Jubiläumsjahr 2023: 300 Jahre Belvedere

2023 feiert das Belvedere das 300. Jubiläum seiner Erbauung. Über zehn Jahre lang wurde an der Sommerresidenz von Wiens wohl berühmtestem Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen gebaut: Im Jahr 1723 war die Anlage mit der Fertigstellung des Oberen Schlosses schließlich vollendet. Von Beginn an als Ort der Kunst ersonnen, sollte das Belvedere ein solcher für die kommenden 300 Jahre bleiben – erst als Ort der Präsentation von Prinz Eugens Kunstsammlung, danach als Ausstellungort der kaiserlichen Kunstsammlungen als eines der ersten öffentlichen Museen weltweit – ab 1777 bei freiem Eintritt zugänglich. Ein weiterer Meilenstein war die Gründung der Modernen Galerie 1903 im Unteren Belvedere.

Generaldirektorin Stella Rollig: „Von Anfang an ist das Belvedere ein zentraler Ort der Kunst. Ein Kraftort, an dem die Besucher*innen eine zutiefst menschliche Verbindung mit der Erinnerung eingehen, die Gegenwart reflektieren, die Zukunft ahnen. Mit dem 300-jährigen Jubiläum des Belvedere feiern wir nicht nur die Entwicklungen der Vergangenheit, sondern besonders die, die vor uns liegen.“

Mit dem Motto „Goldener Frühling“ greift das Belvedere zwei Grundmotive seiner Geschichte auf: Gold für die Tradition, den heiligen Frühling (ver sacrum) für den Aufbruch. Was war Museum gestern, was kann es morgen sein? Das Motiv des heiligen Frühlings, das die Wiener Secessionisten als Symbol für den Aufbruch zu Neuem prägten, zieht das Belvedere heran, um in die Zukunft zu blicken: auf die neue Kunstgeneration, auf die Öffentlichkeit der Zukunft, auf eine Vision von Museum, wie es gestaltet sein sollte. Der Bezug auf das Gold versinnbildlicht das Bewusstsein für die Traditionen, auf die es sich dabei bezieht. Mit viel Sinn für das Bewahren von Erbe entwickelt das Belvedere seine Vision der Zukunft: Was kann Kunst heute sein? Was soll ein Museum leisten? Und wie sehr ist es Spiegel und Triebfeder gesellschaftlicher Prozesse? Das Museum von morgen ist ein lernendes, diverses und heterogenes: Es ermutigt, von der Kunst zu lernen, betrachtet alte Kunst aus dem Heute und bemisst das Neue mit den Instrumenten der Geschichte im Hier und Jetzt.

Das Ausstellungsprogramm schlägt jene Brücke zwischen Tradition und Aufbruch, die das Motiv des „Goldenen Frühlings“ impliziert. Den Gründungsgedanken des Belvedere als modernes Museum aufgreifend werden regionale und internationale Kunst gemeinsam gezeigt – und miteinander konfrontiert. So hinterfragt die Ausstellung Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse ... ab 3. Februar im Unteren Belvedere das in der Kunstgeschichte vorherrschende Bild des originären Künstlergenies Klimt. Die Ausstellung folgt den Spuren zurück zu jenen Avantgardekünstler*innen, die Gustav Klimt nachweislich beeinflusst haben. Das malerische Frühwerk von Louise Bourgeois wird als große Entdeckung ab 22. September im Unteren Belvedere zu sehen sein. Erstmals in Europa gezeigte Gemälde der 1930er- und 1940er-Jahre werden in Bezug zum späteren skulpturalen und grafischen Schaffen der bedeutenden Künstlerin gesetzt.

Ab 6. April widmet sich das Belvedere 21 mit Über das Neue den lokalen Kunstszenen. Etwa 50 Künstler*innen und rund 20 Projekträume zeigen die aktuelle Vielfalt der Produktion und Präsentation von Kunst. Die Schau erhebt hierbei nicht den Anspruch eines lückenlosen Überblicks über das künstlerische Geschehen in und um Wien, sondern ist vielmehr eine wachsende Präsentation, die sich im Lauf des Jahres mehrmals verändern wird. Ein umfangreiches zeitgenössisches Skulpturenprojekt mit Arbeiten von namhaften Künstler*innen wie Dan Graham, Kara Walker, Franz West, Thomas Houseago oder dem Shootingstar Kapwani Kiwanga ergänzt ab 15. Mai die barocken Skulpturen rund um die Standorte des Belvedere. Im Fokus von Public Matters stehen Aspekte des Öffentlichen und der Öffentlichkeit, die mit und durch die Kunst entstehen.

Zentrale künstlerische Positionen und bisherige Sammlungsschwerpunkte werden 2023 unter neuen Gesichtspunkten betrachtet. Die am 22. März unter dem Titel Schau! Die Sammlung Belvedere von Cranach bis EXPORT neu eröffnete Sammlungspräsentation im Oberen Belvedere widmet sich über eine rein kunsthistorische Stilgeschichte hinaus den Wechselwirkungen von Kunst und Gesellschaft. Dafür beleuchtet sie 800 Jahre Kunstgeschichte aus Sicht der Kunstschaffenden und zeigt die Position von Künstler*innen im Wandel der Zeit. In der Ausstellung Das Belvedere. 300 Jahre Ort der Kunst, die das ganze Jahr über in der Orangerie zu sehen sein wird, setzt sich das Haus mit seiner eigenen Geschichte als Museum und der wechselhaften Nutzung auseinander.

Foto: Gianmaria Gava / Belvedere, Wien