Im mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien verabschieden sich mit Ende des Jahres zwei herausragende Mitarbeiterinnen in die Pension: "Eva Badura-Triska, Kuratorin, und Susanne Neuburger, Sammlungsleiterin und Kuratorin, verfügen durch ihre jahrzehntelange Tätigkeit im mumok über eine herausragende wissenschaftliche Expertise und Kenntnis der Kunst seit der Moderne und unserer Sammlung. Mit ihren Ausstellungen prägten sie das Ansehen unseres Hauses als diskursives Museum entscheidend mit. Für ihr jahrzehntelanges Engagement und ihre Verbundenheit zum mumok möchte ich mich von ganzem Herzen bei ihnen bedanken", so Karola Kraus.
Das aktuelle Ausstellungsprogramm des mumok ist noch stark von den beiden Kuratorinnen geprägt. So verantwortet Eva Badura-Triska gemeinsam mit Markus Wörgötter die Ausstellung Vertigo, die sich seit ihrer Eröffnung zu einem Besuchermagneten entwickelt hat. Susanne Neuburger arbeitet derzeit an drei Ausstellungen, die im Herbst eröffnen werden: eine widmet sich Alfred Schmeller, dem zweiten Direktor des Museums moderner Kunst, und der Kulturpolitik der 1970er-Jahre, eine weitere präsentiert erstmals den Nachlass des Fotografen und Literaten Heimrad Bäcker, der 2015 dem mumok übergeben wurde, und im November eröffnet Susanne Neuburger eine Ausstellung zur Klassischen Moderne.
"Die beiden vakanten Stellen nach zu besetzen, war eine besondere Herausforderung, denn sowohl Eva Badura-Triska als auch Susanne Neuburger waren durch ihre jahrzehntelange Tätigkeit für das Museum mit der Sammlung bestens vertraut", so Karola Kraus. Umso erfreulicher ist es, dass es gelungen ist, die Lücke, die mit ihrem Weggang entstehen wird, mit einem hervorragenden Kurator_innen-Trio zu schließen, das der Programmatik des Hauses neue, spannende Facetten hinzufügen wird. Karola Kraus zur Entscheidungsfindung: "Schnell wurde mir klar, dass die beiden Stellen nicht von zwei Personen ausgefüllt werden können. Daher haben wir uns entschieden, mit Heike Eipeldauer und Franz Thalmair zwei Kurator_innen zu bestellen, die ausgewiesene Expert_innen im Bereich der modernen bzw. der zeitgenössischen Kunst sind, sowie Marie-Therese Hochwartner als Sammlungsleiterin zu bestimmen, die bereits seit 2012 an der Erschließung der mumok Sammlung mitarbeitet und diese mit dem Fokus auf die Herausforderungen der Digitalisierung ins 21ste Jahrhundert führen wird."
Heike Eipeldauer (geb. 1978 in Wien) studierte Kunstgeschichte und Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt Kulturrecht in Wien und Dijon. Sie war von 2001 bis 2004 wissenschaftlich für das mumok tätig und wurde 2004 als Kuratorin für Klassische Moderne und Gegenwartskunst an das Kunstforum Wien bestellt. Seit 2011 war sie darüber hinaus auch für die Entwicklung der Bank Austria Sammlung zuständig.
Heike Eipeldauer kuratierte im Kunstforum Wien – in Zusammenarbeit mit internationalen Museen wie Tate Modern, London, Kunsthaus Zürich oder S.M.A.K., Gent, sowie für den Martin-Gropius-Bau, Berlin oder das LaM, Lille – richtungsweisende monografische Ausstellungen zu Georges Braque (2008), Birgit Jürgenssen (2010/11), Meret Oppenheim (2013/14), Georgia O’Keeffe (2016/17), James Welling (2017) oder Gerhard Rühm (2017) sowie Themenausstellungen, etwa zur Entwicklung des Stilllebens als Experimentierfeld der Moderne (2010) oder zu kollaborativen Arbeitsweisen von Künstlerpaaren der russischen Avantgarde (2015/16 und 2017). Seit Jänner 2018 war sie Sammlungsleiterin im Leopold Museum, wo sie zuletzt die Ausstellung Oskar Kokoschka: Expressionist, Migrant, Europäerverantwortete. Heike Eipeldauer war Lehrbeauftragte an der Universität Wien, ist Mitglied zahlreicher Fachjurys und regelmäßig Herausgeberin und Autorin kunstwissenschaftlicher Publikationen.
Heike Eipeldauer freut sich nach 15 Jahren wieder ans mumok zurückzukehren und die mumok Sammlung im Hinblick auf relevante gegenwärtige Thematiken produktiv zu machen: „Ausstellungen sind für mich Erkenntnismedien – es ist eine wunderbare Herausforderung, mit der von den Avantgarden zu Beginn des letzten Jahrhunderts bis in Gegenwart reichenden Sammlung des mumok zu arbeiten, deren historischen und theoretischen Kontext zu analysieren, diese aber zugleich zu öffnen und einen Dialog zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragestellungen zu initiieren. Dies verlangt auch epochengreifend zu denken, um gerade dadurch aktuell relevante Fragen einer globalisierten Welt im Umbruch zu verhandeln.“
Marie-Therese Hochwartner (geb. 1983 in Wien) studierte Kunstgeschichte an den Universitäten Wien und Basel. Sie war für das historische Bildarchiv Imagno, das Fotomuseum Westlicht und den Fotoraum Wien tätig. Seit 2012 verantwortet sie die Archive und Nachlässe im mumok – Museum für moderne Kunst Stiftung Ludwig Wien. Derzeit absolviert sie berufsbegleitend den Masterstudiengang für Content Strategie an der FH Joanneum. Zu den jüngsten kuratorischen Projekten gehören Mein Körper ist das Ereignis (2015, mit Eva Badura-Triska), Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne (2016, mit Susanne Neuburger), Film und mehr. Aus dem Archiv von Kurt Kren und Ernst Schmidt jr. (2018, mit Naoko Kaltschmidt, Matthias Michalka, Susanne Neuburger).
"Durch die Digitalisierung, speziell die Fortschritte im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften, ergeben sich neue Herausforderungen. Im Bewusstsein, dass unsere Bestände von der internen und öffentlichen Diskussion ihrer Potentiale leben, möchte ich diese Auseinandersetzung auch im digitalen Raum fördern. Deshalb liegt unser Fokus in den kommenden Jahren auf der zielgruppenspezifischen Publikation von Forschungsdaten, der Entwicklung einer innovativen Wissenskommunikation und der internen Vernetzung mit (inter)nationalen Forschungseinrichtungen", so Marie-Therese Hochwartner.
Franz Thalmair (geb. 1976 in Wels) arbeitet als Kurator, Autor und Herausgeber in Wien. Er studierte Romanistik in Salzburg, Paris und Barcelona. Seit 2018 leitet er den Kunstraum Lakeside in Klagenfurt. Von 2016 bis 2019 war er für das Forschungsprojekt originalcopy – Post-Digital Strategies of Appropriation an der Universität für angewandte Kunst Wien mitverantwortlich, wo er auch als Lehrbeauftragter im Bereich TransArts – Transdiziplinäre Kunst tätig ist. Darüber hinaus unterrichtet er im Masterstudiengang Visuelle Kultur an der Universität Klagenfurt. Von 2010 bis 2014 war Franz Thalmair geschäftsführender Kurator der Wiener Secession sowie von 2007 bis 2010 Kulturressortleiter und Redakteur bei der Online-Tageszeitung der Standard. Er publiziert regelmäßig in Ausstellungskatalogen, Kunst- und Künstler_innenbüchern sowie in Magazinen wie Springerin, Kunstforum International sowie Artforum.
Franz Thalmairs vorrangiges Interesse gilt gesellschaftspolitischen Fragestellungen: "Ich freue mich darauf, die Sammlung des mumok mit politischen, ökonomischen und technologischen Fragestellungen der Gegenwart zu konfrontieren, die für unsere unmittelbare Zukunft relevant sind. "Medienumbrüche", "Materialität", "Aneignungsstrategien", "Hybridität" oder "Gegenöffentlichkeit" sind Begriffe, mit denen in Zeiten globaler Vernetzung bei gleichzeitiger Fragmentierung des Wissens sowohl gesellschaftliche Herausforderungen als auch kunstimmanente Fragen erfasst werden können. Insbesondere möchte ich historische Positionen innerhalb der Museumssammlung in Dialog mit aktuellem Kunstschaffen bringen und so ihr Potenzial aktivieren. Die Welt ist in Bewegung – eine Bewegung, die nicht am Museum vorbeiführt."
"Ich freue mich sehr auf eine produktive Zusammenarbeit mit den neuen Mitarbeiter_innen", betont Karola Kraus.
Die beiden Kurator_innen wie auch die Sammlungsleiterin werden ihre Arbeit im mumok im Herbst 2019 bzw. im Frühjahr 2020 aufnehmen.
Foto: Niko Havranek, © mumok