Ministerin Dr. Margarete Schramböck: Die Digitalisierung ist der Impfstoff der Wirtschaft

Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über e-Commerce, Förderprogramme für Betriebe und die vorbildlichen Leistungen der heimischen Unternehmen.

 

Was sind die bleibendsten Eindrücke des Corona-Jahres?

Corona hat uns natürlich vor immense Herausforderungen gestellt, nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern vor allem auch im gesellschaftlichen. Was mich besonders beeindruckt hat, war der Zusammenhalt während des ersten Lockdowns und das tatkräftige Mitwirken der ganzen Bevölkerung.  

Wie gut wird die COVID-19-Investitionsprämie angenommen? 

Bei der Investitionsprämie kann man wirklich von einem Erfolgsprodukt sprechen. Innerhalb der ersten 24 Stunden sind über 2.000 Anträge eingegangen. Bis heute gibt es 43.262 Anträge mit einem Investitionsvolumen von etwa 21,3 Milliarden Euro. Rund 50 Prozent der Anträge haben einen Digitalisierungs- und Ökologisierungsaspekt und werden mit einem 14-Prozent-Zuschuss gefördert.

Die Digitalisierung steht ganz oben auf Ihrer Agenda, trotzdem haben viele Betriebe in diesem Bereich noch Aufholbedarf. Was ist geplant, damit die heimische Wirtschaft konkurrenzfähig bleibt?

Wenn wir über Digitalisierung sprechen, reden wir oft über Industrie 4.0, Artificial Intelligence, 5G und Robotik. Das ist alles wichtig und da muss Österreich vorne mit dabei sein. Für mich ist dabei zentral, dass es keine Digitalisierungsverlierer gibt, sondern dass alle von der Digitalisierung profitieren werden. Eine gute Infrastruktur ist die Basis, die uns das Leben leichter macht – sowohl in den Städten als auch in den Regionen.

Ich bin davon überzeugt, dass die Digitalisierung der Impfstoff für die Wirtschaft ist. Wir entwickeln daher im Moment eine Standortstrategie, die einen speziellen Fokus auf Digitalisierung legt. Zudem gibt es mit KMU.digital ein spezielles Förderprogramm, das speziell unsere klein- und mittelständischen Betriebe unterstützen soll, digitaler zu werden. Bewährte Anlaufstellen sind auch die sogenannten Innovation Hubs, die es in drei Bundesländern gibt. Mein Ziel ist, dass wir solche Hubs in allen Bundesländern einführen.

Digitalisierung versus stationärem Handel – viele Experten sind der Meinung, der stationäre Handel habe keine Zukunft. Wie stehen Sie dazu?

Für mich ist das kein entweder oder, sondern ein sowohl als auch. Ich bin davon überzeugt, dass es auch in Zukunft den stationären Handel geben wird. Nichtsdestotrotz – und das haben wir in der Corona-Krise gelernt – müssen unsere Geschäfte auch online verfügbar sein. Um resilienter zu sein, ist e-Commerce Gebot der Stunde. Um gerade unseren kleinen zu unterstützen, haben wir das „Kaufhaus Österreich“ entwickelt. Eine Plattform, die die österreichischen Online-Shops sichtbar macht und gleichzeitig eine Anlaufstelle für all jene ist, die noch einen Shop aufbauen wollen. Kauf regional, das geht auch digital - so die Devise.

Seit Jahren ist der Fachkräftemangel ein gewichtiges Thema für die heimische Wirtschaft, in Corona-Zeiten dürfte sich die Lage weiter zuspitzen. Wie kann man dem entgegenwirken?

Wir haben im Moment eine besondere Herausforderung. Einerseits haben wir eine hohe Arbeitslosigkeit, andererseits brauchen unsere Unternehmen auch dringend Fachkräfte – gerade im IT-Bereich ist das ein großes Thema. Wir überarbeiten aus diesem Grund gerade die Rot-Weiß-Rot-Karte.

Ortsübliche Unterkunft und unnötige Postwege sollen entfallen – auch hier ist Digitalisierung ein wichtiges Thema. Zum anderen haben wir in der Austrian Business Agency eine Fachkräfte-Unit aufgebaut, die sich darum kümmert, die besten Köpfe nach Österreich zu holen. Im Moment geht die Autobahn der Talente noch an Österreich vorbei, das soll sich in Zukunft ändern. 

Eines Ihrer angepeilten Ziele ist die Unabhängigkeit Österreichs bei der Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern. Gibt es hier bereits erste Fortschritte?

Corona hat uns gezeigt, dass in Zeiten der Krise vermeintlich andere Regeln gelten und wir uns nicht darauf verlassen können, dass alle Lieferketten, die wir in den vergangenen Jahren mühevoll geknüpft haben, auch in Zeiten von Krisensituationen halten. Ganz besonders gilt dies im Bereich der Wirkstoffherstellung in Österreich und Europa.

Gerade im Medikamentenbereich haben wir in den vergangenen Jahren eine Abhängigkeit von Asien entwickelt. Rund 80 Prozent aller Wirkstoffe kommen aus China und Indien. In einem kleinen Ort in Tirol, in Kundl, gibt es die letzte Bastion Europas, ja der gesamten westlichen Welt, die in der Lage ist, Penizillin-Antibiotika zu produzieren. Ich bin froh, dass wir als Regierung eine gute Lösung mit dem Management von Novartis finden konnten und den Standort in Kundl retten konnten. 

Was haben Sie aus der Krise gelernt?

Dass Österreich stolz auf seine Unternehmerinnen und Unternehmer sein kann, insbesondere auf jene, die sich ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Mitbewerbern gegenüber vorbildlich verhalten haben. Außerdem, dass sich nachhaltiges Wirtschaften und der Blick auf ein ausgewogenes Budget in den vergangenen Jahren gelohnt haben. Nur dadurch kann Österreich in der Krise eines der großzügigsten Länder sein, was die Unterstützung der Wirtschaft betrifft. Und ganz persönlich? Dass ich auch in herausfordernden Zeiten den Job, den ich mache, sehr gerne mache.

Welche Pläne gibt es für die Zeit nach Corona?

Für mich ist klar, dass wir nach einem Jahr der Krisenbewältigung wieder nach vorne schauen müssen. Wir entwickeln daher im Moment eine Standortstrategie, die darauf abzielt, den Wirtschaftsstandort Österreich bis 2040 zu skizzieren. Wichtig wird auch ein Fokus auf Handelspolitik sein, immerhin hängt jeder zweite Arbeitsplatz vom Export ab. Afrika bietet sich für Österreich als Zukunftsmarkt an. 

Ihre Vorsätze und Wünsche für 2021?

Meine Eltern sind beide über 80 Jahre alt, daher wünsche ich mir Gesundheit für meine gesamte Familie, insbesondere für meinen Vater und meine Mutter. Das Jahr 2020 war für die gesamte Wirtschaft sehr herausfordernd. Daher werden mein Team und ich intensiv daran arbeiten, heimische Arbeitsplätze zu sichern und unsere Unternehmen aus der Krise zu holen.  

Foto: Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS