Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: Wir sind ein verlässlicher Partner auf dem Weg in die Zukunft

Warum Innovationen ein wirkungsvolles Instrument gegen Insolvenzen sind und wie das Land die Corona-Krise meistert, Niederösterreichs Landeshauptfrau im ABW-Interview.

 

Die Corona-Krise hat auch NÖ mit voller Wucht getroffen. Was tut das Land in dieser schwierigen Zeit für Unternehmer, Kulturschaffende und arbeitssuchende Menschen?

Wir tun das, was ein Bundesland tun kann, damit wir diese Krise gemeinsam bewältigen und gestärkt aus ihr hervorgehen können. Neben den Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung haben wir in Niederösterreich zusätzliche Unterstützungspakete für betroffene Bereiche auf den Weg gebracht, selbstverständlich auch für Unternehmer, Arbeitnehmer und unsere Kulturschaffenden. Wir wollen als Land in guten wie auch in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Partner am Weg in die Zukunft sein. 

Gibt es Wirtschaftsbranchen in Niederösterreich, die auch – oder speziell – in der Krisenzeit boomen?

Jene Unternehmen, die ihre Produktion speziell auf Produkte umgestellt haben, die in der Corona-Pandemie benötigt werden, können in der Krise Umsatz generieren. Jedoch ist fraglich, ob sie damit die Verluste aus dem traditionellen Geschäftsbereich kompensieren können. Wer definitiv besser durch die Krise kommt sind Betriebe, die den Um- und Einstieg in die digitale Welt bereits vollzogen haben, etwa Unternehmen mit Online-Dienstleistungen und –Angeboten. Unser Ziel ist es, alle Unternehmen beim Einstieg in die digitale Welt zu fördern und begleiten.

Experten fürchten im Frühjahr eine Pleitewelle großen Ausmaßes. Wie gut ist das Land Niederösterreich darauf vorbereitet?

Wir haben heuer aufgrund der umfassenden Hilfspakete rund 30 Prozent weniger Insolvenzen als in den Vorjahren. Daher: Es wird Nachzieheffekte bei den Insolvenzen geben, die den Arbeitsmarkt weiter belasten. Das wirkungsvollste Instrument gegen Insolvenzen sind Innovationen, die wir mit unserem Konjunkturprogramm unterstützen. Aber auch Weiterbildung und Qualifizierung, wo wir ebenfalls geeignete Maßnahmen auf den Weg gebracht haben. Und die Betriebe in Niederösterreich haben schon beim ersten Lockdown bewiesen, dass sie einen unbändigen Unternehmergeist haben und flexibel auf Unvorhergesehenes reagieren können. 

Niederösterreich gehört zu den Vorreitern der Digitalisierung – wie macht sich diese Positionierung in Krisenzeiten bemerkbar?

Bei meinem Amtsantritt in Niederösterreich war es eines meiner dringendsten Anliegen, unsere Verwaltung zu modernisieren. Hier haben wir bereits einen sehr hohen Standard etwa bei den Förderabwicklungen erreicht. Auch bei unseren Betrieben wollen wir den digitalen Strukturwandel vorantreiben. Dazu gibt es ein eigenes Förderpaket in der Höhe von 20 Millionen Euro, das sehr gut angenommen wird.

Unterstützt werden die Betriebe durch Zuschüsse, Haftungen und Beratungen, um neue Geschäftsmöglichkeiten in der digitalen Welt zu erschließen. Daher bin ich auch überzeugt, dass unser Wirtschaftsstandort stärker, digitaler und innovativer aus dieser Krise hervorgehen kann.

Government Technologies, dazu gehören auch Government Clouds, sind in aller Munde – die skandinavischen Länder sind in diesem Bereich Vorreiter. Ist GovTech auch für Niederösterreich ein Thema, um die Verwaltung zu vereinfachen?

In den vergangenen zwei Jahren wurde der Fokus auf die digitale Verwaltung gelegt. Bürgerinnen und Bürger können Anträge unabhängig von Ort und Zeit einbringen. Zudem wird die Befüllung der Onlineformulare sukzessive durch das Wiederverwenden von Daten aus vorhanden Registern erleichtert, was zu einer enormen Zeitersparnis für Antragsteller und Verwaltung führt.

Damit folgt unsere Landesverwaltung dem Once-Only-Prinzip: Daten, die der Behörde bekannt sind, werden nicht nochmals abgefragt. Die breite Palette von derzeit 140 Online-Formularen beim Land Niederösterreich wird laufend erweitert, um Bürgerinnen und Bürgern den Behördenweg zu vereinfachen und einen zeitgemäßen Service zu ermöglichen.

Konnte die große Lehrlingsoffensive auch 2020 auf Schiene gehalten werden?

Gerade in Krisenzeiten ist es umso wichtiger, Jugendlichen Perspektiven aufzuzeigen und neue Chancen zu bieten. Die Lehrlinge von heute sind unsere Fachkräfte von morgen. Genau aus diesem Grund haben wir unsere Lehrlingsoffensive nicht nur ‚auf Schiene gehalten‘, sondern bauen sie im kommenden Jahr noch aus. Mit der Aufstockung der NÖ Lehrlingsoffensive auf 54 Millionen Euro unterstützen wir rund 7.500 junge Menschen auf ihrem Weg in die Arbeitswelt. Jetzt ist es unerlässlich, vermehrt auf die Ausbildung insbesondere junger Menschen in Niederösterreich zu setzen.

Hat sich die NÖ Landesgesundheitsagentur in dieser herausfordernden Zeit bereits bewährt?

Mit unserer Landesgesundheitsagentur denken, planen und steuern wir Gesundheit und Pflege aus einer Hand. Und wir haben damit auch alle Voraussetzungen geschaffen, um Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft wirksam zu begegnen, um unseren Bürgerinnen und Bürgern die bestmögliche Betreuung und Versorgung zu ermöglichen. Die gemeinsame Steuerung von Gesundheit und Pflege hilft uns jetzt in der Krise, weil wir Synergien besser nutzen können und etwa auch die Übergänge von den Kliniken in die Betreuungszentren und umgekehrt leichter möglich sind. 

Welche Vorbereitungen werden schon jetzt getroffen, um den Konjunkturmotor in Niederösterreich nach der Krise wieder auf Touren zu bringen?

Um die niederösterreichische Wirtschaft bei der Krisenbewältigung zu unterstützen, hat das Bundesland Niederösterreich bereits im März 2020 als erstes Bundesland ein Haftungspaket für Klein- und Mittelbetriebe aufgesetzt. Danach folgte ein Tourismuspaket zur Ankurbelung der Sommersaison und ein Digitalisierungspaket sowie zusätzliche Mittel für den Breitbandausbau. Im September folgte dann die Präsentation des NÖ Konjunkturprogramms mit drei strategischen Leitlinien – regional, innovativ, unternehmerisch. Betriebe werden mit Fördermaßnahmen unterstützt, um in Zukunftsfelder wie Innovation, Digitalisierung und Technologie zu investieren. Das Programm in der Höhe von rund 229 Millionen Euro soll rund 450 Millionen Euro an Investitionen auslösen. 

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Corona-Zeiten aus, wie viele Ihrer Mitarbeiter sind im Home Office?

Der Arbeitsumfang hat sich nicht verändert, er hat sich lediglich verlagert. Selbstverständlich steht jetzt die Krisenbewältigung im Fokus, aber es gibt neben Corona auch noch andere wichtige Themen, die abgearbeitet werden müssen und auch werden. Was sich definitiv verändert hat ist der verstärkte Einsatz von Videokonferenzen, um soziale Kontakte weitestgehend einzuschränken. Diese Möglichkeit nutzen auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landesdienst. Durch unseren hohen technischen Standard in der Verwaltung war es etwa möglich, dass im ersten Lockdown bis zu 80 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit von Zuhause aus erledigen konnten.

Ihre Wünsche für das Jahr 2021

Natürlich wünschen wir uns alle, dass wir die Gesundheitskrise möglichst rasch in den Griff bekommen und zu einer neuen Normalität zurückkehren können. Aber Faktum ist auch, dass unsere Landsleute in der Vergangenheit schon oft geprüft worden sind, sei es durch historische Entwicklungen oder durch Umweltkatastrophen. Und letztendlich haben sich immer die Tatkraft und der Zukunftswille durchgesetzt. Das sollte uns allen in diesen Tagen Mut geben, damit wir auch diese schwierige Zeit gemeinsam meistern. 

Foto: Land NÖ