Die positiven Seiten der Globalisierung

Weltpolitische Krisen, deren Ausmaß die meisten Europäer in ihrem Leben noch nicht erlebt haben, und abreißende Lieferketten haben dem Ruf der Globalisierung in den letzten Jahren schwer zugesetzt. Doch trotz des neuen Bewusstseins für die Risiken, die dem komplexen Netz des internationalen Austauschs von Waren und Dienstleistungen innewohnen, haben wir der Globalisierung nach wie vor sehr viel zu verdanken.

Die gute Seite der Globalisierung spiegelt sich in kulturübergreifenden Teams und Geschäftsbeziehungen wider. Sie fördern das Verständnis und die gegenseitige Wertschätzung und zeigen, dass wir eigentlich immer viel mehr gemeinsam haben als uns unterscheidet. Und das geschieht auf eine Art und Weise, von der jeder Beteiligte auf internationaler Ebene nachhaltig wirtschaftlich profitiert. Das folgende Beispiel für eine positive Entwicklung der Globalisierung verdeutlicht auch die ganz realen Auswirkungen der digitalen Transformation auf kommunaler Ebene.

150 km nördlich von Hamburg, eingebettet in die beschauliche Landschaft Schleswig-Holsteins, liegt das 2.243-Seelen-Dorf Viöl – eine von insgesamt 133 Gemeinden im stark ländlich geprägten Landkreis Nordfriesland. Mit dem Auto sind es von dort aus nur 30 Minuten zur dänischen Grenze.

Sowohl die Nord- als auch die Ostsee sind nur einen Katzensprung entfernt. Die größte Touristenattraktion ist die Viöler Madonna, eine Skulptur der thronenden Muttergottes aus dem 13. Jahrhundert, die um 1900 auf dem Dachboden der dort ansässigen St. Christophorus-Kirche gefunden wurde. Die historische Steinkirche selbst geht auf das Jahr 1100 zurück.

Viöl könnte sich kaum noch stärker von der weitaus größeren Universitätsstadt Sulaimaniyya unterscheiden. Mit mehr als 1,6 Millionen Einwohnern ist diese nach der Hauptstadt Erbil die zweitgrößte Stadt des Autonomen Kurdistan im Irak.

Sulaimaniyya liegt inmitten des Zagros-Gebirges, südlich des Berges Pira Magrun auf einer Höhe von fast 900 m über dem Meeresspiegel und wird mit bis zu 45 °C im Sommer extrem heiß. Im Winter kann es dort aber auch eisig kalt werden, sodass die verfallenen Betonbauten neben den riesigen gläsernen Wolkenkratzern, die an Dubai erinnern, mit Schnee bedeckt sind.

Sulaimaniyya hat eine bewegte, mitunter brutale Vergangenheit, seit die Stadt 1784 vom kurdischen Prinzen Ibrahim Pascha Baban zu einer Zeit gegründet wurde, als die Region noch ein Vasall des ausgedehnten Osmanischen Reiches war.

Obwohl sie zwischen regionalen Mächten wie den Osmanen, den Persern, den Briten sowie dem modernen Irak hin- und hergeschoben wurde, war Sulaimaniyya stets ein wirtschaftliches, kulturelles und bildungspolitisches Zentrum des kurdischen Volkes. Schon in den 1920er Jahren gab es hier eine private Mädchenschule – ein Zeichen für die fortschrittlichere Rolle der kurdischen Frauen in ihrer Gesellschaft im Vergleich zu vielen anderen Kulturen der umliegenden Regionen.

Heute gibt es in Sulaimaniyya nicht weniger als vier Universitäten. Eine davon ist die American University of Iraq, an der Studierende mit unterschiedlichem wirtschaftlichem, ethnischem und religiösem Hintergrund eine Ausbildung nach amerikanischem Vorbild erhalten können.

Dank der Universitäten und der gebildeten jungen Bevölkerung von Sulaimaniyya ist eine unwahrscheinliche Brücke zwischen der kulturellen Hauptstadt Kurdistans und Viöl, dem kleinen Dorf im ländlichen Norddeutschland, entstanden.

Globaler IT-Fachkräftemangel treibt aufstrebende IT-Outsourcing-Standorte voran

Der weltweite Mangel an Softwareentwicklern und anderen IT-Fachkräften ist schon seit Jahren ein großes Problem. Zusätzlich verschärft sich die Situation mit dem zunehmenden Wachstum der digitalen Wirtschaft immer weiter weiter. Das führende Marktforschungsunternehmen DC prognostiziert bis 2025 ein globales Defizit von 4 Millionen Entwicklern – im Jahr 2021 waren es erst 1,2 Millionen.

Dadurch schießen die ohnehin schon hohen Gehälter von Softwareentwicklern weiter in die Höhe. Laut Angaben des Stellenportals de.talent.com liegt das Durchschnittsgehalt eines Softwareentwicklers in Deutschland derzeit bei rund 65.000 Euro pro Jahr, wobei Seniorpositionen bis zu 100.000 Euro verdienen können. In den USA beträgt das Durchschnittsgehalt eines Softwareentwicklers sogar 110.000 US-Dollar und kann auf mehr als 150.000 US-Dollar ansteigen. Rechnet man Einstellungskosten, Steuern, Rentenversicherungsbeiträge und andere Ausgaben hinzu, kommen auf Auftraggeber schnell horrende Kosten zu.

Für den kleinen Kreis Nordfriesland und seine Gemeinden sind derartige Kosten für digitale Entwicklungsprojekte in der Regel nicht tragbar. Selbst wenn eine externe Förderung durch Zuschüsse aus dem deutschen Bundeshaushalt oder einer anderen Institution wie der EU gesichert ist, kann ein solches Budget üblicherweise nicht voll aufgebracht werden.

Auch die Auslagerung in klassische IT-Destinationen wie Osteuropa ist auf dem gegenwärtigen Markt für Softwareentwickler oft eine Herausforderung. Im Vergleich zur Beauftragung von deutschen Softwareentwicklern lassen sich zwar Einsparungen erzielen, allerdings hat die weltweite Nachfrage die Gehälter auch in Nearshore-Märkten in die Höhe getrieben. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die größte Herausforderung darin besteht, Fachkräfte mit dem richtigen Profil überhaupt erst zu finden, sind IT-Fachkräfte in Osteuropa zwar teuer, aber immerhin verfügbar.

Was tun also die Verantwortlichen eines kommunalen IT-Projekts angesichts eines knappen Budgets? Im Fall von Viöl wandte sich die Stabsstelle Förderscouting an den Münchner IT-Outsourcing-Anbieter Krusche & Company (K&C). Das Unternehmen rekrutiert IT-Kräfte nicht nur in den typischen Nearshore-Hotspots wie Polen oder anderen osteuropäischen Ländern.

Zusätzlich reagiert K&C auf den Talent- und Kostenengpass in der Technologiebranche und baut eine Präsenz in aufstrebenden Near- und Midshore-Standorten auf. Dies bringt uns zurück nach Sulaimaniyya, der Universitätsstadt in den Bergen des irakischen Kurdistans. K&C hat Anfang 2022 unter anderem dort eine neue Niederlassung eröffnet.

Ein ehrgeiziges Projekt zur digitalen Transformation inmitten von Nordfriesland

Der norddeutsche Kreis Nordfriesland im Bundesland Schleswig-Holstein ist eine der ländlichsten Regionen des Landes. Er umfasst elf kleine Bezirke, von denen die meisten nur aus einer Handvoll Kleinstädte, Dörfer und kleinen Ortschaften bestehen.

Angesichts ihrer geringen Größe sind die sehr ländlichen nordfriesischen Gemeinden gezwungen, die meisten öffentlichen Projekte mit Fremdmitteln zu finanzieren. Der jährliche Gemeindehaushalt reicht schlichtweg nicht aus, um alle Bedarfe und Wünsche an neuen Einrichtungen wie Spielplätzen und Radwegen zu finanzieren. Die meisten kommunalen Ämter, darunter auch dasjenige des Bürgermeisters, werden von ehrenamtlichen Helfern neben ihrem eigentlichen Beruf ausgeübt.

Wie Dr. Melanie Boieck von der Stabsstelle Förderscouting der nordfriesischen Gemeinden erklärt, muss sich eine Gemeinde in den sogenannten „Förderdschungel“ begeben, wenn sie solche Projekte finanzieren will.

Theoretisch gibt es eine Vielzahl von staatlichen, nationalen, EU- und anderen Förderprogrammen, die für die Finanzierung von Gemeinschaftsprojekten in Anspruch genommen werden können. Sie alle unterscheiden sich jedoch in der Art und dem Umfang der förderfähigen Projekte sowie durch variierende, oftmals sehr komplexe Einschränkungen und Auflagen. Auch das Antragsverfahren ist nicht immer eindeutig.

Dr. Boieck beklagt etwa die Tatsache, dass diese Programme bis zu 20 Seiten Rechtssprache umfassen können, durch die sich ehrenamtliche Kommunalvertreter bzw. hauptamtliche Beschäftigte hindurcharbeiten müssen, um herauszufinden, ob sie eine Fördermöglichkeit für ein bestimmtes Projekt akquirieren können.

Ein digitaler Weg durch den Förderdschungel

Eine digitale Wissensplattform soll nun helfen, den passenden Weg durch den Förderdschungel zu bahnen, in dem sich die 133 nordfriesischen Gemeinden mit Unterstützung ihres Amts bzw. der Stadtverwaltungen regelmäßig schlagen müssen.

Auf der Online-Plattform werden Kurzbeschreibungen mit den wichtigsten Details der verschiedenen Förderprogramme zu finden sein. Auf diese Weise soll es den Gemeindevertretern erleichtert werden, sich einen schnellen Überblick über die für ihre Projekte infrage kommenden Förderprogramme zu verschaffen. Außerdem soll die Plattform die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen den einzelnen Gemeinden erleichtern.

Jeder, der das Antragsverfahren für ein bestimmtes Programm bereits durchlaufen hat, kann Notizen, Ratschläge und detaillierte Checklisten für die Nachfolger hinterlegen. Gemeinden mit ähnlichen Projekten haben auch die Möglichkeit zu kooperieren und sich die Vorarbeit für ihre individuellen Anträge zu teilen oder Ratschläge auszutauschen. Gegebenenfalls könnten sogar gemeinsame Anträge gestellt werden, z. B. für einen Radweg, der benachbarte Dörfer miteinander verbindet.

Wie bei jeder digitalen Plattform bestand das Ziel der Stabsstelle Förderscouting darin, komplexe Verfahren zu vereinfachen, den Zeitaufwand zu verringern und das Gesamtergebnis zu verbessern – und letztendlich mehr erfolgreiche Förderanträge für Projekte der lokalen Infrastruktur zu ermöglichen.

Allerdings ging es zunächst darum, die Mittel für die Förderscouting-Plattform selbst zu beschaffen, damit sie überhaupt in die Praxis umgesetzt werden konnte. Unter der Leitung von Herrn Hauke Klünder konnte die Finanzierung schließlich durch ein Programm der Bundesregierung gesichert werden. 

Diese Gelder ermöglichten es dann, Dr. Melanie Boieck als Projektleiterin für das Förderscouting-Projekt einzustellen. Die nächste Hürde war die Auswahl eines geeigneten Softwareentwicklungsunternehmens, dem Dr. Boieck nicht nur zutraute, ein entsprechend hochwertiges Endprodukt für ihre Zwecke zu liefern, sondern das auch in der Lage war, dies innerhalb des begrenzten Budgets zu tun.

Die positive Seite der Globalisierung

Dieser Prozess führte Dr. Boieck schließlich zu K&C, einem in München ansässigen IT-Outsourcing-Unternehmen mit einem neu eröffneten Büro und Team in Sulaimaniyya, einer Universitätsstadt im irakischen Kurdistan. Dank der kostengünstigen Konditionen dieses neuen Standorts konnte die Förderscouting-Plattform innerhalb des ohnehin knappen Budgets erfolgreich umgesetzt werden.

Trotz der großen Entfernung von mehr als 4.500 km betrug die Zeitverschiebung nur zwei Stunden, was die Kommunikation tagsüber sehr angenehm machte. Hatte Dr. Boieck Bedenken, ein Team von Softwareentwicklern an einem so ungewöhnlichen Ort unter Vertrag zu nehmen?

Da sie bereits in der Vergangenheit mit internationalen Teams an IT-Projekten gearbeitet hatte, bestand ihre einzige Sorge darin, ob die Englischkenntnisse des Teams eine ausreichende Kommunikation zulassen würden. Aber ihr wurde versichert, dass jemand aus Deutschland einspringen würde, um bei eventuellen Kommunikationsproblemen oder anderen Schwierigkeiten zu vermitteln. Also beschloss sie, den Schritt zu wagen. Letztendlich traten keinerlei derartige Probleme auf. Die Kommunikation wurde während des gesamten Projekts von Dima geleitet, einem ukrainischen Delivery Manager mit indischem Wohnsitz, und war nicht nur effektiv, sondern bereitete laut Dr. Boieck auch großen Spaß.

Neben den regelmäßig stattfindenden organisatorischen und technischen Besprechungen, die per Videokonferenz abgehalten wurden, lernten sich die beiden Seiten des Teams in Viöl und Sulaimaniyya auch persönlich kennen. Die Deutschen waren fasziniert davon, mehr über die Geschichte, Politik und Kultur des irakischen Kurdistans sowie über die Lebensweise in Sulaimaniyya zu erfahren.

Genauso interessant war es, die Hintergründe und Ambitionen des jungen Teams kennenzulernen, das die Förderscouting-Plattform mit den neuesten technischen Möglichkeiten entwickelte. Dabei handelte es sich um Technologien, die sie sich zu eigen machten, obwohl die meisten von ihnen erst als Jugendliche zum ersten Mal mit dem Internet in Berührung kamen. Und das auch nicht zu Hause, wie es in Westeuropa auch schon vor einem Jahrzehnt selbstverständlich war, sondern in kleinen LAN-Clubs, in denen sich junge Menschen zum Spielen von Videogames auf alten Computern treffen und so ihre ersten Erfahrungen in der Online-Welt sammeln.

Die jungen irakischen Kurden ihrerseits waren begeistert davon, mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten und die Gründe sowie Ziele der Plattform kennenzulernen. Sie legten Wert darauf, genau zu verstehen, was das Förderscouting erreichen sollte, um das bestmögliche Produkt entwerfen und realisieren zu können. Gleichzeitig erhielten sie einen Einblick in die bisweilen frustrierend komplexe Bürokratiewelt Deutschlands. Sie waren besonders überrascht von der Länge und Häufigkeit der deutschen Feiertage, die bei der Planung von Online-Konferenzen während des gesamten Entwicklungsprozesses berücksichtigt werden mussten!

Ein Endprodukt, von dem zwei tausende Kilometer entfernte Gemeinden profitieren

Das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Nordfriesland und dem weit entfernten Sulaimaniyya in den Bergen des irakischen Kurdistans war schließlich der Launch der Förderscouting-Plattform. Diese erleichtert nun den Vertretern aller Gemeinden die Beantragung von Fördermitteln. Darüber hinaus prüft Dr. Boieck bereits, wie der Zugang zur Plattform auf regionaler, landesweiter und möglicherweise sogar auf nationaler Ebene erweitert werden kann.

Die notwendigen Fördermittel zu sichern, um die Förderscouting-Plattform und all ihre Vorteile einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, sollte nun zumindest einfacher sein! Das Team in Sulaimaniyya unterstützt die Plattform auch weiterhin und sorgt für einen reibungslosen Betrieb. Voraussichtlich wird es auch bald dafür verantwortlich sein, das Förderscouting zum Nutzen vieler weiterer Kommunen und Ämter zu erweitern, die mit dem gleichen Förderdschungel konfrontiert sind wie zuvor Viöl und seine Nachbarn.

Für eine derart abgelegene Stadt wie Sulaimaniyya, die in jüngster Zeit unter den geopolitischen Unruhen der Region zu leiden hatte, ist eine wachsende, florierende Exportindustrie im Bereich der IT-Dienstleistungen von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Sulaimaniyya verfügt über Universitäten und eine gebildete, enthusiastische junge Bevölkerung, die aus ihnen hervorgeht.

Ein schnell wachsender IT-Outsourcing-Sektor verschafft einer zunehmenden Zahl technikbegeisterter junger Fachkräfte in Sulaimaniyya Zugang zu gut bezahlten, qualifizierten Arbeitsplätzen mit spannenden Karriereaussichten, denen sie auch remote nachgehen können. Die Auswirkungen des internationalen Technologiesektors spiegeln sich in den IT-Standorten Osteuropas deutlich wider. Hipster-Bars, Cafés, Geschäfte und andere Annehmlichkeiten verändern das örtliche Gemeinwesen und beleben die Wirtschaft wieder, die während des Zusammenbruchs des Kommunismus und in den darauffolgenden schwierigen Jahren zu kämpfen hatte.

Sulaimaniyya scheint nun die ersten Schritte in eine ähnliche Richtung zu gehen. Und dank dieser Entwicklung werden Kinder und Erwachsene in Dörfern in ganz Norddeutschland zukünftig von mehr Spielplätzen, Radwegen und anderen Attraktionen profitieren, die sich mithilfe der Förderscouting-Plattform nun einfacher und mit einer höheren Erfolgsquote durch den Förderdschungel bringen lassen.

Weitere Informationen unter https://kruschecompany.com/de/


Drucken   E-Mail