Petra Nocker-Schwarzenbacher, WKO, im ABW-Talk über den heimischen Tourismus

Sie kennt die Wünsche und Sorgen der heimischen Touristiker genau. Austrian Business Woman sprach mit der Obfrau der Bundessparte Tourismus in der WKO.

 

Hat sich der heimische Tourismus zu spät mit dem Thema Digitalisierung auseinandergesetzt? 

Ich glaube, dass sich gerade der Tourismus in Sachen Digitalisierung früher und intensiver als viele andere Branchen mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Wir sind sofort auf den Zug aufgesprungen, denken Sie beispielweise an digitale Buchungsplattformen, die seit vielen Jahren am Markt präsent sind und sowohl auf das Buchungsverhalten der Gäste, aber auch auf die Gastgeber großen Einfluss haben. Gäste buchen immer kurzfristiger, abhängig von Wetterlage und vorhandenem Budget, oftmals drückt der Gast auf den Buchungsknopf am Handy und steht schon an der Rezeption. Das erfordert viel Planung und Flexibilität seitens der Gastgeber. 

Wie sensibilisieren Sie Betriebe für das Thema Digitalisierung (diese ist ja auch mit Kosten verbunden) – trägt die Arbeit Früchte? 

Um Österreichs Betriebe – vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen – bei den vielfältigen Herausforderungen der Digitalisierung zu unterstützen, setzt die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) auf Beratung und Förderung. Die Initiative KMU DIGITAL wurde gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) ins Leben gerufen und umfasst Förderprogramme für Beratung und Qualifizierung von KMU, Kurse und Weiterbildungen, Informationsvermittlung und Wissenstransfer und natürlich österreichweite Veranstaltungen. Beispielweise gab es auch Förderungen durch die österreichische Hotellerie und Tourismusbank (ÖHT) deren Ziel es war, den Herausforderungen des Tourismus in Österreich besser Rechnung zu tragen. Dabei konnten sowohl Maßnahmen und Aktivitäten mit klarem Endkundenfokus in allen Phasen der Customer Journey als auch Initiativen für die innerbetriebliche Optimierung durch neue Technologien gefördert werden. Die Ernte der Früchte erfolgt am Ende, aber ich bin guter Dinge! 

Was ist heuer von der  Tourismus-Digitalisierungsstrategie zu erwarten? 

Wir arbeiten laufend daran, wir sind und bleiben mittendrin, statt nur dabei. 

Zuweilen entsteht der Eindruck, es herrscht in manchen Betrieben Abneigung gegen die Technik. Woran kann das liegen? 

Es ist zweifellos wichtig, die digitalen Entwicklungen anzunehmen und die Chancen zu nutzen. Sie durchdringen zunehmend unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt und werden uns auch im kommenden Jahr intensiv beschäftigen. Sie betreffen jeden Einzelnen und können das Leben wesentlich erleichtern. Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten und hält Einzug in sämtlichen Unternehmen quer durch alle Branchen. Aber man muss auch die Ängste der Unternehmen ernst nehmen. 70 Prozent der Unternehmen sehen die Digitalisierung als große Herausforderung. Daher bietet die Wirtschaftskammer unter wko.at/digital ein umfangreiches Serviceangebot von online Ratgebern bis hin zu Webinaren. 

Wo sehen Sie die Zukunftsmärkte des österreichischen Tourismus? 

Auf der ganzen Welt wird die Internationalisierung des Gästemixes von uns weiter vorangetrieben. Der in den letzten Jahren verfolgte Asien-Schwerpunkt bleibt aufrecht - der Fokus liegt heuer verstärkt auf Südkorea, das sich in den vergangenen zwei Jahren als zweitgrößter asiatischer Herkunftsmarkt nach China für den österreichischen Tourismus etabliert hat. Die Wachstumsprognosen für Reisen nach Europa in den kommenden zehn Jahren sind mit 15-20 Prozent sehr vielversprechend. Aus diesem Grund wird auch die Österreich Werbung (ÖW) in Kürze eine Repräsentanz in Seoul eröffnen. Wir wollen auf den Hoffnungsmärkten, in denen reiseinteressierte Mittelschichten gerade erst im Entstehen sind, den Fuß in der Tür haben, das Wachstum nutzen und Österreich als attraktives Top-Reiseziel positionieren. Der Trend und das enorme Potenzial, das es zu heben gilt, wird auch anhand der Nächtigungsentwicklung dieser Länder in Österreich von 2016 auf 2017 - China + 26,5%, Südkorea +14,1% - deutlich. 

Sind Urlauber zunehmend preisfixierter oder wird bei der schönsten Zeit im Jahr weniger gespart? 

Natürlich kann man aufgrund der im Internet vorherrschenden Preistransparenz gut vergleichen und die verschiedensten Angebote einholen. Die Kunden sind angebotsfixierter, und wir Gastgeber müssen wissen, was der Gast will. Wenn wir dann den Geschmack bei der Erstellung des Angebotes treffen, dann ist der Gast auch gerne bereit, Geld in die Hand zu nehmen. Aus einer aktuellen Studie wissen wir auch, dass die Sparneigung der Österreicherinnen und Österreicher etwa beim Winterurlaub 2017/2018 spürbar zurückgegangen ist, wahrscheinlich aufgrund der insgesamt vorherrschenden besseren wirtschaftlichen Stimmungslage! 

Was halten Sie von den großen Reiseportalen (Expedia,Trivago, booking.com,...)? Diese sind technisch und datenmäßig kaum zu schlagen. 

Dies Buchungsplattformen sind Fluch und Segen zu gleich. Natürlich ist weltweite ständige Präsenz und sofortige Buchungsmöglichkeit per Knopfdruck von großer Bedeutung - auch für unsere Ganzjahres- Auslastung. Es darf nur zu keiner unverhältnismäßigen Abhängigkeit kommen. Nachdem wir im Vorjahr die sogenannte Bestpreisklausel zu Fall gebracht haben, also Hoteliers in Österreich auch weiterhin auf ihrer eigenen Homepage Zimmer günstiger anbieten können als auf den großen Internet-Buchungsplattformen, hat sich die Situation wieder entschärft. 

Was erhoffen Sie sich von der neuen Regierung? 

Wir sind guter Dinge, fast alle unsere Forderungen finden sich im Regierungsprogramm wieder. Jetzt geht es nur mehr an die Umsetzung, hier werden wir genau beobachten und gegebenenfalls einmahnen. Ich bin davon überzeugt, dass unsere neue Tourismusministerin Elisabeth Köstinger ein großes Herz für den Tourismus hat! 

Wie viele offene Stellen gibt es zurzeit im österreichischen Tourismus? 

Im Dezember 2017 gab es in der Beherbergung 5054 beim AMS gemeldete offene Stellen, in der Gastronomie 3969. Diese steigen seit Jahren stetig an. 

Stichwort „Fachkräftemangel“: Wie können junge Menschen für eine Lehre in Hotellerie und Gastronomie gewonnen/begeistert werden? 

Wir müssen dieser Branche, ihren Arbeitgebern und Arbeitnehmern endlich wieder den Stellenwert und die Wertschätzung zukommen lassen, die sie verdienen. Damit meine ich nicht nur die wirtschaftliche Bedeutung - immerhin stellen wir 16,1% des BIP - sondern wir sind ein Wachstumsmarkt, eine intensive Dienstleistungsbranche, wir können nicht ins Ausland verlagern und kein Roboter dieser Welt kann die so geschätzte typisch österreichische Gastfreundschaft ersetzen. Wir sind also ein erfolgreicher Geschäftszweig mit Zukunft. Wer bei uns eine Ausbildung absolviert, kann auf der ganzen Welt arbeiten und hat eine Jobgarantie für sein gesamtes Leben. 

Sind sie als Hotelierin selbst vom Fachkräftemangel betroffen? 

Ich bin persönlich in der glücklichen Situation, viele langjährige Mitarbeiter zu haben, auf die ich mich verlassen kann. Aber natürlich bin ich genauso betroffen wie jeder andere, wenn es bei mir darum geht, eine Position zu besetzen. Dann ist es für mich genauso schwierig und herausfordernd, wie für jeden anderen Arbeitgeber.

Foto: Helge Kirchberger

 


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