftsführung  haben. Da steckt lange Arbeit dahinter. Frauenförderung ist bei den Wiener Linien schon seit vielen Jahren ein wesentliches Thema. Durch gemischte Teams wird zum einen das Arbeitsklima besser, zum anderen werden Aufgaben aus mehreren Blickwinkeln betrachtet. Die Gesellschaft, die wir auch im Unternehmen repräsentieren, besteht ja zu über 50 Prozent aus Frauen. Also brauchen wir die Frauen auch im Unternehmen, das ist uns ganz wichtig. Wir haben zahlreiche Talentprogramme und versuchen damit Frauen, die bei uns tätig sind, in ihrer Weiterentwicklung zu fördern.

Zusätzlich bieten wir interessante Arbeitszeiten, etwa Teilzeit- und Gleitzeitmöglichkeiten. Auch für technische Berufe versuchen wir aktiv Frauen zu gewinnen.  Das geht über Kooperationen mit Universitäten und mit HTLs. Mittels Technikerinnen-Stipendien unterstützen wir junge Frauen in technischen Studiengängen mit Mentorinnen und Mentoren der Wiener Linien. Und wir versuchen natürlich sehr stark Frauen für eine Lehre zu begeistern, denn auch in den Werkstätten ist Frauenpower gefragt. Zusätzlich sprechen wir gezielt auch etwas ältere Frauen an, die bereits in einem Beruf tätig sind. Im zweiten Bildungsweg ermöglichen wir ihnen eine zweijährige Ausbildung im Bereich „Angewandter Elektronik“ und beschäftigen sie danach im Unternehmen. Sie sehen, wir tun auf vielen Ebenen etwas, um für Frauen eine attraktive Arbeitgeberin zu sein.

Wie alt sind die Quereinsteigerinnen, die bei den Wiener Linien Karriere machen wollen?

Das geht von 20 bis über 50. Wir haben zum Beispiel eine Nageldesignerin oder eine Bäckerin, die sich für eine Umschulung entschieden haben. Diese Frauen haben einen, für damals klassischen Beruf gewähltund jetzt die Chance, in einem technischen Bereich Karriere zu machen und gut zu verdienen. Wir bilden sie für unseren Betrieb aus. 

Wie hat sich das Recruiting in den letzten Jahren verändert?

Wir haben, wie alle Unternehmen, vor allem in Zeiten der Krise, verstärkt die digitalen Möglichkeiten genutzt. Auch heute bespielen wir gezielt alle Kanäle, die bei jungen Leuten beliebt sind. TicToc, Instagram, Facebook ist eher die Zielgruppe 30+ für uns – wir nutzen die ganze Palette der Social-Media-Auftritte, wir haben Empfehlungsprogramme, digitale Kampagnen, Recruiting-Events, Tage der offenen Werkstätten. Aufgrund der unterschiedlichen Bewerber versuchen wir möglichst zielgruppenspezifisch zu rekrutieren.

Denn es ist ein großer Unterschied, ob ich einen Lehrling, einen Straßenbahnfahrer oder einen Tunnelbauexperten rekrutieren möchte. Daher überlegen wir uns, welche Medien diese Menschen konsumieren und wie wir sie am besten erreichen können. Für Lehrlinge veranstalten wir Schnuppertage, wer sich besonders gut anstellt, bekommt das „goldene Ticket“ und kann sofort bei uns mit der Lehre beginnen. Wir haben ein breites Spektrum und das ist heute auch notwendig. Wir konkurrieren mit vielen anderen Unternehmen am Arbeitsmarkt und müssen daher sichtbar sein.

Wird die  Personalbeschaffung in naher  Zukunft vollständig digital sein wird?

Nein, das glaube ich nicht. Der persönliche Eindruck ist noch immer sehr wichtig, deshalb glaube ich nicht, dass das Recruiting in Zukunft komplett digital sein wird. Man kann vieles digital abwickeln, aber das persönliche Kennenlernen ist immer noch das Um und Auf.

Für immer mehr Mitarbeitende wird die Sinnhaftigkeit der Arbeit zum entscheidenden Kriterium ihrer Lebensplanung. Welche Sinnangebote kommunizieren die Wiener Linien? 

Für uns ist Nachhaltigkeit mehr als nur ein Thema. Wer die Wiener Linien nutzt, leistet bereits einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Steigerung der Lebensqualität in einer umweltbewussten Stadt. Auch intern haben wir uns zum Ziel gesetzt, den CO2-Fußabdruck noch weiter zu reduzieren und forcieren entsprechende Projekte, die sich etwa mit der Rückspeisung von Fahr- und Brems-energie, Photovoltaik oder Geothermie beschäftigen. Wer bei den Wiener Linien arbeitet, leistet einen wesentlichen Beitrag zur Klimawende. Es gibt also nichts Besseres, als bei uns einen Sinn in der Arbeit zu finden.

Welche  Strategien werden zur Mitarbeiterbindung genutzt?

Uns ist es wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen Lebensphasen einzugehen. Wir sind eine zertifizierte, familienfreundliche Arbeitgeberin und ein Unternehmen in einer Wachstumsbranche. Wir expandieren, bauen U-Bahn- und Straßenbahnnetze, uns wird es also auch in Zukunft geben. Ein sicherer Arbeitsplatz und pünktliche Bezahlung sind wesentliche Argumente für junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gerade dabei sind, sich etwas aufzubauen.

Wie hoch ist der Bedarf an neuen Mitarbeitern bei den Wiener Linien?

Wir suchen im nächsten Jahr rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zwar in allen Bereichen. Ob Fahrerinnen und Fahrer, Technikerinnen und Techniker, Fachkräfte in den Werkstätten und natürlich IT-Fachkräfte. Die Welt ist digital und die IT-Systeme entwickeln sich weiter, deshalb ist der IT-Bereich für die Wiener Linien besonders wichtig. Wir suchen aber auch Buchhalterinnen und Buchhalter.

Stichwort „technische Berufe“ - interessieren sich heute mehr junge Frauen dafür?

Ja, das merkt man, auch bei den Auszubildenden. Wir haben im technischen Bereich knapp ein Viertel weibliche Lehrlinge, die bei uns begonnen haben. Wir bieten den jungen Damen und Herren eine Lehre mit Matura an, also eine sehr gute Ausbildung. Auch im bautechnischen Bereich sind viele Frauen tätig. Was uns besonders freut: In der Bautechnik sind fast die Hälfte aller Führungskräfte weiblich. Wo wir noch ein bisschen schwächeln, ist der Bereich Fahrzeugtechnik. Hier sind aber auch die Absolventinnenzahlen an den Universitäten äußerst gering. 

Bieten die Wiener Linien Unterstützung bei der Weiterbildung?

Natürlich, das ist heute gar keine Frage mehr. Wir fördern alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich weiterbilden wollen. Wir haben zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, die berufsbegleitend ein Bachelor- oder Masterstudium absolvieren. Die Weiterentwicklung bringt auch den Wiener Linien etwas. 

Wie wichtig ist den Wiener Linien die Vielfalt ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Sehr wichtig. Bei uns arbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 45 Nationen. Diversity steht für vieles: unterschiedliche Nationen, Religionen, Einstellungen. Es geht um Alt und Jung. Jeder Mitarbeiter ist individuell. Jeder Mitarbeiter ist vielfältig und jeder hat das Recht, hier bei uns in einem bunten Team zu arbeiten und darauf sind wir sehr stolz.

Welche Trends sehen Sie im Personalbereich?

Das Thema New Work ist wesentlich. Mehr Teilzeit ist vor allem für junge Kolleginnen und Kollegen wichtig. Natürlich auch das Thema, mehr von zu Hause aus zu arbeiten. Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Und natürlich geht es ganz stark um sinnstiftende Arbeit und ein gutes Betriebsklima. Und dass der Arbeitgeber auf die Lebensphasen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rücksicht nimmt, beispielsweise wenn Kinder betreut werden müssen. Hier sind flexible Arbeitszeitmodelle gefragt. Homeoffice hat einen entscheidenden Vorteil: Wir erreiche auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen längeren Anfahrtsweg haben.

Die Wiener Linien sorgen zum Teil für Aufsehen, wenn neue Mitarbeiter gesucht werden. Etwa mit der 1.000-Euro-Prämie für Buslenker mit D-Führerschein oder bei Großveranstaltungen. Wie ist die Resonanz? 

Sehr positiv. Auf die Anzeige für den D-Führerschein haben sich mehrere hundert Bewerber gemeldet. Damit waren wir sehr zufrieden und werden solche Aktionen weiterführen.

Am 1. September wurden die neuen Lehrwerkstätten der Wiener Linien eröffnet. Wie viele Jugendliche werden dort ausgebildet?

In der Lehrwerkstatt sind die Lehrlinge des ersten und zweiten Lehrjahres untergebracht, derzeit bilden wir dort 140 Lehrlinge aus. Wir werden die Zahl der Lehrlinge in den nächsten Jahren aber kontinuierlich verdoppeln, sodass wir dann 500 Lehrlinge bis 2027 im Unternehmen haben werden. 

Abschließend: Was zeichnet den Arbeitgeber Wiener Linien aus? 

Unsere Jobs machen Sinn. Wir sind ein tolles, buntes Team, in dem man sich entfalten und bei entsprechendem Engagement viel erreichen kann. 

Foto: Luiza Puiu


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