Mag. Dr. Susanne Baumann-Söllner ist seit etwas mehr als drei Jahren Vorständin der IAKW-AG die das Austria Center Vienna betreibt. Das Erfolgsrezept der Powerfrau sind Großkongresse.
Wie viele Veranstaltungen/Kongresse finden durchschnittlich pro Jahr im Austria Center Vienna statt?
Das Austria Center Vienna ist mit 24 Sälen, 180 Meetingräumen und verfügbaren 22.000 m2 Freiflächen das größte Kongress- und Veranstaltungszentrum in Österreich für bis zu 20.000 Teilnehmern. Unser Kerngeschäft ist die Abwicklung von internationalen Großkongressen mit bis zu 20.000 Personen – vorwiegend aus dem medizinischen Bereich – und internationalen Firmenkundenveranstaltungen. Zusätzlich finden bei uns viele nationale Veranstaltungen – von Firmentagungen über Messen, Hauptversammlungen oder Galaveranstaltungen statt. Durchschnittlich sind das pro Jahr rund 150 bis 200 Veranstaltungen mit insgesamt 150.000 Teilnehmern.
Welche Veranstaltung war die bisher größte Herausforderung?
Wir gehen auf jede Veranstaltung individuell ein und finden gemeinsam mit dem Veranstalter die ideale Lösung für seine Bedürfnisse. Natürlich sind internationale Großkongresse – wie der ECR mit seinen 20.000 Teilnehmern – die einen hohen Raumbedarf und Innovationscharakter in den Meetingformaten haben – die Königsdisziplin in der Veranstaltungsorganisation. Im Rahmen einer großen Konferenz finden bis zu 200 Vorträge und Meetings innerhalb weniger Tage statt, das bedeutet natürlich eine ganz exakte Koordination und immer die passende technische Unterstützung. Genau dafür sind wir durch die Anzahl unserer Säle und Räume und deren technische Ausstattung – wir haben einen sehr großen Pool an eigener Technik im Haus – bestens aufgestellt. Auch unsere perfekte Netzinfrastruktur, die das Live Streaming der Vorträge in HD für Hybrid Meetings ermöglicht, und über ein flächendeckendes, hochverfügbaren WLAN für 20.000 Personen verfügt, ist genau darauf ausgerichtet. Sehr spezifisch sind auch hochrangig politisch besetzte Veranstaltungen, wie z. B. im Rahmen der IranTalks, bei denen wir als Medienzentrum fungierten. Genau dann arbeiten wir insbesondere in punkto Sicherheit sehr eng mit den UN-Organisationen, Ministerien und den Behörden zusammen. Auch ganz spezifische Anforderungen haben große Gala-Abende mit Show-Effekten und Live-Übertragungen im Fernsehen, wie wir es mit der LOTTERIEN-GALA „Nacht des Sports“ immer wieder im Hause haben. Hier hat der ORF aufgrund der Live-Übertragung ganz spezielle Anforderungen an das Licht – vor allem auch in Bezug auf die HD-Kameras. Hier kommt unterstützend auch unser neues Raumlichtkonzept im Galasaal, das für eine perfekte Galastimmung im Saal sorgt, zum Tragen.
In welchen Bereichen liegen Ihre wesentlichen Arbeitsschwerpunkte?
Mein Aufgabenbereich ist sehr vielseitig. Als Vorständin der IAKW-AG bin ich nicht nur für den Betrieb des Austria Center Vienna, sondern auch für die Erhaltung des Vienna International Centers, eines der vier Amtssitze der Vereinten Nationen - verantwortlich. Wir erfüllen damit auch hoheitliche Aufgaben. Für diesen gesamten Aufgabenbereich braucht es ein gutes wirtschaftliches Know-how und eine breite Erfahrung im öffentlichen Bereich, die ich habe. In Bezug auf das Austria Center Vienna bin ich mit meinem Team dran, durch unsere neue Strategie, die wir seit meinem Amtsantritt vor 3 Jahren entwickelt haben, unsere internationale Top-Positionierung im Kongressbereich noch mehr zu stärken. Wir investieren daher gerade gezielt in unser Haus, um Wohlfühl-, Netzwerk- und Meetingbereiche zu schaffen, die digitale Vernetzung zu forcieren und das Haus innovativ für bestehende und neue Meetingformate zu gestalten. Der Erfolg gibt uns Recht – 2015 konnten wir unsere Einnahmen um 20 % gegenüber 2014 steigern und das wirkt sich dann auch direkt auf unseren Betriebserfolg aus.
Wo sehen Sie die besonderen Stärken des Austria Center Vienna für Kunden und Partner?
Gerade für internationale Kunden ist die Lage unseres Hauses in Wien ganz entscheidend: denn Wien ist seit jeher eine der beliebtesten Kongressdestination weltweit. Unser Haus punktet darüber hinaus mit der großen Anzahl an Sälen, Räumen und Freiflächen, die den Veranstaltern eine sehr große Flexibilität und viel Raum für große Ideen bieten. Die Anzahl unserer Meetingräume, die für kleinere Meetings genutzt werden können und sich in bester Lage direkt neben den Sälen befinden, ist übrigens international einzigartig. Genauso wie unser WLAN: Wir bieten unseren Kunden ein flächendeckenden, hochverfügbaren WLAN für 20.000 TeilnehmerInnen bzw. 35.000 gleichzeitige Verbindungen mit allen Devices und stellen ihnen 100 Mbit WLAN kostenlos zur Verfügung. Digital on top sein heißt auch, ein multifunktionales Screensystem sowie eine optimale digitale Infrastruktur für Hybrid Meetings und internationale Präsentationstools zu bieten. Eine ganz große Stärke ist auch das Team, in House wie auch die Zusammenarbeit mit den Partnern, allen voran mit dem WienTourismus und seinem VCB, der Hotellerie, dem Flughafen und den Öffentlichen Verkehrsmitteln aber auch mit unseren Veranstaltungspartnern – von Catering über Technik und Messestandbau bis hin zu Dekoration und Spedition. – Alle sind höchst professionell.
Was macht Wien als Kongressstadt attraktiv?
Das ist zunächst die zentrale Lage in Europa. Wien ist innerhalb von 3 Stunden aus ganz Europa erreichbar und fungiert nach wie vor als Drehscheibe zwischen Ost und West. Wien hat 628 Direktflüge in 240 Städte und man ist in 7 Minuten von unserem Kongresszentrum in der Stadt; das ist 4x s o schnell als in London. Die Stadt punktet auch mit einer hohen Lebensqualität und Sicherheit. Das belegen zahlreiche Rankings wie das Mercer Ranking „Quality of Living“ – gerade ist Wien wieder zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt worden - und der United Nations Global Peace Index. Und wir haben in Wien eine hohe Wettbewerbsfähigkeit von Hotels und Locations. Wien gilt auch als smart, green & clean City und positioniert sich als größte Universitätsstadt Europas – immerhin haben wir mehr als 10 Universitäten und 140 Life-Science-Companies – als Wissens- und Forschungsstandort. Das Kulturangebot und die Wiener Gemütlichkeit bestechen unsere internationalen Gäste. Ganz wesentlich ist hier auch WienTourismus mit seinem Vienna Convention Bureau, die ein ganz tolles Service für Kongresskunden bieten, für das wir weltweit in der Branche sehr beneidet werden. Alles in allem können wir die Stärken unseres Hauses gemeinsam mit allen Dienstleistungen, die Wien bietet, gut einsetzen und heben uns dadurch auch von der Konkurrenz gut ab.
Sie sind seit etwas mehr als drei Jahren Vorständin der IAKW-AG, Ihr Werdegang und Ihre Kompetenzen sind beeindruckend – worauf sind Sie besonders stolz?
Ich glaube, es ist ganz wichtig sich Ziele zu setzen und diese auch konsequent zu verfolgen. Auch selbstbewusst zu agieren und sich neue Herausforderungen zuzutrauen ist wesentlich.
Zusätzlich hatte ich das große Glück, in meiner Vergangenheit tolle Führungskräfte gehabt zu haben, die mich gefordert und gefördert haben. Das mit mich selbst sehr stark geprägt. So fließt nun mein wirtschaftliches Know-how und meine breite Erfahrung im öffentlichen Bereich in mein Management ein. Das alles macht uns erfolgreich. Heuer kommen beispielsweise 77.000 internationale Kongressgäste zu uns. Das sind so viel wie bei 5 bis 6 Song Contests und ca. 2/3 aller internationalen Kongressgäste, die nach Wien kommen. Darauf bin ich ganz besonders stolz.
Sie sind Mutter eines kleinen Kindes – wie vereinbaren Sie Job und Familie?
Mir ist es prinzipiell wichtig, nicht nur für mich, sondern auch für mein gesamtes Team, Bedingungen zu schaffen, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf begünstigen – denn nur dann können alle ihre Aufgaben motiviert und mit Einsatz und Freude ausüben. Vieles ist bei uns schon möglich, wie flexible Arbeitszeiten und Teleworking. Wir haben uns aber auch im Rahmen des Programmes Audit berufundfamilie des BM.F – hier wurden wir im November zertifiziert – gemeinsam gezielte, ambitionierte Maßnahmen überlegt, die wir in den kommenden drei Jahren umsetzen möchten. Dies wird dann die Vereinbarkeit von Job und Familie noch mehr erleichtern.
Welchen Rat geben Sie Frauen, die eine ähnliche Karriere wie die ihre anstreben? Worauf kommt es an?
Ziele zu haben, Herausforderungen anzunehmen und dabei selbstbewusst zu agieren. Wesentlich sind sicher auch mentale Stärke und Entscheidungsfreudigkeit. Und das Arbeiten in guten Teams – so lernt man voneinander. Natürlich braucht es neben der Arbeit an sich selbst auch ein bisschen Glück, um die richtigen Menschen zu treffen, die einen persönlich fördern.
Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil?
Geradlinig, transparent und teamorientiert. Nur durch ein engagiertes, motiviertes und kompetentes Team können außergewöhnliche Leistungen erbracht werden. Unser Erfolg gibt mir Recht, denn offensichtlich habe ich mein Team und meine Kollegen so gefunden bzw. gewählt, dass wir viel gemeinsam geschafft haben und noch vieles schaffen werden.
Haben Frauen einen anderen Zugang zum Thema „Finanzen“?
Das würde ich so nicht sagen. Ich glaube, dass es unabhängig vom Geschlecht ist, ob man ein gutes Gefühl für Zahlen, Wirtschaftlichkeit und Budgets hat.
Was halten Sie von einer festgelegten Frauenquote in der Vorstandsebene?
Natürlich ist Frauenförderung sehr wichtig. Studien belegen, dass in gemischten Teams am besten und effektivsten gearbeitet wird. Daher wäre es natürlich schön, auch mehr Frauen in Führungspositionen – wie auf Vorstandsebene – zu haben. Ob man dies mit einer festgelegten Frauenquote schaffen kann oder ob andere Maßnahmen sinnvoller wären, gilt es aber vor allem auf politischer Ebene abzuwägen.
Ihre Pläne/Ziele für 2016?
Ich möchte unsere internationale Top-Positionierung noch weiter ausbauen, um damit sowohl langfristig eine hohe Wertschöpfung für Österreich und Wien generieren als auch den heimischen Wissens- und Forschungsstandort stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, in unser Haus zu investieren. Dieses Jahr schaffen wir beispielsweise gerade neue, multifunktionale Veranstaltungsflächen im Eingangsbereich. Auf 520 m2 entstehen fünf neue Meetingräume und zwei Lounge-Bereiche, mit denen wir den ebenfalls neu gestalteten Bereich der Business Lounge und des Café Motto auf der gegenüberliegenden Seite komplementieren. Wir sprechen damit gezielt internationale Kongresse mit an die 3.000 bis 4.000 Teilnehmern an, die ihre Industrieausstellung im Eingangsbereich positionieren und die zusätzlichen Flächen für Hospitality Suites oder Satelliten-Symposien nutzen. Gleichzeitig erschließen wir uns auch zusätzlichen Kundensegmenten wie kleinere und nationale Veranstaltungen von 500 bis 1.000 Personen.
Foto: IAKW-AG/Andreas Hofer