Prof. Stella Rollig, Belvedere Wien: Wir wollen Ausstellungen machen und den Menschen Kunst zeigen

Die Generaldirektorin und wissenschaftliche Geschäftsführerin des Belvederes über digitale Führungen, fehlendes Geld für Investitionen und den Wunsch, die Museumsräume endlich wieder voll Menschen zu sehen.

 

Beschreiben Sie uns bitte die Situation des Belvedere? Wie viele Menschen haben seit dem Lockdown Online-Führungen genutzt?

Das Belvedere ist war Anfang November wieder im Lockdown. Wir haben Verständnis für die Schließung der Museen – die Eindämmung der Coronakrise hat im Moment absolute Priorität. Wir wollen diese Zeit zur Reflexion, zur Weiterentwicklung und für Investitionen in die Zukunft der traditionsreichen Einrichtung nutzen. Dazu gehört, dass wir unser digitales Angebot neu aufgesetzt haben. 

Wie beim ersten Lockdown im Frühjahr finden auf allen unseren digitalen Kanälen wieder täglich um 15 Uhr Führungen statt – jedoch mit neuen Formaten! Dazu zählen Dialoge über unterschiedliche Perspektiven, Schlaglichter auf Meisterwerke aus den Bundesländern, Einblicke in Lieblingsbilder von Kuratoren und Reflexionen gesellschaftlicher Themen über die Epochen hinweg. Das wird von den Menschen begeistert angenommen: Wir konnten im November die Zahl der Zuseher gegenüber vergangenem März mehr als verdoppeln!

Welche Unterstützungsmaßnahmen gab es für das Belvedere? Reichen diese aus?

Dem Belvedere wurden im November weitere drei Millionen Euro aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds zugesagt. Das bedeutete für uns ein kurzes Aufatmen. Die insgesamt 6,2 Millionen. Euro an Sonderzahlungen für 2020 decken jedoch nicht den zu erwartenden Verlust von 7,9 Millionen Euro ab. So muss das Belvedere 1,7 Millionen Euro aus eigenen Rücklagen bestreiten, die für notwendige Investitionen in die Zukunft des Museums gebildet wurden und jetzt schmerzlich fehlen.

Wie wird Kunst in Krisenzeiten vom lokalen Publikum angenommen?

Wir beobachten hier starke Schwankungen: Während nach der Wiedereröffnung im Sommer zahlreiche Menschen unser kulturelles Angebot nutzten, ging der Besuch im Herbst stark zurück. Ich denke, hier spielt die allgemeine Sorge eine große Rolle, auch wenn die Museen ausgezeichnete Sicherheitskonzepte umgesetzt haben. Zugleich hinterfragen wir unsere Rolle und Aufgabe als Museum im Angesicht dieser Krise. Sehr gut wird unser digitales Vermittlungsangebot genutzt, das wir mit der Schließung wieder verstärkt haben. 

Gab es – trotz Corona – in diesem Jahr auch positive Momente für das Belvedere?

Das Jahr 2020 begann mit einer spektakulären Ausstellung im Unteren Belvedere – im Rückblick fast prophetisch: INTO THE NIGHT – eine Schau über Clubs und Bars in der als Zentren der Avantgarde. Bald nach der Eröffnung kam der Lockdown. Im Mai konnten wir das Untere Belvedere nochmals kurz öffnen und damit dem Publikum die Möglichkeit geben, diese Schau zu erleben. Und es war schön zu sehen, wie viele Menschen diese Chance nutzten. Auch der Andrang bei der Wiedereröffnung des Oberen Belvedere war eine Freude. 

Welche Wünsche und Pläne für 2021 haben Sie?

Ausstellungen machen und zeigen! Wir haben für das kommende Jahr ein ambitioniertes Programm erarbeitet, beginnend mit einer IM BLICK-Schau zum Barockmaler Johann Jakob Hartmann im Oberen Belvedere, gleich gefolgt von einem der Highlights des Wiener Kulturjahres: der großen Schau zu Joseph Beuys im Belvedere 21. Ich will erleben, dass die Museumsräume wieder voller Menschen sind, die sich – ohne Angst und Scheu vor einander und dem Virus – von Kunst inspirieren lassen. 

Foto: Belvedere, Wien © Marlene Rahmann / vienna art week