Green Energy Lab ist eine Forschungsinitiative für nachhaltige Energielösungen und Teil der österreichischen Innovationsoffensive „Vorzeigeregion Energie“ des Klima- und Energiefonds. Im Vorstand sind gleich zwei starke Frauen zu finden. Ein ABW-Interview über Forschung in Zeiten der Krise und Energielösungen der Zukunft mit MMag. Raphaela Reinfeld-Spadt, MBA und DI Dr. Andrea Edelmann.
Glauben Sie, dass die Corona-Krise zu einem gesellschaftlichen Umdenken – auch hinsichtlich künftiger umweltpolitischer Maßnahmen – führen wird?
Raphaela Reinfeld-Spadt: „Ich denke, dass durch die aktuelle Krisensituation durchaus auch ein ‚Mehr‘ an Raum für gesellschaftliches Umdenken geschaffen wurde. Die aktuelle Krisensituation hat – etwa was den Arbeitsort betrifft – gezeigt, dass es durchaus möglich ist, bestehende Muster über Bord zu werfen. Hier hoffe ich auf ein Umdenken auch in Bezug auf umweltpolitische Belange. Ein Neustart und Wiederaufbau kann meines Erachtens nur ein ‚grüner‘ sein.“
Andrea Edelmann: „Die Pandemie hat unser Land bzw. den gesamten Planeten sprichwörtlich auf den Kopf gestellt und gezeigt wie fragil unser gesellschaftlich-politisches und wirtschaftliches Umfeld ist. Viele Gesellschaften und Industrien blicken derzeit unsicher auf den weltweiten wirtschaftlichen ‚Shutdown‘. Meines Erachtens ist es daher derzeit noch sehr schwierig zu sagen, ob sich die Befürworter des umweltpolitischen Wegs, so auch in Österreich, durchsetzen werden. Das werden die politischen Entscheidungen der nächsten Wochen und Monate zeigen.“
Welche Beeinträchtigungen im Bereich der Forschung bemerken Sie aufgrund der aktuellen Krisensituation?
Raphaela Reinfeld-Spadt: „Die Forschungsbranche blickt aktuell wie so viele andere Branchen verunsichert auf die zukünftigen, wirtschaftlichen Entwicklungen – vor allem was die Finanzierung und Leistbarkeit neuer Projekte betrifft. Forschungsvorhaben und -entwicklungen kosten schließlich. Eine Klima- und Umweltkrise hätte womöglich aber noch viel weitreichendere Folgen. Investitionen in Forschung und Entwicklung sind daher weiterhin wichtiger und notwendiger denn je.“
Andrea Edelmann: „Vieles, das noch vor ein paar Wochen undenkbar schien, ist nun Realität. Wir arbeiten virtuell, sowohl an unseren täglichen Unternehmensagenden, als auch an unserer industrieübergreifenden F&E-Tätigkeiten. Unsere Forschung geht – bis auf physische Tests – dank der Digitalisierung auf Hochtouren weiter. Wir sehen die Situation auch als Chance, neue Methoden zu entwickeln bzw. zu erproben, etwa um Tests auch digital durchzuführen.“
Wann erwachte Ihr Interesse für den Energie-/Nachhaltigkeitsbereich?
Raphaela Reinfeld-Spadt: „In meiner Schulzeit hätte ich mir nicht träumen lassen, später im Energiesektor tätig zu sein. Nach meinem ersten Studium begann ich allerdings in der Wissenschafts- und Forschungskommunikation zu arbeiten und hatte immer öfter mit den Themenfeldern ‚Energie‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ zu tun. Schon damals fiel es mir leicht, mich einzuarbeiten und diese völlig neuen Gebiete für mich – und somit auch für meinen weiteren Berufsweg – zu erschließen.“
Andrea Edelmann: „Ich bin auf einer Landwirtschaft in einem Weingut aufgewachsen und habe von klein auf in der Natur mitgeholfen. Der wertschätzende Umgang mit der Natur war mir somit von jeher wichtig. Während meines gesamten Studiums der technischen Chemie, habe ich in der Vorgängerorganisation des AITs als Werksstudentin im Bereich Umweltschutz gearbeitet. Ein spannendes Projekt war damals die Suche nach einem Endlager für den radioaktiven Abfall in Österreich. Das war sehr prägend für mich und meinen weiteren Werdegang.“
Wie ist die Resonanz auf Green Energy Lab in der Forschergemeinde und der Wirtschaft?
Raphaela Reinfeld-Spadt: „Das Interesse am Green Energy Lab ist groß – auch international. Alleine im vergangenen, unserem ersten operativen Jahr, konnte sich unsere Forschungsinitiative auf aktuell 200 Partner verdoppeln. Regen Zuspruch haben wir etwa auch bei unserem ‚Stakeholder Circle‘ – strategischer Thinktank mit hochrangigen TeilnehmerInnen auf nationaler und internationaler Ebene, die wir gerade aufbauen. Wir sind im besten Sinne des Wortes unter ‚genauer Beobachtung‘ und bekommen täglich einige Kooperationsanfragen.
Andrea Edelmann: „Wir erhalten sehr gute Resonanz. Green Energy Lab ist aus meiner Sicht ein starker Treiber für die österreichische Wirtschaft. 2019 hat die Initiative mit insgesamt 15 Projekten bereits ein Forschungsvolumen von 40 Mio. EUR auf den Weg gebracht. Bis 2025 sollen 150 Mio. Euro in innovative Projekte und ein gesamtheitliches erneuerbares Energiesystem investiert werden – da lässt sich schon einiges bewegen.“
Auf welche nachhaltigen Energielösungen wird in den kommenden Jahren verstärkt gesetzt?
Raphaela Reinfeld-Spadt: „Hinter der Energiewende stehen hohe Zahlen und Herausforderungen. Windkraft und Photovoltaik etwa – bisher erfolgreich etabliert – werden sicherlich weiterhin stark ausgebaut. Generell wird der Erfolg wohl im Mix verschiedener Energielösungen liegen – darunter wahrscheinlich auch einige, die wir heute noch gar nicht kennen. Beim Green Energy Lab haben wir genau deshalb die Markttauglichkeit und Anwendbarkeit unserer Projektlösungen stark im Fokus.“
Andrea Edelmann: „Das Thema ‘Versorgungssicherheit‘ rückt derzeit wieder verstärkt in den Fokus. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss Hand in Hand mit der Versorgungssicherheit gehen. Dazu gibt es verschiedene Puzzle-Teile, die zur Lösung beitragen können: Speichermöglichkeiten, Kopplung verschiedener Sektoren, wie etwa Energie und Mobilität sowie Maßnahmen auf der Kundenseite, bei denen auch die Verbraucher bzw. dezentralen Erzeuger stärker eingebunden werden.“
Fotos: Green Energy Lab