Justizministerin Dr. Alma Zadic´ im ABW-Talk: "Ich war immer ein politischer Mensch"

Sie ist leidenschaftlich, eloquent und durchsetzungsstark. Ihr Werdegang ist beeindruckend. Österreichs Justizministerin Dr. Alma Zadic´ im Austrian Business Woman-Gespräch.

 

Seit bald einem halben Jahr sind Sie Bundesministerin für Justiz – Ihr bisheriges Résumé?

Es ist ein unglaubliches Privileg das Justizministerium leiten und begleiten zu dürfen und vor allem eine große Freude mit so vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz zusammenzuarbeiten. Durch die hohe Expertise und den unglaublichen Einsatz ist es uns vor allem in der Corona-Krise gelungen, gemeinsam alles daran zu setzen, trotz der coronabedingten Einschränkungen, dafür zu sorgen, dass die Menschen zu ihrem Recht kommen. 

Welche Aufgabengebiete haben für Sie derzeit besondere Priorität?

In erster Linie ist es mir ein Anliegen im Korruptionsstrafrecht die Lücken, die uns Ibiza schmerzlich vor Augen geführt hat, zu schließen. Ebenso wird das große Transparenzpaket dazu beitragen, dass Korruption in Österreich keine Chancen hat. 

Dr. Alma Zadic´, LL.M., Bundesministerin für Justiz

Die heimische Justiz ist chronisch unterfinanziert – wird sich dieser Umstand in den kommenden Jahren ändern oder bleibt das ein Wunschtraum?

Die Justiz hat bisher bei höchster Qualität am absoluten Limit gearbeitet. Heuer ist es mir gelungen, zum ersten Mal seit Jahren eine wichtige Erhöhung des Budgets zu erzielen. Damit können wichtige Reformen in der Justiz, wie die Digitalisierung und Beschleunigung von Verfahren, vorangetrieben werden. Es wird aber auch weiterhin mein Ziel bleiben, mich immer mit voller Kraft für eine langfristige finanzielle Sicherstellung des Rechtsstaates einzusetzen. 

Wie gehen Sie als Frau mit Anfeindungen von Männern um?

Persönlich halte ich das aus. Aber es ist inakzeptabel und sollte immer und immer wieder aufgezeigt werden – Frauen dürfen nicht müde werden, sich dagegen aufzulehnen.

Sie setzen sich gegen digitale Hetze ein – was ist geplant?

Hass und Gewalt im Netz ist ein Phänomen, dass viele Menschen betrifft, vor allem viele junge Frauen, aber auch Menschen mit Migrationshintergrund. Ich beobachte schon seit längerem, dass sich Frauen und Aktivistinnen aus dem Netz zurückziehen, weil sie bedroht werden und sich das nicht mehr antun wollen. Das ist demokratiepolitisch gefährlich. Da gilt es Maßnahmen dagegen zu setzen. Das muss sich ändern. Deswegen haben wir gemeinsam mit der Verfassungsministerin ein großes Paket gegen Hass und Gewalt im Netz ausgearbeitet. Hier wollen wir, dass Betroffene rasch und vor allem kostengünstig zu Ihrem Recht kommen. Und Plattformen wie Facebook und Co müssen auch stärker in die Pflicht genommen werden.

Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für die Rechtswissenschaften entdeckt?

Ich habe einen sehr stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, daher wollte ich wissen, welche Rechte haben wir und wie können wir diese durchsetzen. Wie kann das Recht dazu beitragen, dass die Schwächsten unserer Gesellschaft geschützt werden? Außerdem hatte ich es immer schon satt, dass mir Leute versucht haben einzureden, was ich darf und was ich nicht darf. Ich wollte es selbst wissen. 

Ihr Karriereweg ist beeindruckend: Studium im In- und Ausland, Promotion, Senior Associate einer internationalen Anwaltskanzlei, mit 35 Jahren Justizministerin – was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?

… seiner Leidenschaft folgen und nicht aufgeben. 

Wie würden Sie Ihre Arbeitsweise beschreiben?

Ich bin genau und sehr kritisch…(lacht) – zur Freude meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Aber wenn man weiß, worum es geht und welche gesellschaftspolitische Aufgabe wir haben, dann ist es auch eine große Freude.

Wie gehen Sie damit um, das Recht nicht immer gerecht ist?

Recht erfüllt eine wichtige Aufgabe. Das Recht schützt die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Auch wenn Einzelne es nicht immer als gerecht empfinden, dass sie im konkreten Fall nicht Recht bekommen, schafft das Recht gesamtgesellschaftlich betrachtet Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeit leitet mich in meinen Handlungen als Justizministerin. 

Wann und warum haben Sie den Entschluss gefasst, Politikerin zu werden?

Ich war immer schon ein politischer Mensch. Als ich gerade 2017 gespürt habe, wie Hass und Hetze unsere Gesellschaft spalten, wollte ich mich selbst engagieren. Damals hat mich meine Freundin, Stephanie Cox, gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mich in einer neu gegründeten Partei zu engagieren. Und ja, ich habe dann am Wochenende den Entschluss gefasst und habe am Montag die Kanzlei verlassen, um meine Ideen politisch umzusetzen.

Ist es für Frauen schwieriger, in der Politik erfolgreich zu sein?

Es gibt wesentlich mehr Männer als Frauen in der Spitzenpolitik. Das ist so wie in vielen Führungsposition. Und ja, dadurch, sind weniger Frauen in der Spitzenpolitik oder in Führungsetagen sichtbar. Immer noch werden Frauen danach gefragt, wie sie Familie mit der Karriere vereinbaren können – haben sie diese Frage jemals bei einem Mann gehört? Oder was sie anhaben und wie sie aussehen spielt immer noch eine größere Rolle als ihre Ideen. Das muss sich ändern. Dafür braucht es mehr sichtbare Frauen in Spitzenposition.

Corona-Krise, U-Ausschüsse, interne Querelen, Hasspostings – wie tanken Sie Kraft für den anstrengenden und schwierigen Arbeitsalltag? Wann schalten Sie in den Ruhemodus?

Meditation gibt mir Kraft und vor allem innere Ruhe. Aber auch meine Familie und meine Freunde gehören zu meinen wichtigsten Kraftquellen.

Sie sind ausgebildete Fitnesstrainerin und leidenschaftliche Beachvolleyball-Spielerin – bleibt noch Zeit für den Sport?

Mir geht es da wie vielen, leider viel zu wenig. Aber ich versuche weiterhin regelmäßig Beachvolleyball zu spielen.

Welche Frauen sind für Sie Vorbilder und warum?

Jacinda Ardern, die Premierministerin von Neuseeland ist, so finde ich, eine unglaublich starke Frau, die ihre Linie fährt und sich unbeeindruckt zeigt von männlich dominierten Rollenverständnissen. 

Welchen Rat geben Sie Frauen, die wie Sie im Rechtsbereich tätig werden wollen?

Nie aufgeben! Und sich nicht entmutigen lassen, frau kann oftmals so viel mehr als sie sich selbst zutraut.  Sharyl Sandberg hat in ihrem berühmten Ted Talk gesagt: „you won’t get that corner office, if you don’t ask for it”.  Also liebe Frauen, greift nach der Zukunft sie gehört euch.

Bitte vervollständigen Sie die nachfolgenden Fragen:

• Auf Herausforderungen reagiere ich…mit Freude und Leidenschaft

• Gegenüber Neuem bin ich… immer aufgeschlossen!

• Klare Erkenntnisse gewinne ich durch… zuhören und nachdenken!

• Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich…ihn gerne teilen

• Glück ist für mich…mit Familie und Freunden den Abend ausklingen lassen

Foto: BKA Wenzel, BMJ