Die Geschäftsführerin von Nutricia Milupa Österreich über Hamsterkäufe, das Umsatzplus während des ersten Lockdowns und warum persönliche Nähe auch im Business wichtig ist.
Sie sind seit einem Jahr Geschäftsführerin bei Milupa und haben schon herausfordernde Zeiten erlebt – Ihr bisheriges Résumé?
„Das Jahr 2020 war sicherlich ein herausforderndes Jahr, sowohl aus persönlicher als auch aus beruflicher Perspektive. Auf persönlicher Ebene war für mich der Umzug meiner Familie nach Salzburg ein essenzieller Schritt, um mich in Österreich „wie zu Hause“ zu fühlen.
Beruflich haben mich insbesondere der Einstieg in die neue Rolle als Geschäftsführerin, das Kennenlernen der Besonderheiten des österreichischen Marktes, die Fusion der beiden Sparten Babynahrung und medizinischer Nahrung zu einem leistungsstarken Nutricia Milupa Team sowie das Verständnis, wie wir diesen Markt noch besser bedienen können, vor positive Herausforderungen gestellt. Trotz oder gerade wegen der globalen Pandemie war 2020 ein Jahr des „learning by doing“, um es positiv zu formulieren. Letztendlich haben die Menschen in meinem Umfeld den Unterschied gemacht, sowohl meine großartigen MitarbeiterInnen als auch unsere starken PartnerInnen in ganz Österreich.“
Sind Sie zufrieden mit den Hilfsmaßnahmen der Regierung? Haben Sie diese in Anspruch genommen?
Insgesamt denke ich, dass die österreichische Regierung in einer sehr schwierigen, noch nie dagewesenen Situation, gute Arbeit geleistet hat. Als gebürtige US-Amerikanerin ist er mir möglich, dabei auch einen guten Vergleich zu den Maßnahmen und der Situation in meinem Heimatland herzustellen. Es ist natürlich unmöglich, es stets allen recht zu machen, insbesondere in derartigen Ausnahmenzuständen.
Eine Art Gleichgewicht zwischen der Gesundheit der Menschen und der Gesundheit der Wirtschaft einer Nation zu finden und gleichzeitig die Akzeptanz der Bevölkerung für bestimmte Maßnahmen aufrechtzuerhalten ist sicherlich eine sehr große Herausforderung. Was Nutricia Milupa betrifft, haben wir einheitlich beschlossen, niemanden in Kurzarbeit zu schicken.
Auch wenn der Außendienst zeitweise nicht im Einsatz sein konnte oder aktuell ist, haben alle Mitarbeiter in diesen schweren Monaten einen wertvollen Beitrag geleistet. Wir haben beispielsweise auch unser Reinigungspersonal im Salzburger Büro weiter beschäftigt, obwohl kaum Mitarbeiter im Büro waren. Das war mir als Geschäftsführerin ein sehr wichtiges Anliegen.
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf die Babynahrungs-Branche aus?
Die Corona-Krise und der damit einhergehende Lockdown hat sich spürbar auf den österreichischen Handel und somit auch auf die Babynahrungs-Branche ausgewirkt. Zum Höhepunkt der Corona-Krise im März und April erreichten wir mit unseren Markenprodukten Aptamil und Milumil ein Umsatzplus von über 50% im Vergleich zu den Vormonaten, was sich in den Folgemonaten aber wieder auf ein normales Niveau eingependelt hat.
Dies hat damit zu tun, dass Babys und Kleinkinder während des Lockdowns natürlich auch nicht mehr Nahrung benötigten als zuvor und unsere Produkte durch das lange Mindesthaltbarkeitsdatum in den folgenden Wochen nicht mehr nachgekauft werden mussten. Darüber hinaus haben wir beobachtet, dass viele Eltern in noch höherem Maße auf spezifische Informationen und Unterstützung aus dem Internet angewiesen waren.
Diese neue Nachfrage bedienten wir mit diversen speziellen Angeboten, wie beispielsweise Online-Chats mit Hebammen oder auch durch virtuelle Schwangerschaftsyoga-Sessions.
Gab es während des Lockdowns Versorgungsengpässe?
Wie viele Unternehmen mussten wir uns sehr schnell an die neuen Umstände anpassen. Als Hersteller von Babynahrung sowie medizinischer Trink- und Sondennahrung wurden wir als versorgungskritisch eingestuft und mussten dementsprechend alles dafür tun, um weiterhin lieferfähig zu bleiben und gleichzeitig Eltern, Patienten und Vertretern des Gesundheitswesens das Gefühl der Versorgungssicherheit zu geben.
Während wir anfangs mit Herausforderungen wie beispielsweise den Grenzschließungen zu Tirol, der raschen Nachschlichtung in Geschäften und Apotheken nach den ersten Hamsterkäufen oder auch mit verschiedenen Unsicherheiten auf Verordnungsebene zu kämpfen hatten, konnten wir uns letztendlich doch recht schnell an das „New Normal“ gewöhnen.
Hier haben unsere guten Beziehungen zu lokalen Händlern und Behörden den Ausschlag gegeben. Ein besonders großes Dankeschön gilt an dieser Stelle auch unseren Lagermitarbeitern, die dank bestmöglicher Zusammenarbeit auch während der Krise die Versorgung für unsere Kunden sicherstellten, sodass es zu keiner Zeit zu etwaigen Lieferengpässen gekommen ist.
Was haben Sie aus der Krise gelernt?
Es kostet viel Energie, eine Krise reibungslos zu bewältigen, aber letztendlich machen die Menschen und das Umfeld den Unterschied. Nur durch den engen Zusammenhalt innerhalb des Teams und die starken Beziehungen zu unseren externen Partnern konnten und können wir auch in Zukunft diese herausfordernden Zeiten gemeinsam bewältigen. Was speziell das viel diskutierte Thema Home-Office betrifft, so hat dies für uns gut funktioniert und wird auch weiterhin gut funktionieren.
Wir haben umgehend reagiert und allen Mitarbeitern die gesamte technische Ausstattung zur Verfügung gestellt – nicht nur Laptops, sondern auch größere Bildschirme, Tastaturen, Mäuse, Docking-Stationen und bei Bedarf auch spezielle ergonomische Stühle. Doch bei all den Vorteilen des Home-Office wie weniger Reisezeit, besseres Management der persönlichen Bedürfnisse, mehr Konzentration und so weiter können virtuelle Meetings die persönliche Interaktion im Büro oder vor Ort nicht vollständig ersetzen. Vor allem für die medizinischen Außendienstmitarbeiter, die vom täglichen Einsatz im Außendienst zu einer arbeitsplatzgebundenen Tätigkeit übergegangen sind, stellt dies eine enorme Veränderung und Herausforderung dar, da die Relevanz von persönlicher Nähe zu unseren Partnern im Gesundheitswesen sehr hoch ist.
Der spontane Ideenaustausch, informelle Updates und der Aufbau persönlicher Vertrauensverbindungen werden deutlich erschwert, wenn die entsprechenden Interaktionen lediglich auf einem Bildschirm stattfinden. Wie bei den meisten Dingen im Leben ist hierbei die richtige Balance entscheidend. Daher arbeiten wir auch kontinuerlich an neuen Ideen, die wesentlich mehr Flexibilität für das digitale Arbeiten ermöglichen, ohne dabei die Fähigkeit zu verlieren, durch einen regelmäßigen persönlichen Austausch zusammenzuwachsen.
Ihre Vorsätze und Wünsche für 2021?
„Ich hoffe definitiv, dass das Jahr 2021 wieder etwas mehr Stabilität bringt und wir als Unternehmen gleichzeitig von all den Erkenntnissen profitieren werden, die wir im Jahr 2020 gelernt haben. Wir sehen dies als Anstoß zur kontinuierlichen Weiterentwicklung an allen Fronten. Ich wünsche mir, dass unsere Mitarbeiter, Partner und Kunden auf diese Zeiten zurückblicken können und sich daran erinnern, wie wir gemeinsam zusammengewachsen sind und uns gegenseitig in großem Maße unterstützt haben.
Ich wünsche mir auch, dass wir als Gesellschaft gestärkt aus diesen herausfordernden Zeiten herausgehen. Meine persönliche Verantwortung besteht darin, dafür zu sorgen, dass auf privater Ebene sowohl meine Familie als auch meine Mitarbeiter im professionellen Kontext das Gefühl haben, gemeinsam etwas bewirken zu können und füreinander da zu sein.“
Foto: Nutricia Milupa Österreich