Mag. Dr. Susanne Baumann-Söllner, Vorständin IAKW AG: Die Metamorphose eines Kongresszentrums

Wie man auch in Krisenzeiten mit neuen Konzepten den Geschäftsbetrieb aufrecht erhält und die Sympathie der Menschen gewinnt, erzählt Susanne Baumann-Söllner im ABW-Interview.

 

Die Corona-Pandemie hat das Kongress-Business schwer getroffen. Das Austria Center Vienna hat rasch reagiert und bereits im Herbst 2020 mit seinem Schnelltest-Pilotprojekt gezeigt, dass der Betrieb – wenn auch in anderer Form – aufrecht erhalten bleiben kann. Seit März 2021 wird an sieben Tagen die Woche geimpft und getestet. Wie ist das logistisch zu bewerkstelligen?

Über die Frühjahrs- und Sommermonate hatten wir täglich zwischen 15.000 und 20.000 Wienerinnen und Wiener zum Impfen und Testen bei uns. Das ist vergleichbar mit einem riesigen Großkongress, der durchgehend an sieben Tagen die Woche von 7-19 Uhr stattfindet.

Um diese logistische Mammutaufgabe zu bewältigen, haben wir unsere Stammbelegschaft von rund 90 Personen vorübergehend auf zeitweise über 600 Mitarbeiter aufgestockt. Nachdem im Herbst die Impf- und Testzahlen zwischenzeitlich niedriger wurden, ist seit November wieder ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen.

Gemeinsam mit der Stadt Wien und dem Arbeiter-Samariter-Bund sind wir in der Lage, sehr schnell auf derartige Entwicklungen zu reagieren und zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Mein großer Dank gilt den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, welche seit mittlerweile einem Jahr herausragende Leistungen im Kampf gegen die Pandemie erbringen! 

Sind alle Modernisierungsprojekte bereits abgeschlossen? Was ist in den kommenden Jahren geplant?

Neben der Durchführung der Impf- und Teststraßen sowie einiger Veranstaltungen haben wir die Zeit genutzt, um unsere Bauprojekte verstärkt voranzutreiben. Das donauSEGEL und der neue Panorama-Walk sind bereits fertiggestellt, auch die Arbeiten am neuen Zugangsgebäude sind nahezu abgeschlossen.

Seit dem Sommer gehen wir nun den Innenbereich an - mit der Eingangshalle wird ein echtes Wahrzeichen und Herzstück des Hauses modernisiert. Dies ist der meistvermietete Bereich in unserem ganzen Haus, denn er dient nicht nur als Registratur und Empfang, sondern auch als zentraler Ausstellungs- und Netzwerkbereich. 

Der einladende Charakter dieses zentralen Raums wird zukünftig durch helle Materialien verstärkt, außerdem investieren wir in digitale Brandingflächen, individuell steuerbare LED-Beleuchtung und ein nachhaltiges Energiemanagement. Auch die Säle E und F sowie Lounge-Bereiche auf der Ebene 1 werden erneuert. Die Arbeiten dauern bis 2022 an, schon im Frühjahr werden wir beim Radiologenkongress ECR die ersten Ergebnisse präsentieren. 

Sind die Räumlichkeiten des Austria Center Vienna technisch bereits so ausgestattet, dassHybridveranstaltungen mit größerer Teilnehmeranzahl möglich sind?

Hybridveranstaltungen bieten eine hervorragende Möglichkeit, die Balance zwischen „Kongressfeeling“ und möglichst vielen internationalen Teilnehmern zu schaffen. Alle großen Säle bei uns sind mit Kamerasystemen ausgestattet, um Vorträge live zu streamen. Besonders große Bedeutung kommt außerdem unserem virtuellen Studio zu, wo Diskussionsformate mit Live-Zuschaltungen von Gästen, Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen, Produktpräsentationen und Live-Abstimmungen realisiert werden können.

Das Studio ist in einem Saal integriert, dadurch können Veranstaltungsteilnehmer vor Ort und virtuell gleichzeitig teilnehmen. Durch die Auswahl zwischen einer riesigen LED-Wall und einem Green Screen sind die Möglichkeiten grenzenlos. In diesem Jahr konnten wir so schon zahlreiche internationale und nationale Hybrid-Veranstaltungen erfolgreich umsetzen.

Wie ist die Resonanz auf das Konzept „Hybrid Circle“?

Mit unserem „Hybrid Circle“ sind wir nun noch einen Schritt weiter gegangen. Ein häufiger Kritikpunkt zu Hybridveranstaltungen betrifft die spürbare Teilung von physischen und virtuellen Teilnehmern – man könnte fast von einer „Zweiklassengesellschaft“ sprechen.  Daher wollten wir ein Format anbieten, welches weggeht vom frontalen Vortrag – hin zu einer echten Diskussion. Hier sollen die klassischen Hierarchien aufgelöst werden und sich Personen im Saal genauso einbringen können wie die zahlreichen virtuellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Um ein rundes Diskussionszentrum sitzen die Personen in einer kreisförmigen Anordnung. Die umliegenden acht Leinwände blenden sowohl die Diskussionsteilnehmer im Zentrum, die Personen im erweiterten Kreis als auch die zugeschalteten virtuellen Teilnehmer ein.

Die Moderation bezieht das gesamte Teilnehmerfeld mit ein, alle Personen sind sichtbar und sehen sich auch gegenseitig. Das Feedback nach der ersten Veranstaltung war extrem positiv, weil das Format erstens eine absolute Neuheit darstellt und außerdem auch skalierbar ist – von 20 bis zu mehreren hundert Personen vor Ort. 

Ihre Bilanz das Jahres 2021? Was bleibt Ihnen nachhaltig positiv in Erinnerung?

Das Jahr 2021 – aber natürlich auch das Jahr davor – wird uns sicher als die Zeit in Erinnerung bleiben, in dem wir pandemiebedingt einen kompletten Strategiewechsel vorgenommen haben: Vom Kongresszentrum mit überwiegend internationalen Teilnehmern hin zu Österreichs größtem Impf- und Testzentrum.

Besonders berührt hat uns dabei das unglaublich positive Feedback der Wienerinnen und Wiener, welches wir tagtäglich bekommen – sowohl persönlich vor Ort als auch über 10.000e Online-Bewertungen und Zuschriften per Mail sowie in tausenden Medienberichten. Wir sind stolz, dass unser Haus so eine wichtige Rolle in der Bekämpfung der Pandemie spielt.

Außerdem möchten wir jeder Person, die zu uns ins Haus kommt, ein perfektes Service bieten, damit sie gerne wieder kommt. Nach dem Motto: Ich war zwar „nur“ zum Impfen oder Testen im Austria Center Vienna, habe mich aber gefühlt wie ein Kongressgast! 

Ihre Vorsätze und Wünsche für 2022?

Wir haben das große Glück, dass wir mit unserem Impf- und Testangebot einen Teil dazu beitragen können, möglichst bald zur „Normalität“ zurückzukehren. Der Winter wird sicher weiterhin ganz im Zeichen des Impfens- und Testens stehen. Aber schon im März findet mit dem Radiologenkongress ECR unser größter internationaler Kongress statt. Er wird sicher – auch international – ein echter Stimmungsbarometer und hoffentlich Startschuss für die Kongressbranche sein.

Wir wünschen uns sehr, dass wir dann schrittweise wieder die Teilnehmerzahlen erhöhen können und dass neben Kongressen auch so wichtige Veranstaltungen wie das Spielefest, der Bauernbund-Ball sowie die großen Firmenweihnachtsfeiern stattfinden können. Besonders gespannt sind wir außerdem auf die Ergebnisse der Modernisierung im Innenbereich sowie unsere umfassenden Begrünungsmaßnahmen auf den Terrassen und am Vorplatz. Wir freuen uns schon sehr darauf, diese zu präsentieren! 

Credit: Ludwig Schedl


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