Dipl.-Wirtschaftsing. (FH) Daniela Schlüsselberger stand schon immer unter Strom, war bereits als Kind fasziniert von Elektrotechnik.
Als sie 1999 eine Lehre als Elektroinstallateurin begann, wurde sie von den männlichen Kollegen wie ein Alien behandelt. Doch sie gab nie auf. Heute ist sie beim Verbund für elektrotechnische Anlagenteile von Wasserkraftwerken verantwortlich. Eine Erfolgsgeschichte.
Bitte beschreiben Sie kurz Ihre derzeitige Tätigkeit?
Mein berufliches Tun spielt sich rund um die Erzeugung von Energie aus Wasserkraft ab. Als Projektleiterin beschäftige ich mich mit einer Vielzahl von Aufgabenstellungen. Einerseits begleite ich gerade Ausschreibungsverfahren für die Erneuerung von diversen elektrotechnischen Anlagenteilen in einer Vielzahl von Wasserkraftwerken in Österreich. Vorweg erstelle ich dafür die technischen Konzepte.
Nach erfolgreicher Vergabe des Erneuerungsauftrages, komme ich quasi wieder „back to he roots“. Ich begleite den kompletten Erneuerungsumbau. Das bedeutet für mich, dass sich mein Arbeitsumfeld in die diversen Kraftwerksstandorte verlegt wo das Projekt während der Implementierungsphase begleite und mit der technischen Abnahme die Projekte abschließe. Als Elektroenergietechnikerin biete ich in meiner Gesellschaft ebenso support im Bereich der Elektroenergietechnik an.
Vereinfacht heißt das, wenn meine Kollegen im Kraftwerk Unterstützung bei der Fehlersuche bzw. der Fehlerbehebung brauchen, werde ich angerufen und fahre dann mit einem prall gefüllten Kofferraum von Messequipment und Ersatzteilen in die betroffenen Kraftwerke, und behebe dort die Störung. Neu hinzugekommen ist in meinem Berufsumfeld noch das Thema Digitalisierung. Als stellvertretende Projektleiterin gestalte ich gerade aktiv das erste digitale Wasserkraftwerk von VERBUND mit. Hier kann ich weg von der „klassischen“ Elektrotechnik, in Zukunftsthemen eintauchen und diese auch mitgestalten. Gerade im Bereich der Digitalisierung gibt es gerade unzählige Möglichkeiten, viel Gestaltungspotential und Raum für innovative Ideen.
Wann erwachte bei Ihnen das Interesse an Elektrotechnik?
Als junges Mädchen hat es mich schon immer mehr interessiert, wie man einen Herd anschließt – nicht was man darauf kocht. Ich wollte immer schon wissen, woher der „Strom aus der Steckdose“ kommt und wieso es diese Freileitungen braucht. Nachdem das handwerkliche Geschick mir schon in die Wiege gelegt wurde, war für mich relativ früh klar, dass ich in die Elektrotechnik gehen möchte. Gottseidank fand ich auch ein Unternehmen, dass mutig genug war, mich aufzunehmen, nachdem ich als Beste beim Aufnahmetest hervorging. Im Jahre 1999 noch keine Selbstverständlichkeit.
Wie kann man junge Frauen für technische Berufe/die Forschung begeistern?
Ich glaube, dass man recht früh schon ansetzen muss. Im Kindergarten festigen sich schon – bewusst aber auch unbewusst – Rollenbilder. Später, in den ersten Schuljahren, sind Mädchen oft technisch begabter, finden aber meist nicht den Mut sich technische Bereiche anzusehen. Hier muss ein Umfeld geschaffen werden, wo Mädchen keinen „Mut“ brauchen, weil es ja sowieso normal ist.
Vice versa sollte auch Jungs ermutigt werden, soziale oder kreative Bereiche zu entdecken. Bei der Wahl der Berufe spielen Eltern eine sehr große Rolle. Ganz wichtig wäre es, hier auch bei den Erziehungsberechtigten anzusetzen. Ich kenn viele junge Damen, die gerne in technischen Bereichen tätig wären. Wenn dann aber die Unterstützung vom heimischen Umfeld fehlt, wird es schwer, diesen Weg zu gehen. Somit muss unbedingt erst das oft gefestigte Rollenbild der Erziehungsberechtigten aufgebrochen werden.
Welche Eigenschaften sind nötig, um in Ihrem Bereich erfolgreich zu sein?
Ganz oben steht Leidenschaft. Meiner Meinung nach ist es irrelevant ob man die klassischen, der Technik zugeteilte skills hat. Wenn man etwas gerne macht, macht man es auch gut. Wenn dann noch Durchhaltevermögen dazukommt, kann schon nicht mehr so viel schief gehen. Sicherlich schadet es auch nicht, sich breite Schultern anzueignen. Die haben mir von Anfang an die Sache leichter gemacht.
Wie beurteilen Sie die entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich?
Es gibt unzählige Möglichkeiten für Frauen und Mädchen in technischen Bereichen Fuß zu fassen. Egal ob ein junges Mädchen sich für einen technischen Lehrberuf entscheidet, eine junge Frau ein technisches Studium wählt oder auch eine erwachsene Frau sich umschulen lässt. Das Angebot, inklusive der willigen Unternehmen, ist da. Was fehlt ist einerseits die Selbstverständlichkeit dieser Berufswahl. Hier ist die Gesellschaft als Ganzes gefordert.
Andererseits fehlen oft auch die Rahmenbedingungen. Spätestens mit dem Kinderwunsch fallen viele technische Bereiche weg. Ich selbst kenne es nur zu gut. Oft weiß ich in der Früh nicht, wie lange mein Tag dauert. Unzählige Dienstreisen erschweren das Ganze. Von den Störungen in Kraftwerken, die weder planbar noch kalkulierbar sind, möchte ich gar nicht erst anfangen. Es kostet viel Energie hier die Rollen zu koordinieren. Ohne passende Rahmenbedingungen sowie das familiäre Umfeld wäre hier einiges beinahe unmöglich.
Wie beschreiben Sie Ihre Arbeitsweise?
Zielstrebig. Lösungsorientiert. Leidenschaftlich. Ich bin stressresistent und kann mir schnell einen Überblick von der Situation machen und dadurch rasch Entscheidungen treffen. Gerne schaue ich auch immer wieder über den eigenen Tellerrand heraus. Das erkennt man sogar an meinem Aus.- bzw. Weiterbildungsweg. Lehre, HTL, Wirtschaftsstudium und jetzt Changemanagement. Gerne bringe ich neue Sichtweisen in mein tägliches Tun ein.
Was macht die besondere Faszination Ihrer Tätigkeit aus?
Die Abwechslung. Ich wechsle permanent zwischen Hosenanzug und Arbeitssicherheitsbekleidung. Elektrotechnisch stehe ich permanent vor spannenden Frage- bzw. Aufgabenstellungen. In der Projektabwicklung stehe ich wieder vor ganz anderen Herausforderungen. Mit der Digitalisierung ergeben sich wiederum neue Fragestellungen bzw. benötigt es hier ganz andere Ansätze und Arbeitsweisen.
Mein Job bringt es mit sich, dass oft der Tagesplan um sieben Uhr in der Früh angepasst, oft auf komplett geändert werden muss. Somit ist jeder Tag irgendwie spannend und herausfordernd, weil ich nie genau weiß, was mich erwartet. Zusätzlich erfüllt es mich auch mit Stolz, meinen Teil zur Erfüllung der Mission2030 beizutragen. Wasserkraftwerke als Energieerzeuger sind ein wichtiger Bestandteil unserer Klima- und Energiestrategie. Jeden Tag trage ich einen kleinen Teil somit zur Erfüllung der Mission2030 und somit einer CO2 reduzierten Zukunft bei.
Worauf sind Sie besonders stolz?
Darauf seit nunmehr zwanzig Jahren Technikerin zu sein ohne jemals aufgegeben zu haben. Egal welchen Teil meines Karriereweges ich auch mir in Erinnerung rufe. Jeder hatte eine Menge Stolperstein, fasst ausschließlich bezogen auf mein Geschlecht. Als ich 1999 eine Lehre als Elektroinstallateurin begonnen habe, wurde ich wie ein Alien behandelt. Angst, Abneigung, Skepsis, Unverständnis.
Ich habe viele Reaktionen hervorgerufen, meist keine positiven. Als Monteurin bzw. Inbetriebsetzungstechnikerin war ich viel unterwegs und permanent in anderen Hotels und Gasthäusern untergebracht. Mit den Erlebnissen dieser Zeit auf Montage, könnte ich mehrere Bände füllen. In den letzten Jahren ist es gottseidank ruhiger geworden. Mittlerweile sind Reaktionen auf mich als Frau sehr selten, immerhin gibt es schon einige Technikerinnen.
Was würden Sie heute anders/besser machen?
Bezogen auf meinen Werdegang würde ich es zumindest ähnlich machen. Eine Lehre zu machen und somit die handwerkliche Komponente zu verstehen, hat mir ein Berufsleben lange immer geholfen. Die Kombination aus Technik als Basis, erweitert um das wirtschaftliche Gesamtverständnis und ergänzt mit dem Know how im Bereich des Changemanagements stellt mich breit genug auf um für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein.
Eines würde ich jedoch „besser“ machen. Oft wurde ich kritisiert bzw. musste ich mich doppelt und dreifach beweisen. Das hatte zwar den Effekt, dass mein Ehrgeiz unermesslich anstieg, jedoch kämpfte ich oft gegen Windmühlen. An den meisten würde ich heute wohl eher vorbeiziehen.
Ihr Rat an Frauen, die sich für Wissenschaft und Forschung interessieren?
Tut das, was ihr gerne tut, und macht es mit Leidenschaft. Das Angebot in diesem Bereich ist riesig. Es gibt unzählige Möglichkeiten sich auf Messen, Infotagen, etc. zu informieren. Meist findet man dort auch Frauen, die schon in Wissenschaft und Forschung tätig sind um sich direkt Informationen einzuholen. Abschließend der wichtigste Rat: Lasst euch von keinem sagen, dass ihr etwas nicht könnt!
Foto: Verbund