Marion Eppinger, Influencerin und Bloggerin (HR Passionista): Erfolgreich mit klaren Kommunikationsstrategien

Die bekannte Influencerin und Bloggerin – auch als HR Passionista bekannt – ist Initiatorin von Austria’s Top HR Influencer*innen.

 

Im Rahmen einer großen Veranstaltung werden am 17. Oktober die diesjährigen Awards vergeben. ABW sprach mit der Expertin über die derzeit wichtigsten HR-Themen.

Wie beeinflussen aktuelle Trends wie KI und Automatisierung die zukünftige Gestaltung von HR-Prozessen, insbesondere in den Bereichen Talentmanagement und Recruiting?

In Europa wird KI derzeit am häufigsten in folgenden Bereichen der Personalbeschaffung eingesetzt: Erstellen von Stellenbeschreibungen, Platzieren von Stellenanzeigen in sozialen Medien und auf Karrierewebsites, Abgleich von Bewerbungsschreiben und Anforderungsprofilen, Verwaltung und Analyse von Bewerbungsvideos sowie Testverfahren (Anm.: Assessments).

Warum ist das so? Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel erfordern neue Wege im Recruiting. Der Einsatz von KI im Recruiting revolutioniert den Bewerbungsprozess in vielen Unternehmen, indem er den Arbeitsaufwand in den Personalabteilungen enorm reduziert und so für optimierte Auswahlverfahren sorgt.

Wie bei allen Technologien gibt es jedoch auch hier Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. Die EU hat daher eine einheitliche Richtlinie entwickelt, den sogenannten AI-Act. Diese Richtlinie ist gerade in Kraft getreten und legt fest, wie KI in Zukunft eingesetzt werden darf. Was bei all dem KI-Hype nicht vergessen werden darf: Diese Systeme lernen von uns Menschen. KI lernt von unserem Verhalten und solange es soziale Ungleichheiten gibt, lernt KI diese zu berücksichtigen und bezieht sie ungefiltert in ihre Bewertungskriterien mit ein.  Einige Fälle - Amazon Facial Recognition System, AMS - haben bereits gezeigt, dass KI zu Diskriminierung führen kann. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein und seitens der Entwickler gezielt gegenzusteuern.

Welche Rolle spielt die Employee Experience heute im Vergleich zur traditionellen Mitarbeiterzufriedenheit und wie sollten Unternehmen diese Erkenntnisse in der Praxis umsetzen?

Wir leben in einem ausgeprägten Bewerbermarkt, d.h. die Loyalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber den Unternehmen hat stark abgenommen. Die Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln sind vielfältig geworden. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, sich klar zu positionieren und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre Vision zu begeistern. 

Kostenlose Benefits wie Kaffee oder ein Obstkorb reichen längst nicht mehr aus. Es müssen transparente Strategien entwickelt werden, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden und zu binden. Hier gilt es, ein Arbeitgeberversprechen zu etablieren und vorzuleben. Die Sinnfrage beschäftigt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heute mehr denn je. Sie braucht eine klare Antwort des Arbeitgebers, um Menschen zu motivieren und langfristig zu binden.

Wie schätzen Sie die Bedeutung von Diversität und Inklusion ein?

Diversität & Inklusion ist ein Alleinstellungsmerkmal. Bin ich ein Unternehmen, dass D&I fördert, beeinflusst dies die Unternehmenskultur und den wirtschaftlichen Erfolg positiv und nachhaltig: Unterschiedliche Sichtweisen fördern Kreativität und Innovation. Sie haben, bessere und umsichtige Entscheidung zur Folge und verbessern die Mitarbeiterzufriedenheit durch eine inklusive Kultur und eine klare Stärkung der Arbeitgebermarke. 

Diversität & Inklusion geht weit darüber hinaus nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe oder Religion einzustellen, sondern vielmehr darum, unterschiedliche Meinungen zu respektieren und zu berücksichtigen. Weg von Konformität, hin zu Vielfalt.

Welche innovativen Methoden und Tools zur Mitarbeiterbindung haben sich in der jüngsten Zeit als besonders effektiv erwiesen, insbesondere in Zeiten von Remote-Arbeit und hybriden Arbeitsmodellen?

Menschen wollen für das, was sie tun, gesehen und anerkannt werden. Schwierig wird es, wenn in hybriden Arbeitswelten der persönliche Kontakt zu kurz kommt. Deshalb ist es wichtig, Maßnahmen zu entwickeln, die einen regelmäßigen Austausch sicherstellen. Feedback zu geben und die Arbeit des anderen wertzuschätzen, ist sicherlich einer der größten Treiber, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig an ein Unternehmen zu binden. Der Schlüssel dazu liegt in einer wertschätzenden und verantwortungsvollen Kommunikation.

Welche Entwicklungen sehen Sie im Bereich der Weiterbildung und des Upskilling? Wie wichtig sind lebenslanges Lernen und digitale Kompetenzen in der HR-Strategie?

Upskilling bedeutet, sich neue und relevante Kompetenzen anzueignen, die heute und in Zukunft benötigt werden.  Zum Beispiel digitale und/oder analytische „Skills“ zu erlernen, um vernetzt denken zu können und der Informationsflut, der wir ausgesetzt sind, gewachsen zu sein. Es unterstützt Unternehmen dabei, ihre bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weiterzuentwickeln, dass der so genannte „Skill Gap“ (Anm.: Skill Gap bezeichnet die Lücke zwischen den aktuellen Kenntnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den in Zukunft benötigten Fähigkeiten) nicht noch größer wird. Es ist wichtig zu erkennen, was ich in Zukunft von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern brauche und möchte. Was können sie bereits und was müssen sie noch lernen?

Im Zuge des Fachkräftemangels wird Upskilling immer wichtiger. Andererseits wird es bestimmte Berufe in Zukunft nicht mehr geben, dafür werden neue entstehen. Und hier sehe ich die Unternehmen in der Verantwortung, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weiterzuentwickeln, dass sie im Unternehmen bleiben können, anstatt Ressourcen „nur“ von außen zu beziehen.

Wie können HR-Teams die Unternehmenskultur in einer zunehmend dezentralen und digitalen Arbeitswelt stärken? Welche Best Practices haben Sie hier identifiziert?

Virtuelles Arbeiten scheitert meist daran, dass man glaubt, als Führungskraft gleich agieren zu können wie im Büro. Das funktioniert leider nicht, Gespräche zwischen Tür und Angel fallen weg und sehr viel zwischenmenschliche Kommunikation findet nicht mehr statt. Das führt auch dazu, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger zugehörig führen und daher leichter abgeworben werden können. Was kann ich also als Führungskraft dazu beitragen? Regelmässige Updates mit meinem Team, über berufliche sowie auch private Themen, Disziplin in der Einhaltung von Terminen und online Kollaboration durch geeignete Tools fördern. Man muss an seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dranbleiben und einen großen Vertrauensvorschuss geben, dass die Dinge passieren, die ausgemacht sind. Doch wenn es eine klare Zielsetzung gibt, kann das sehr einfach überprüft werden. Wenn es nicht passiert, muss es Konsequenzen geben, sonst entwickelt sich ein „Schlendrian” und das ist Gift für jede Zusammenarbeit. Das beste Heilmittel hierfür ist mit gutem Beispiel voran zu geben, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sich Vorgehensweisen von der Führungskraft abschauen – die guten wie die schlechten. 

Es braucht auch eine klare Kommunikationsstrategie! Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen wissen, wo sie wann welche Informationen erhalten - damit der Informationsfluss in Gang bleibt und kein Wissen verloren geht. Kommunikation ist der Schlüssel zum Engagement, informierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Regel zufriedener und produktiver. Unzufriedenheit entsteht, wenn bestimmte Themen über den Flurfunk - der auch im Homeoffice wunderbar funktioniert - kommuniziert werden.

Welche Rolle spielt die Analyse von Mitarbeiterdaten und Predictive Analytics bei der Gestaltung von HR-Strategien und -Entscheidungen? Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie dabei?

Die Analyse personenbezogener Daten, um datengestützte und fundierte Entscheidungen treffen zu können, ist zu einem wichtigen Bestandteil der Personalstrategie geworden. Daten auf diese Weise zu nutzen und mit anderen Unternehmensdaten zu verknüpfen, um Prognosen für die Zukunft zu erstellen, hilft dabei, Entscheidungen wesentlich fundierter zu treffen.

Um Mitarbeiterdaten zielgerichtet und aussagekräftig analysieren zu können, bedarf es eines Systems, das HR-Abteilungen in die Lage versetzt, dies effizient und zeitnah zu tun. Sogenannte KPIs (Key Performance Indicators) sind wichtig, um den Status Quo zu analysieren, Trends zu erkennen und eine Basis für zukünftige Entscheidungen zu bilden. 

Auch hier darf der Faktor Mensch nicht vernachlässigt werden. Am besten ist eine Kombination, dann ist man auf dem sicheren Weg, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zufrieden und produktiv bleiben.

Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie im Bereich des agilen HR-Managements? Wie lässt sich Agilität in traditionellen HR-Strukturen umsetzen?

In einer agilen Arbeitswelt herrschen Transparenz, Abgleich und Anpassung vor, d.h. Ziele werden auf allen Ebenen im Unternehmen offen kommuniziert. Sie werden gemeinsam abgestimmt, gemessen und bei Bedarf angepasst. Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis für eine solche Zusammenarbeit. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der regelmäßige Austausch. 

Wie sieht das in der Praxis aus? In der Vergangenheit habe ich zum Beispiel mit meinem Team ein Whiteboard genutzt, um unsere Projekte & Milestones zu visualisieren und unsere Fortschritte mit Post-Its zu markieren. Das hat dem Team und mir geholfen, den Überblick zu behalten und uns allen den Status eines Projekts offen zu zeigen - totale Transparenz. Wenn wir ein Projekt erfolgreich abgeschlossen haben, haben wir das auch gefeiert. Ich kann nur empfehlen, Meilensteine auf diese Weise zu feiern und zu belohnen, denn in unserer schnelllebigen Welt kommt das oft zu kurz.

Lässt sich eine agile Arbeitsweise in eine traditionelle Struktur integrieren? Meiner Meinung nach eher schwierig. Ich denke, es braucht immer zuerst eine neue Sicht auf die Dinge und den Willen, etwas zu verändern. Dann nähert man sich dem Thema Schritt für Schritt. Da jedes Unternehmen anders ist, sollte man sich die Zeit nehmen, erst einmal abzuwägen, was Sinn macht. Manches muss man auch einfach ausprobieren, ob es passt. Ein weiterer wichtiger Grundsatz des agilen Arbeitens: Fehler machen ist erlaubt! Wenn es gut läuft, beibehalten - wenn nicht, Kurs ändern und etwas anderes ausprobieren.

Wie wirken sich aktuelle gesellschaftliche Trends wie New Work und die zunehmende Bedeutung von Purpose auf die Gestaltung von HR-Strategien aus?

Ich glaube, dass „New Work” nicht mehr wegzudenken ist. KI wird die Arbeitswelt verändern, Routinearbeiten werden wegfallen und neue Jobs entstehen. Dafür werden neue Skills benötigt, auf die sich Unternehmen jetzt vorbereiten müssen - ein wichtiges Stichwort wird hier Upskilling sein, denn der Trichter mit neuen Talenten wird immer kleiner und der Kampf um die besten Talente wird für Unternehmen immer schwieriger. 

Daher wird auch das Thema Purpose an Bedeutung gewinnen - stupides „Abarbeiten“ war gestern. Heute wollen die Mitarbeitenden wissen und verstehen, welchen Beitrag sie leisten. Das ist einerseits gut, weil es das Engagement erhöht, andererseits erhöht es den Aufwand für das Management, hier Rede und Antwort zu stehen.  In meinen Augen ist es eine spannende Zeit und ich denke, man sollte mehr in den Dialog treten und sich austauschen, dann gibt es weniger Missverständnisse und wir rücken wieder näher zusammen. Eine Vision, die ich schon lange verfolge - denn wie sagt man in Österreich so schön: „Durchs Reden kommen d’ Leut zam“. #togetherwearestronger.

Foto: Stefanie Waldecker/www.macherin.at


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